Themenspecial Breitband-Internet Kostentransparenz

Editorial: Was kostet der Netzausbau?

Der volle Ausbau des Landes mit Mobilfunk würde viel Geld kosten. Wie viel konkret, sagt aber keiner. Es wäre der erste Schritt zur Vollversorgung.
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Eine schnelle wirkungsvolle Lösung für 336 Einwohner. Modellfall für alle Funklöcher in Deutschland? Eine schnelle wirkungsvolle Lösung für 336 Einwohner. Modellfall für alle Funklöcher in Deutschland?
Foto: Picture Alliance / dpa
Seit es den Mobilfunk gibt, schwebt die Frage durch den Raum: "Geht das bei mir schon? In meiner Gegend, meiner Stadt, meiner Straße, meinem Haus, auch im Keller?"

Es soll statistische Erhebungen geben, dass Mobiltelefone mehrheitlich in Gebäuden oder dem Inneren eines Autos, Omnibusses oder Zuges genutzt werden. Das bereitet den Netzplanern graue Haare und schlaflose Nächte.

Aber selbst draußen in der Natur, wo Menschen leben oder sich regelmäßig aufhalten, gibt es genügend Ecken und Strecken, wo es bis heute keinerlei Netz gibt. Nicht nur in den "neuen" Bundesländern, beispielsweise rund um Berlin bis hoch zur Küste oder hinunter zur polnisch-tschechischen Grenzregion. Nein auch in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg, dem Saarland, Rheinland-Pfalz oder Bayern gibt es Bundesstraßen, die auf 5 - 15 km Länge - je nach Anbieter - bis heute nicht versorgt sind. Im Jahre 26 nach dem Start des digitalen Mobilfunks in Deutschland eigentlich ein absolutes Unding, aber bittere Realität.

Das lohnt gar nicht - da ist doch fast keiner?

Eine schnelle wirkungsvolle Lösung für 336 Einwohner. Modellfall für alle Funklöcher in Deutschland? Eine schnelle wirkungsvolle Lösung für 336 Einwohner. Modellfall für alle Funklöcher in Deutschland?
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Fragt man die Mobilfunker, warum es dort keine Stationen gibt, kommt irgendwann das Kosten/Nutzen-Argument: "Da ist doch fast keiner. Das lohnt sich doch gar nicht." - Wirklich nicht? Während der Diskussion im Funkloch-reichen Hessen wurde für 300 Einwohner eine Zahl von 200 000 Euro für eine neue Mobilfunk-Station genannt.

Eine einfache Rechnung

Nehmen wir einfach mal einen Ort, wo 200 potenziell mobil telefonierende Kunden leben, die im Moment noch kein Netz haben. Das wären auf 10 Jahre gerechnet 1000 Euro pro Nase oder 100 Euro pro mobil telefonierender Kopf und Jahr. Ich denke, diese Kunden würden diese rund 8 Euro im Monat extra gerne ausgeben, wenn sie dafür wirklich vernünftig Netz bekämen.

Sagt endlich, was es kostet!

Warum bringt es diese Branche nicht auf die Reihe, endlich klare Ansagen zu machen, was der sinnvolle und notwendige Vollausbau vor Ort ganz real kostet? Erst dann kann man schauen, wie man das Geld für eine konkrete Station zusammen bekommen könnte. Das könnten Zuschüsse aus den Haushalten von Gemeinden, Landkreisen, den Ländern oder vom Bund sein. Geld scheint da zu sein. Dieses Geld wäre gut in Infrastruktur investiert, die auch dem hier oft ebenfalls fehlenden Internet-Festnetz zugute kämen.

Voller Ausbau würde Arbeitsplätze schaffen und sichern

Bei einem vollständigen Ausbau all dieser Funklöcher könnte neue Technik in richtig interessanten Stückzahlen zum Einsatz kommen, was auch für die Hersteller und Netzausrüster ein lohnendes Geschäft sein sollte. Das schafft oder sichert Arbeitsplätze - auch hierzulande. Von den Arbeitsplätzen in bislang kaum versorgten Regionen, ganz abgesehen.

Falsches Tarifmodell?

Ketzerisch gesagt: Vielleicht sollte es im Mobilfunk wieder Tarife nach echtem Verbrauch (Minuten, SMS, Datenmenge) und mit moderater Grundgebühr geben? Damit könnte man einzelne Stationen viel genauer "rechnen".

Die heute üblichen Flatrates klingen "bequem". Der Kunde zahlt, unabhängig davon, ob es in der Nähe eine Station gibt oder ob diese einige Kilometer zu weit entfernt liegt. Rechnen wir nach Verbrauch, tragen eine bestimmte Anzahl von Kunden, die eine bestimmte Station oft nutzen, exakt zur Kostendeckung genau dieser Station bei. Und selbst wenn diese Kunden gar nicht aktiv telefonieren, sondern nur auf Anrufe warten, tragen sie mit ihrer Grundgebühr ein klein wenig zur Deckung der Kosten bei. Solche Modelle verstehen die Kaufleute besser. Sicher wird es immer Stationen geben, wo man "drauflegen" muss, was sich aus den Mehreinnahmen aus "besser genutzten" Stationen wiederum decken ließe.

Politik muss Steine wegräumen

Die Politik kann durch einfachere und schnellere Genehmigungsverfahren viel für den Mobilfunk tun. Denkbar wäre eine "Mustergenehmigung", wonach Stationen, die nach bestimmten technischen Vorgaben gebaut und ausgestattet sind, automatisch als genehmigt gelten. Nur noch den genauen Standort der Netzagentur mitteilen und einschalten. Die Bundesnetzagentur kann dann später immer noch "nachmessen", falls es erforderlich wäre.

National Roaming - aber richtig

National Roaming (Kunden dürfen ins Netz der Mitbewerber, wenn das eigene Netz fehlt) wäre eine Idee, um die Versorgung schneller hinzubekommen. Aber nur, wenn alle drei Anbieter in etwa "ausgewogen" bauen würden. Sobald es aber Anbieter gibt, die gemütlich ihre Füße hochlegen und nur drauf warten, bis "der Andere" etwas baut, erzeugt das nur Frust und Unlust. Wie kann ein "teurer Anbieter", der viel und umfangreich baut, seinen eigenen Noch-Kunden erklären, warum seine Preise soviel "höher" sind, als der Discount-Anbieter, der sich nur die Tarif-Rosinen rauspickt und dann mobiles Telefonieren zu Tiefstpreisen verramscht?

Aufpreis für bessere Abdeckung?

Oder könnte es künftig Anbieter geben, die nicht mehr flächendeckend versorgen wollen und dafür günstiger sein dürfen? Sprich "national Roaming" nur gegen einen spürbaren monatlichen Aufpreis, welcher die Mehrkosten für den Ausbau so weit ausgleicht, dass es am Ende egal ist, bei welchem Anbieter man selbst Kunde ist?

Wenn wir ein flächendeckendes Netz wollen, was wir für eine digitale Welt von Morgen brauchen, ist etwas mehr Mut und Kreativität gefragt, als ewiges Gejammer. Das bedeutet auch für uns Kunden, dass es dieses flächendeckende Netz nicht "geschenkt" geben kann.

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