Themenspezial: Verbraucher & Service Klärungsbedarf

Flatrate-Urteil: Klagewelle gegen weitere DSL-Provider droht

Langfristig sogar AGB und Werbung für Mobilfunk-Flatrates im Fokus
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Flatrate-Urteil: Klagewelle gegen weitere DSL-Provider droht Flatrate-Urteil: Klagewelle gegen weitere DSL-Provider droht
Bild: Telekom, Henryk Olszewsk - Fotolia.com, Montage: teltarif.de
Das Flatrate-Urteil gegen die Deutsche Telekom könnte eine Klagewelle nach sich ziehen. Die Verbraucherzentrale NRW wird nach dem Zwischenerfolg die Klauseln weiterer DSL-Provider untersuchen. Langfristig steht auch eine Klärung des Flatrate-Begriffs bei mobilen Datentarifen an.

Der ersten Ankündigung im Juli folgte die heute zur Entscheidung gekommene Klage. Ein Sprecher der Verbraucherzentrale NRW äußerte gegenüber teltarif.de, dass es nun erst einmal wichtig sei, dass das Urteil rechtskräftig wird. Im nächsten Schritt werden die Verbraucherschützer die Vetragsklauseln weiterer Festnetz-Anbieter genau unter die Lupe nehmen. Davon dürften sowohl DSL- und VDSL-Anbieter als auch regionale Provider und Kabel-Internet-Anbieter betroffen sein. Die neuesten "Kinder" im Kreis der Provider mit Drosselungs-Klausel sind die aktuellen DSL-Tarife von o2, die zwar durch eine All-Net-Flat im Festnetz positiv aufgefallen sind (Vergleich mit der easybell-Konkurrenz hier), deren ausführliche Vertragsdetails aber auf Kritik gestoßen sind.

Betrifft Klagewelle gegen DSL-Provider auch Fair-Flats?

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Bild: Telekom, Henryk Olszewsk - Fotolia.com, Montage: teltarif.de
Unklar ist momentan, welchen Umfang die Klagewelle annehmen wird. Neben o2 wird wahrscheinlich auch die Surf & Phone Flat Special von 1&1 im Fokus stehen, die momentan noch den Begriff "Flat" in der Bezeichnung trägt, aber ab einem Datenvolumen von monatlich 100 GB auf 1 MBit/s gedrosselt wird.

Noch nicht abzusehen ist, ob das Urteil auch die sogenannten Fair-Flats betrifft, bei denen sich der Provider in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei "Missbrauch" (was letztendlich der Anbieter definiert) eine Drosselung vorbehält, diese aber nicht zwingend durchführen muss. Schließlich gibt es bei Kabel Deutschland einen Drosselungs-Passus, nach dem der Kabel-Provider ab einem Gesamtdatenvolumen von mehr als 10 GB pro Tag berechtigt ist, die Übertragungsgeschwindigkeit für Filesharing-Anwendungen bis zum Ablauf desselben Tages auf 100 Kbit/s zu begrenzen. Die Urteilsbegründung des Telekom-Urteils muss zeigen, ob die Rechtsauffassung des Gerichts eine solche Drosselung nach Datenprotokoll beim Begriff "Flatrate" zulässt oder nicht. Es ist auch durchaus denkbar, dass in Reaktion auf das heutige Urteil die Provider damit beginnen, ihre Vertragsbezeichnungen und -bedingungen anzupassen und überall bei Veträgen mit Drosselungsklausel die Worte "Flat" und "Flatrate" streichen.

Erst nach einer (gegebenenfalls gerichtlichen) Klärung aller strittiger Vertragsbedingungen bei Festnetz-Providern erwägt die Verbraucherzentrale, das Urteil auf die Anbieter von mobilen Datenflats auszudehnen, was nach Aussage des Sprechers ungleich schwieriger werden dürfte. Denn mobile Datenflats in den vier deutschen Mobilfunknetzen enthielten von Anfang an Drosselungs-Klauseln, die nicht erst - wie nun im Festnetz - nachträglich eingebaut wurden. Ein Ausgang dieser rechtlichen Klarstellungsversuche ist also völlig offen.

Klarstellung des Begriffs "Flatrate" ist begrüßenswert

teltarif.de hatte in den vergangenen Jahren immer wieder beklagt, dass auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt der Flatrate-Begriff schleichend ausgehölt wird. Daher ist es uneingeschränkt zu begrüßen, dass nun von gerichtlicher Seite eine Klarstellung dieses Begriffs stattfindet. Die Auffassung des Gerichts, dass der Kunde mit dem Begriff "Flatrate" bei Internetzugängen über das Festnetz einen Festpreis für eine bestimmte Surfgeschwindigkeit verbindet und nicht mit Einschränkungen rechnet, ist daher begrüßenswert.

Auch der vom Gericht verwendete Begriff der "unangemessenen Benachteiligung" der Kunden geht in die richtige Richtung, ebenso wie die Aussage, dass das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung durch die Drosselung "empfindlich gestört" wird. Denn gerade im Fall von VDSL-Verträgen mit besonders hohen Geschwindigkeiten stehen nach einer Drosselung nur noch weniger als 10 Prozent des ursprünglich vereinbarten Tempos zur Verfügung.

Das Ergebnis wird in der Praxis wohl so aussehen, dass die Provider sowohl gedrosselte als auch ungedrosselte Verträge anbieten werden, wobei nur letztere als "Flatrate" bezeichnet und entsprechend teurer gemacht werden. Der Kunde kann dann anhand seines Surfverhaltens entscheiden, ob ihm ein unbegrenztes Datenvolumen oder der günstige Preis wichtiger ist. Beides zusammen wird es wohl in absehbarer Zeit nicht mehr geben - aber auch hier muss man abwarten, wie sich der Markt entwickelt.

Eine Kompromisslösung für nicht so zahlungskräftige Kunden könnte sein, grundsätzlich den gedrosselten, günstigeren Tarif zu buchen und gegebenenfalls für einzelne Monate mit höherer Nutzung ein Volumen-Upgrade zu kaufen. Gerade in diesem Segment hat die Telekom nach diesem Urteil nun die Möglichkeit, kreativ zu werden und preislich attraktive Angebote zu schnüren.

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