Benutzer DerNorman schrieb:
Der Händler kauft doch das Handy, er zahlt MWSt dafür, diese führt der Großhändler ab.
Das ist richtig.
Nun erhält er eine Provision zzgl. MWST. diese führt der Händler ab.
Hier liegt der Knackpunkt. Soweit der Händler die Provision nutzt, um dem Kunden ein Gerät zu subventionieren, hat er eigentlich keine mehrwertsteuerpflichtige Leistung erbracht, sondern letztendlich ein Geldgeschäft, wo er einen "Kredit" des Mobilfunkunternehmens an den Kunden weiterreicht. Geldgeschäfte sind aber immer ohne Mehrwertsteuer!
Natürlich kann er im eigentlichen MWST Verfahren diese gegenrechnen.
Nein, das darf er eben nach Ansicht des Gerichts nicht. Der Händler verkauft faktisch ein Handy für (zum Beispiel) 500 Euro netto plus 95 Euro Mehrwertsteuer = 595 Euro brutto an den Kunden. Bisher hat er eine Rechnung über 1 Euro geschrieben, künftig muss er eine Rechnung über den echten Kaufpreis (also 595 Euro) schreiben, und den Zusatz, dass 594 Euro davon vom Netzbetreiber bezahlt worden sind. Der Kunde zahlt also weiterhin 1 Euro, hat aber nun eine Rechnung, auf der der Wert des Handys als Kaufpreis steht und kein Fantasiepreis mehr.
Denn ob der Kunde on einer Bank einen Ratenkredit über 594 Euro aufnimmt, um das Handy zu finanzieren, oder vom Netzbetreiber, darf steuerrechtlich keinen Unterschied machen. In beiden Fällen hat nämlich der Händler einen Gegenstand, der 595 Euro wert ist, an den Kunden geliefert, und folglich muss er auch 95 Euro Mehrwertsteuer in der Rechnung ausweisen und ans Finanzamt abführen. Gegenüber dem Finanzamt darf der Händler natürlich die Mehrwertsteuer gegenrechnen, die er selber an den Großhändler bezahlt hat. Der Händler darf aber im Gegenzug für den Subventionsanteil an der Provision KEINE Mehrwertsteuer gegenüber dem Mobilfunker ausweisen. Das ist für den Händler am Schluss eine Nullsumme: Er weist mehr Mehrwertsteuer gegenüber dem Kunden aus, und weniger gegenüber dem Netzbetreiber.
Für den Händler bisher:
Rechnung an Kunden über 84 Cent + 19% MwSt. = 1 Euro brutto
Rechnung an Netzbetreiber über 580 Euro + 19% MwSt. = 690,20 Euro brutto
Einkaufskosten beim Großhändler über 450 Euro + 19% MwSt. = 535,50 Euro brutto
Zahlung an das Finanzamt: 19% Mwst. aus 580.84 Euro - 19% Mwst. aus 450 Euro = 130.84 Euro * 0,19 = 24,86 Euro
Gewinn des Händlers: 690,20 + 1 - 535,50 - 24,86 = 130,84 Euro
Für den Händler künftig:
Rechnung an den Kunden über 500 Euro + 19% Mwst. = 595 Euro, abzüglich 594 Euro Barzuschuss des Netzbetreibers = 1 Euro
Rechnung an Netzbetreiber über 80,84 Euro + 19% MwSt. = 96,20 Euro, zuzüglich 594 Euro Barzuschuss (MwSt.-frei!) = 690,20 Euro brutto
Einkaufskosten beim Großhändler über 450 Euro + 19% MwSt. = 535,50 Euro brutto
Zahlung an das Finanzamt: 19% Mwst. aus 580.84 Euro - 19% Mwst. aus 450 Euro = 130.84 Euro * 0,19 = 24,86 Euro
Gewinn des Händlers: 595 + 96,20 - 24,86 = 130,84 Euro
Für den Händler ändert sich also nichts, außer, auf welche Rechnung (die gegenüber dem Endkunden bzw. die gegenüber dem Netzbetreiber) er die Rechnung schreibt. Insbesondere zahlt der Händler dieselbe Umsatzsteuer an das Finanzamt!
Für wen sich massiv was ändert, ist der Netzbetreiber. Er muss zwar weiterhin dieselben Beträge an den Händler überweisen, aber darin ist viel weniger Umsatzsteuer ausgewiesen, die er sich vom Finanzamt sofort wiederholen kann! Der Netzbetreiber zahlt also drauf: Musste er die Handysubvention bisher netto leisten, muss er das künftig brutto (inklusive Mehrwertsteuer) tun. Entsprechend mehr Geld bleibt beim Finanzamt hängen!
Jedoch ist für den Netzbetreiber noch nicht alles verloren. Er hat dem Kunden ja einen Kredit gegeben. Den kann er mit den Grundgebühren verrechnen. Das heißt, so lange der Kunde die Handysubvention noch nicht abbezahlt hat, zerfallen die Rechnungen des Netzbetreibers in einen mehrwertsteuerfreien Finanzierungsanteil und einen mehrwertsteuerbehafteten Service-Anteil. Entsprechend reduziert sich bei den Rechnungen des Netzbetreibers die Mehrwertsteuer, die der Netzbetreiber an das Finanzamt zu zahlen hat!
In den meisten Fällen ist das alles am Ende eine Nullsumme. Der wesentliche Unterschied ist: Das Finanzamt sieht sofort die Mehrwertsteuer, wenn das Handy geliefert wird, und dafür in den folgenden zwei Jahren entsprechend weniger, wenn der Kunde sein Handy via Grundgebühr "abstottert". Allerdings gibt es ein paar Ausnahmen von dieser Regel: Wenn der Kunde während der gesamten Laufzeit weniger Grundgebühren bezahlt, als das Handy wert war (z.B., weil der Vertrag vorzeitig mit Tod endet, weil der Kunde zahlungsunfähig wird etc. pp.), dann kriegt der Netzbetreiber bei dem konkreten Vertrag die Mehrwertsteuer nicht mehr rein. ABER: Da der Netzbetreiber hier gegenüber dem Kunden wie eine Bank agiert, darf er auch wie eine Bank Zinsen verlangen. Und Zinseinnahmen sind mehrwertsteuerfrei! Setzt der Netzbetreiber einen Rechnungszins in Höhe üblicher Kontokorrentzinsen an, dann spart er mit den Kunden, die den Vertrag korrekt erfüllen, während der Vertragslaufzeit sogar mehr Mehrwertsteuer, als er anfangs vorfinanziert hat!
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Abwicklung der Handy-Subvention wird wahrscheinlich komplizierter, weil sie künftig umsatzsteuertechnisch (und übrigens am besten auch gegenüber dem Endverbraucher!) wie ein separater Kreditvertrag abgewickelt wird. Zu diesem Zweck teilen sich die Netzbetreiber wirtschaftlich auf in einen "echten" Netzbetreiber und eine Bank (oder sie beauftragen eine bereits bestehende Bank mit der Abwicklung und Abrechnung des Finanzierungsgeschäfts). Der Vorteil für das Finanzamt: Es bekommt die Mehrwertsteuer schon, sobald das Handy geliefert wurde. Nachteil für das Finanzamt: Auf die Zinserträge, die die Netzbetreiber-Bank abwirft, sieht es künftig keine Mehrwertsteuer mehr, denn Zinserträge sind mehrwertsteuerfrei!
Am Ende könnte also die Initiative des cleveren Finanzbeamten nach hinten losgehen, weil das Finanzamt langfristig weniger Geld sieht, und das möglicherweise nicht nur bei den Mobilfunkern, sondern auch bei anderen Koppelgeschäften (z.B. Billigdrucker, die via Tintenpatronen "abbezahlt" werden) auch. Vielleicht erkennen das auch die Richter, und lassen am Ende alles so, wie es derzeit ist.
Kai