Benutzer Leiter Kundenverarsche³ schrieb:
1.600 Stellen sind bis jetzt gesetzt. Keine mehr, keine weniger. Über alles andere kann man dann berichten, wenn es so weit ist - wenn es denn überhaupt so weit kommt.
An dieser Stelle sollte man differenzieren, und da sehe ich Defizite in Ihrem Beitrag (in der journalistischen Darstellung in den meisten Medien übrigens weniger, die arbeiten da überwiegend sauber, möchte ich behaupten).
Es geht um zwei getrennte Sachverhalte: Entlassungen und Auslagerungen.
Entlassungen
Mitarbeiter werden durch unmittelbare "Entlassung" (Aufhebungsvertrag in der Regel) aus dem Unternehmen entfernt, stehen also danach dem "Arbeitsmarkt zur Verfügung", wie es oft genannt wird (auf Deutsch: Die stehen auf der Straße, sind also je nach Talent kürzer oder länger arbeitslos.)
##Zahlen: Zur Zeit sind 1.600 Entlassungen avisiert, die Zahl ist bekannt.
Auslagerungen
Dann gibt es das Thema der Auslagerung, also des "Verkaufs" von Unternehmensteilen an Tochtergesellschaften oder an andere Dienstleister - die Mitarbeiter verlassen das Unternehmen, haben anschließend einen Arbeitsvertrag bei einem anderen Arbeitgeber und sind daher nicht arbeitslos, immerhin. Solche "Teilbetriebsübergänge" (so heißt das aus arbeitsrechtlicher Perspektive) haben für den alten Arbeitgeber den Charme, die Mitarbeiter bilanziell sehr vorteilhaft los zu sein (Reduzierung des Headcount), und der neue Arbeitgeber kann, nach einer überschaubaren Karenzfrist, die Arbeitsverträge und -bedingungen an seine Bedürfnisse anpassen - und in der Regel tut er dies auch, Folge für die Arbeitnehmer: Die Gehälter und Sozialleistungen werden "angepasst", sprich gekürzt.
Der Clou dabei: Die ausgegliederten Mitarbeiter werden natürlich MIT ALLEN IHREN AUFGABEN ausgegliedert, das heißt, sie machen ihren alten Job weiter bei einem neuen Arbeitgeber (Beispiel: Callcenter wird ausgelagert an einen Dienstleister), bekommen dafür aber weniger Geld etc. Der alte Arbeitgeber ist dann nahtlos Auftraggeber (oder sogar Inhaber) des auftragnehmenden neuen Arbeitgebers.
##Zahlen: SPON und andere Medien kolportieren hier die Zahl von rund 3.000 Mitarbeitern, die ausgelagert werden sollen.
Und dieser zweite Teil des Plans, also die Auslagerung, ist "natürlich" keine Entlassung in dem Sinne, wie sie ihn oben zitiert ausdrücklich meinen - aber:
Für den Arbeitnehmer fühlt sie sich sehr stark so an, nicht nur finanziell, sondern auch emotional, er ist ja nun nicht mehr beim großen Konzern XY angestellt, sondern beim kleinen Dienstleister Z. (Was solche Vorgänge für die Dienstleistungsqualität des früheren Arbeitgebers bedeuten, ist ein separates und sehr spannendes Thema, dazu habe ich auch eine klare Meinung.)
Sie weisen sehr deutlich, siehe Ihr Zitat, darauf hin, dass O2 diese Auslagerungen nicht bestätigt habe und diese Auslagerungen damit nur Spekulation seien - darauf erwidere ich Ihnen: Das ist formal richtig, aber: Solche Pläne dürfte ein börsennotiertes (!) Unternehmen wie O2 vor Einigung mit Betriebsrat (wird wohl noch schwierig, wie man liest) und Eigentümern (die warten vermutlich dringend drauf, geht ja um den Aktienkurs) sowieso nicht veröffentlichen, schon aus aktienrechtlichen Gründen, daher lesen wir das vom Unternehmen natürlich nicht. Angesichts der zu leistenden Einsparungen halte wohl die meisten Beobachter ein anderes Vorgehen als Auslagerungen im größeren Maßstab aber kaum für möglich. Und außerdem, wenn wir uns Herrn Dirks' sehr arbeitsteilige Konstruktion des EPlus-Konzerns anschauen: Na, sollen wir mal spekulieren, wieso er ausgerechnet er der Chef des neuen Unternehmens geworden ist? Ich habe da eine starke Vermutung ;)
Zum Schluss noch ins Stammbuch: Ob und wie weit man spekulieren darf, ist sicher Geschmackssache - aber Sie spekulieren genauso wie diejenigen, deren Spekulationen Sie so heftig kritisieren ;)