Benutzer edhoc schrieb:
Wenn ich beispielsweise einen Versicherungsvertrag abschließe, wird dort immer ein Vertragsbeginn angegeben, an dem beginnt die Vertragslaufzeit - und endet entsprechend z.B. genau ein Jahr danach (ggf. mit automatischer Verlängerung). Den Vertrag dazu - oder den Auftrag - kann ich Wochen oder Monate im voraus erstellen und unterschreiben und abgeben.
Ein schlechtes Beispiel, denn für Versicherungsverträge gilt §309 Abs. 9 ausdrücklich nicht.
Ein Vertrag entsteht duch Angebot und Annahme. Die Bestellung des Kunden ist das Angebot, einen Vertrag zu schließen (die Werbung, die man bekommt ist nur eine Einladung zur Abgabe eines Angebots, lat. ivitatio ad offerendum). Die Bestätigung des Providers kann die rechtsverbindliche Annahme sein. Und hier wird es kompliziert:
Eine Eingansbestätigung ist noch keine "Annahme".
Jede Abweichung vom Angebot des Kunden ist keine Annahme, sondern ein neues Angebot; erst mit der Annahme des Kunden kommt dann der Vertrag zu Stande.
Je nach Wortlaut der Bestätigung kommt damit bereits der Vertrag zu Stande oder auch nicht. Ggf. kommt der Vertrag auch erst zu Stande, wenn der Anschluss geschaltet wird, das kommt darauf an, ob die Bestellbestätigung eine vorbehaltlose Annahme (und damit bindend für den Provider) ist, oder nicht. Dann wäre die Entgegennahme der Leistung durch den Kunden die konkludente Annahme des (abweichenden) Angebots des Providers.
Es kommt also sehr auf den Einzelfall an; letztlich kann nur ein Jurist (oder jemand, der sich sehr intensiv in dem Thema auskennt) nach Lesen des ganzen Schriftverkehrs sagen, wann denn endlich zwei übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen.
Entgegen der anwaltlichen Auskunft haben die AGB damit gar nichts zu tun; dort muss keine Regelung enthalten sein, eigentlich kann da auch gar nichts rechtmäßig rein, da die AGB im Normalfall erst durch den Vertragsschluss wirksam in den Vertrag einbezogen werden. Eine Regelung, nach welcher der Vertrag "beginnt", wenn das Angebot des Kunden angenommen wird, wäre auf keinen Fall unwirksam, denn das ist die gesetzliche Regelung
§309 Abs. 9 zielt auf die Bindung an einen Vertrag ab. An einen Vertrag ist man ab dem Moment gebunden, an dem man ihn schließt, nicht erst, wenn der Vertrag erfüllt wird. Man darf als Verbraucher durch AGB nicht länger als 24 Monate an den Vertrag gebunden werden. Es kommt also nach Gesetz nicht auf die Lieferung an, sondern auf die Bindung an den Vertrag - also den Vertragsschluss.
Für die Provider ist jede andere Regelung sehr gefährlich. Denn eine Bindung von mehr als 24 Monaten ist unwirksam, so dass dann die gesetzliche Regelung gilt.
Hat der Provider also tatsächlich den Vertragsschluss bestätigt (und nicht formal nur eine Eingangsbestätigung oder ein geändertes Angebot), dann beginnt mit Zugang der Bestätigung der Vertrag und damit auch die beiderseitige Bindung an diesen. Liefert der Provider erst 2 Monate nach Vertragsschluss, hat man (bei rechtzeitiger Kündigung) also nur 22 Monate zu bezahlen.
Man muss also mit dem Kündigungstermin höllisch aufpassen.
Interessant kann das sein, wenn man einen Anbieter durch Portierung wechselt. Denn hier muss der neue Provider das Angebot annehmen - sonst kann er nicht im Namen des neuen Kunden den alten Vertrag kündigen. Da die Kündigung beim alten Provider meist ebenfalls drei Monate vor Ende der Vertragslaufzeit eingehen muss, kommt also der Vertragsschluss mit dem neuen Provider mindestens drei Monate vor Lieferbeginn zu stande (spätestens dadurch, dass der neue Provider die Kündigung an den alten ausspricht und damit durch konkludentes handeln den Vertrag abschließt). Ergo nur maximal 21 Monate Leistung beim neuen Provider; jede andere Regelung würde die 24 Monate Bindung an den Vertrag überschreiten.
Es ist völlig korrekt, wenn sich Provider daran halten - andernfalls könnten die Kunden nämlich wegen Unwirksamkeit der AGB bezüglich der MVLZ jederzeit kündigen und kommt deutlich früher raus (vorausgesetzt, sie haben eine gute Rechtsschutzversicherung).
Die Provider machen das Ganze nicht zum Spaß oder aus Rosinenpickerei. Quasi alle Provider, welche korrekt die Vertragsannahme (Bestätigungsschreiben) als Beginn der 24 Monate sehen, sind vorher mit der anderen Interpretation auf die Nase gefallen - aus genau den genannten Gründen.