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Überall in Deutschland


30.07.2018 07:15 - Gestartet von gcfceram
Die Gemeinde ist wahrlich kein Einzelfall. So etwas passiert gerade überall in Deutschland. Warum ist das so?

Wo Breitband gefördert werden darf und wo nicht, bestimmt in erster Linie die EU, denn jede Breitbandförderung stellt eine staatliche Beihilfe dar, die europarechtlich per se erst einmal verboten ist. In Ausnahmefällen kann die EU bestimmte Beihilfen für zulässig erklären. Sie wägt dann die positiven Effekte gegen die negativen ab. Positiv zu bewerten ist beim Breitbandausbau sicherlich der volkswirtschaftliche Effekt und die daseinsvorsorge-ähnliche Bedeutung dieser Infrastruktur. Negativ hingegen bewertet die EU-Kommission die Verzerrung des Wettbewerbs und die Entwertung von privaten Investitionen in diesem Bereich. Und beides ist ein ganz erheblicher Nachteil.

Deshalb hat die EU-Kommission festgelegt, dass in aller Regel nur dort gefördert werden darf, wo noch keine 30 Mbit/s verfügbar sind. Diese Festlegung ist sehr nachvollziehbar, wenn man in die Vergangenheit schaut. Noch vor kurzem war die Politik sich einig, dass kurzfristig 30 Mbit/s (EU-Ziel bis Ende 2020) bzw. 50 Mbit/s (BRD-Ziel bis Ende 2018) flächendeckend zur Verfügung stehen sollen. Erreicht werden sollte dieser Ausbau allem voran über privatwirtschaftliche Investitionen. Die TK-Wirtschaft wurde von der Politik geradezu gedrängt, diese Vorgaben durch massive eigene Investitionen in die Netze zu erfüllen. Wie ist es einem TK-Netzbetreiber, der in den vergangenen Jahren in entsprechende Technologie investiert hat, nun zu vermitteln, dass diese Geschwindigkeit schon heute und vor Ende der 30/50-Mbit/s-Zielfrist nicht mehr ausreichen soll und deshalb (möglicherweise durch einen Wettbewerber, denn es gilt Vergaberecht und somit erhält das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag) ein paralleles Glasfasernetz gefördert wird, das zur gerade erst gebauten und (politisch gesehen) doch schon wieder "alten" Infrastruktur in Konkurrenz tritt?

Die neuerliche Festlegung der Bundesrepublik auf Gigabitbandbreiten ist ein Schnellschuss, der europarechtlich noch nicht hinreichend gewürdigt ist und bundesweit zu dem hier beschriebenen Effekt führt. Überall in Deutschland werden derzeit entsprechend der Vorgaben der neuen Bundesregierung laufende FTTC-Projekte (die eine homogene Versorgung der Ortschaften zur Folge gehabt hätten) auf FTTH umgestellt. Neue Förderprojekte müssen ohnehin von vorneherein auf Gigabit ausgelegt sein. Der Effekt wird sich demnach in den kommenden Monaten und Jahren noch einmal deutlich verstärken. Denn in der Regel ist in jeder größeren Ortschaft in Deutschland der Kernbereich schon mit Bandbreiten zwischen 30 und 400 Mbit/s versorgt. Im Kernbereich ist dann vorerst keine Förderung möglich, in den Randbereichen aber sehr wohl.

Fair wäre es, wenn gleiches Recht für alle gilt: Gigabitförderung erst dann, wenn die EU zulässt, dass die Geschwindigkeit überall dort gefördert werden kann, wo sie noch nicht erreicht ist. Die BRD wäre gut beraten gewesen, wenn sie dies vorab bei der EU-Kommission durchgesetzt hätte.
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[1] florian aus bamberg antwortet auf gcfceram
30.07.2018 19:06
Benutzer gcfceram schrieb:
Die Gemeinde ist wahrlich kein Einzelfall. So etwas passiert gerade überall in Deutschland. Warum ist das so?

Noch vor kurzem war die Politik sich einig, dass kurzfristig 30 Mbit/s (EU-Ziel bis Ende 2020) bzw. 50 Mbit/s (BRD-Ziel bis Ende 2018) flächendeckend zur Verfügung stehen sollen. Erreicht werden sollte dieser Ausbau allem voran über privatwirtschaftliche Investitionen. Die TK-Wirtschaft wurde von der Politik geradezu gedrängt, diese Vorgaben durch massive eigene Investitionen in die Netze zu erfüllen.

Das mag ja sein. Aber kein Mensch hat der TK-Wirtschaft vorgeschrieben, dafür Kupferleitungen zu verwenden.

Es war die Deutsche Telekom, die massiv versucht hat mit irgendwelchen Vectoring-Techniken ihre alten Telefonleitungen am Leben zu erhalten. Wer sich die Entwicklung der Übertragungsgeschwindigkeiten über längere Zeiträume ansieht, dem wird schnell klar, dass das Kupferkabel nur eine Sackgasse ist, damit die Deutsche Telekom ihre Kupfernetze nicht abschreiben muss. Man hätte auch schon damals Glasfaser legen können, auch wenn das natürlich kurzfristig teurer ist.