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guter Artikel, aber Einschätzung falsch


07.08.2019 11:43 - Gestartet von wolfbln
einmal geändert am 07.08.2019 11:46
Wie häufig schafft es der geschätzte Henning einen Bericht gut in einem Artikel zusammenzufassen.

Was beim Report von Speedcheck auffällt, ist, dass wir weiter den Anschluss verlieren international. Das steht etwas im Widerspruch zu den letzten Berichten von OpenSignal, die zumindest andeuteten, dass wir den Anschluss geschafft haben und es besser wird.

So schlecht wie Speedcheck hat noch keiner die Situation dargestellt. Nur Weißrussland und Irland schlechter. In beiden Ländern gibt es Besonderheiten: In Weißrussland wird 4G von einem quasi-staatlichen Unternehmen für die 3 privaten Betreiber dort gebaut. In Irland war Three jahrelang mit der O2-Integration in sein Netz beschäftigt.

So gut die Zusammenfassung ist, desto vehementer widerspreche ich der "Einschätzung". Da werden Dinge postuliert, die entweder banal sind oder falsch:

1.) These: "Uns interessiere nicht die nationale Performance, sondern ob lokal Lücken oder Engpässe gefüllt werden."
Das ist ja richtig, aber hängt doch zusammen. Wenn lokal die Lücken oder Überlastungen geringer werden, wird auch die nationale Performance besser. Jeder ist sicher erst an seiner Ecke interessiert, aber in der Addition kommt dann halt der Bericht heraus. Davon unabhängig gibt es natürlich lokale und regionale Unterschiede und auch zwischen den einzelnen Betreibern.

2.) These: "Nur teure Netze können gut sein." Diese These vertritt der Autor in vielen seiner Beiträge.
Ein Zusammenhang zwischen Einnahmen und Netzqualität ist nicht von der Hand zu weisen, aber er ist sehr viel indirekter als angegeben. Im Ausland gibt es viele Netze, die wesentlich günstiger und besser sind, auch wenn man die Lizenzgebühren berücksichtigt. Daneben gibt es auch Gegenbeispiele von teuren Netzen, die sehr gut sind. Die Preise werden häufig von der nationalen Konkurrenzsituation bestimmt. Nach den Netztests in D-A-CH müssten sie ja in der Schweiz am höchsten sein, dann käme Österreich und am günstigsten wir. Das ist aber ganz klar nicht so.

Wenn einer der 3 großen deutschen Netzbetreiber die "Investitionsquote" jetzt von 10% auf knapp 15% erhöht, damit sein Netz nicht völlig abnippelt, zeigt das auf, wie indirekt diese angeblich enge Beziehung Preis-Netzqualität ist. 85% der Einnahmen werden für andere Zwecke verwendet als das Netz: Lizenzen, Werbung, Verkauf, Dividende, Mutterkonzern, Schuldentilgung, Abschreibungen usw.

Sicher ist ein besseres Netz in einem Land mit hohen Lebenshaltungskosten tendenziell teurer als ein Trümmernetz in Indien. Das ist banal. Aber stets zu suggerieren: Nur wenn ihr der Telekom noch mehr in den Rachen schmeißt, könnt ihr auch internationale Netzquali erwarten, ist einfach irreführend.

Denn dann fragen die Nutzer, was zahlen denn die Österreicher für Magenta, Kroaten für Hrvatski Telekom oder Niederländer für T-Mobile - alles Netze, die besser abschneiden.