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Wie funktioniert eine Abzock SMS?


17.01.2013 16:42 - Gestartet von hurius
Hallo.
Ich habe eine , zwei, drei, vier SMS von einer Mehrwertdienstefirma bekommen und darin stand: "Es wurden Ihnen 4,99 EUR für Ihren Kauf belastet. Alle Ihre Käufe auf einen Blick unter hilfe.mindmatics.de Powered by MindMatics. Tel: 01805/X.."

Dann habe ich brav auf meine Anbieterverbindungsübersich nachgekiekt und musste feststellen, dass dort tatsächlich 2 x 4,99EUR abgebucht wurden, nachträglich aber datiert genau einer Woche davor.

Inwiefern ist es eigentlich möglich und wer übernimmt die Verantwortung dafür, dass soetwas passieren kann?

Bitte erläutert mir einer, warum die das Recht,oder die Zugriffsrechte haben, mit meiner Nummer bei Simyo eine Rechnung zu stellen?

Wie läuft das technisch ab?
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[1] Christian_Wien antwortet auf hurius
17.01.2013 21:07
Benutzer hurius schrieb:
Hallo.
Ich habe eine , zwei, drei, vier SMS von einer Mehrwertdienstefirma bekommen und darin stand: "Es wurden Ihnen 4,99 EUR für Ihren Kauf belastet. Alle Ihre Käufe auf einen Blick unter hilfe.mindmatics.de Powered by MindMatics. Tel:
01805/X.."

Dann habe ich brav auf meine Anbieterverbindungsübersich nachgekiekt und musste feststellen, dass dort tatsächlich 2 x 4,99EUR abgebucht wurden, nachträglich aber datiert genau einer Woche davor.

Inwiefern ist es eigentlich möglich und wer übernimmt die Verantwortung dafür, dass soetwas passieren kann?

Bitte erläutert mir einer, warum die das Recht,oder die Zugriffsrechte haben, mit meiner Nummer bei Simyo eine Rechnung zu stellen?

Wie läuft das technisch ab?



Technisch mußt du zwischen mehreren Möglichkeiten unterscheiden:
Einerseits können "Premium-SMS" verrechnet werden.
Dazu gibt es einmal die seriösere, aktive Variante, wo du als Kunde, der diese Dienstleistung haben will, aktiv eine SMS mit dem/den Codewörtern an eine Premium-Nummer (entweder Kurzrufnummer ohne Netzvorwahl oder 0900er Nummer) schickst.
Daraufhin muß dir der (seriöse) Diensteanbieter ein Rück-SMS mit den genauen Kosten und sonstigen Details wie z.B. Abo samt Buchungszeitraum etc. zusenden, was du dann mit einer "JA" SMS bestätigen mußt, damit der Kauf bzw. Vertrag wirksam wird.
Das ist der seriöse Weg bei aktiven Premium-SMS Diensten.
Unseriöse Dienste schicken entweder gar keine korrekten bzw. vollständigen Kosteninformationen bzw. führen die Transaktionen auch ohne deine explizite "JA" Rückbestätigung aus.
In diesen Fällen kann man aber an Hand der von dir aktiv versandten SMS die Vorgänge nachvollziehen und ggf. beweisen.

Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, passive (also dir zugestellte) SMS zu verrechnen, wobei hier der Diensteanbieter in der Beweispflicht ist.
Dabei versichert er, daß seine Forderungen korrekt sind.
(Das ist ähnlich wie ein Lastschrifteinzug, wo der Einziehende seiner Bank vertraglich versichert, nur mit dir als Kunde vereinbarte Forderungen einzuziehen.
Dennoch gibt es natürlcih die bekannten schwarzen Schafe, du kannst allerdings problemlos die Lastschrift (auf Kosten des Einziehenden) zurückbuchen lassen.)

Eine weitere Möglichkeit, die besonders beim Internetsurfen auf Smartphones wiederentdeckt worden ist, ist das totgeglaubte sog. WAP-Billing.
Dabei wird die technische Möglichkeit genutzt, daß bei Aufruf jede Webseite z.B. beim bloßen Klicken eines Werbebanners der Anbieter der jeweiligen Webseite deine MSISDN (=deine Rufnummer) abfragen kann und mit dieser ganz einfach über das WAP-Billing bei deinem Mobilfunkanbieter beliebige Beträge einziehen lassen kann.
Natürlich liegt auch hier die Beweispflicht für einen angeschlossenen Vertrag mit dir beim Diensteanbieter.

Das Grundsatzproblem dabei ist, daß sich in der "Wertschöpfungskette" der Nutzlosbranche viele schwarze Schafe tummeln und alle an dem ganzen Procedere gut verdienen.
Die Verrechnung zwischen Diensteanbietern, Kunden und Mobilfunkbetreibern erfolgt normalerweise über technische Abrechnungspartner, welche die teure Infrastruktur betreiben und mit den mehr oder weniger halbseidenen Diensteanbietern Verträge abschließen und diesen mittels Bereitstellung entsprechender Schnittstellen und Codewörtern ihre Dienstleistungen ermöglichen.
In weiterer Folge rechnen die technischen Abrechnungspartner mit den Mobilfunkbetreibern ab, welche ihrerseits die Forderungen an ihre Kunden weiterbelasten.

Die Krux an der Geschichte ist, daß alle am Kuchen gut mitverdienen und sogar teilweise geheim Mobilfunkbetreiber die Forderungen nicht bloß für andere einziehen, sondern diese in Form von Factoring (natürlich mit entsprechenden Abschlägen und somit höherer eigener Gewinnspanne und auf eigenes Risiko) aufkaufen und dann dem Kunden weiterverrechnen.
Hier hat natürlich der Mobilfunkbetreiber ein großes wirtschaftliches Interesse, daß Reklamationen, Chargebacks etc. möglichst gering sind und daher kommt es auch, daß reklamierende Kunden gern von "Pontius zu Pilatus" und wieder zurück geschickt werden, um sie mürbe zu machen, daß sie ihre (berechtigten) Reklamationen irgendwann nicht weiter verfolgen.

Fakt ist jedenfalls, daß immer der Diensteanbieter den Nachweis eines Vertragsschlusses führen muß, du als Kunde, der nicht bestellte und unberechtigt verrechntete Nutzlosdienste belastet bekommt, aber entsprechend energisch und notfalls auch gerichtlich dagegen vorgehen mußt.
Wenn du eine "neue" Nummer bekommst, kann es durchaus sein, daß diese nicht mehr "jungfräulich" ist und schon einmal vergeben war und einer der Vorbesitzer ein Abo hatte, das nach Reaktivierung der Nummer nun wieder auflebt.
Natürlich ist das illegal, doch freuen sich alle in der Kette, wenn es dem neuen Kunden nicht auffällt.

Ratsam ist es daher, Mehrwertdienste und wenn möglich auch den Einzug von Drittanbieterforderungen bei deinem Mobilfunkbetreiber sperren zu lassen.
Möglicherweise kannst du solche Sperren auch schon in deiner Online-Selbstverwaltung aktivieren.
Sonst gilt leider was auch bei allen anderen Dingen im Leben gilt:
Kritisch sein, Rechnungen genau prüfen und möglichst zeitnah und schriftlich reklamieren und sich dabei nicht abschasseln oder hin- und herschicken lassen.

Deiner Beschreibung nach würde ich auf Dienstleistungen der Nutzlosbranche wie z.B. "Gratis iPhone Gewinnspiele", Intelligenztests, diverse Rätselspiele mit (angeblicher) Gewinnmöglichkeit etc. tippen, wo gern "für die Zusendung der Auswertung" die Handynummer abgefragt und ein SMS-Code zur Eingabe auf der Webseite übermittelt wird.
Mit dem gleichen Prinzip lassen sich mitunter auch andere (teilweise auch seriöse) Web-Dienstleistungen bezahlen.
Allerdings kann dabei nur Mißbrauch betrieben werden, wenn entweder du zur Eingabe des SMS-Codes mit falschen Angaben verleitet wirst bzw. jemand sich (kurzfristig) in den Besitz deines Handys bringen kann wie es z.B. am Arbeitsplatz, in Lokalen oder daheim bei Kindern der Fall sein kann.
Beim Surfen am Smartphone hingegen kann das WAP-Billing auch ohne deine Zustimmung und Kenntnis mißbraucht werden.
Das ist natürlich illegal, da der unseriöse Diensteanbieter dabei bestätigt (und im Zweifel auch nachweisen muß), mit dir einen entsprechenden Vertrag (Willenserklärung) abgeschlossen zu haben.
Nicht nur deshalb ist es daher ratsam, möglichst nicht vom Smartphone zu surfen, um (u.a.) diese Mißbrauchsmöglichkeit zu vermeiden.

In deinem Fall würde ich zunächst nachforschen, ob du oder jemand anderer diese Dienstleistungen aktiv von deinem Telefon bestellt haben könnte.
Falls du dies mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen kannst, würde ich beim angegebenen Abrechnungspartner Mindmatics reklamieren und nachfragen, welche Dienstleistungen konkret in Anspruch genommen worden sein soll und Details zu Datum, Art und Nachweis des (angeblichen) Vertragsschlusses fordern.
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[1.1] hurius antwortet auf Christian_Wien
18.01.2013 19:22
Genau solch hochkaratige Antwort habe ich erwartet! Danke und nochmals vielen Dank!


Wichtig zu wissen ist also:

Der Diensteanbieter als auch der Abrechnungspartner ist in der Beweispflicht & man muss gerichtlich gegen solche Rechnungen angehen.

Aber eine Anfrage beim seriöseren Part, dem Abrechnungspartner der Nutzlosbranche, in Form einer Missbrauchsmeldung, ist auch wichtig.

Das Zweite ist das Manko an der Geschichte und (es) bedarf einer gewissen seelischen Ruhe. Wer hat schon Lust beim Missbrauch
seiner eigen genannten Telefonnummer ständig klagen zu müssen.

Nervig aber machbar. Hier könnte endlich mal die Legislaturperiode in den Gerichten bzw. Telekommunikati­onsinstitutionen einschreiten, meiner Meinung nach.