Benutzer koelli schrieb:
Warum gelten eigentlich in den USA hohe Roaminggebühren, während es aber andererseits möglich ist, aus dem deutschen Festnetz für nur 1 Cent in die USA und vom Handy ab 9 Cent in die USA anzurufen?
Preis und Aufwand stehen in der Telekommunikation in keinem fixen Verhältnis zu einander. Die Kosten entstehen bei der Errichtung der Netzinfrastruktur (der Masten und Sender) egal ob man sie nachher viel oder wenig benutzt. Die Stromkosten pro Gesprächsminute, pro MB oder por SMS sind nicht wesentlich.
Die grundsätzliche Preisstruktur legt der staatliche Regulierer fest. Weltweit ist es üblich, dass irgendjemand bei einem Mobilfunkgespräch die Zeche zahlt, die höher liegt als im Festnetz. In 99% aller Länder gibt es Mobilfunkfrequenzen so groß wie das Staatsgebiet des Landes und die Verpflichtung im Inland die Anrufe dem Empfänger "aufschlagsfrei" zuzustellen. In diesem Fall zahlt der Anrufer den Mobilfunkaufschlag. Dieser Mofbilfunkinterconnect (Zustellung Inland) wird staatlich reguliert und beträgt in Deutschland auf Telco-Niveau zu vorletzt 1,85ct/min, jetzt 1,79ct/min und in der Gründungsphase ~10ct/min. Damals haben die Anrufer den Aufbau der Netze mitfinanziert. Aus dieser Zeit stammt die Gewohnheit, dass ein Anruf vom Festnetz zum Mobilfunk 19ct/min kostet. Heute stecken die Telcos des Anrufers davon 17ct/min ein (wenn man sie läßt und nicht die CbC-Tabellen von teltarif wälzt oder unter VoIP2gsm.de sich ein account organisiert [bin mit denen nicht verwandt oder verschwägert])
In Flächenstaaten wie China, Indien, Kanada, Russland und USA sind die Mobilfunklizenzenzen kleiner als die Staatsfläche und nicht jeder Betreiber besitzt überall Lizenzen. Dort und in Hongkong und Singapur (warum weiß ich auch nicht) herrscht ein anderes Zuschlagssystem. Der Empfänger zahlt den Mehraufwand für die mobile Zustellung, erhält aber eine geographische Rufnummer (typisch mit der Festnetzvorwahl seines Wohnortes). In Deutschland würde das einer Festnetznummer (Bundesweite Homezone) entsprechen bei der die Telco des Anrufers an die zustellende Gesellschaft nur ~0,3ct/min zahlen braucht (Zustellungs-Interconnect Festnetz Inland). Der Rest ist Verhandlungssache zwischen Homezone-Bucher und Netzbetreiber.
In beiden Verwaltungssystemen zahlt "Einer" beim Anrufvorgang einen Zuschlag für den Mobilitätsservice. In Deutschland zahlt der Anrufer 1,79ct/min, einen von der BNetzA festgelegt-regulierten Höchstbetrag. In den USA ist die Festnetzvorwahl keine nennenswerte Einnahmequelle (ich weiß nicht was die US-Telcos untereinander an Interconnect zahlen) Dort wird der Zustellungszuschlag frei zwischen Kunden und Mobilfunkfirma verhandelt. Die Mobilfunkfirma mit der besseren Zustellungqualität (weniger Funklöcher) kann von ihren Kunden höhere Zustellungzuschläge verlangen und bekommt dennoch Kunden.
Aber typisch für Mobilfunk ist, dass die Preise in der Buchhaltung festgelegt werden. Seit die EU über kostenloses Zustellungsroaming schwadroniert, haben selbst die Dicounter die Anrufpreise für EU-Mobilfunkrufnummern von 9ct/min auf 29ct/min angehoben (auch LIDL als ich vor einem halben Jahr nachgeschaut habe). Das dient der Abschreckung, dass die Kunden nicht auf die Idee kommen dauerhaft eine Sim aus einem EU-Nachbarland z.B. in Deutschland zu verwenden, mit der sie ständig in allen Netzen des Landes (D1,D2&O2) in dem sie sich aufhalten erreichbar wären. Da müssen schon 20ct Strafaufschlag für den Anrufer her, damit die sich beim Dauerroamer beschweren.
Fazit bei irgendeinem Teilnehmer (Anrufer oder Angerufener) versuchen die Mobilfunker immer eine Erpressung in ihrem Sinn, "Diese Nummer kannst Du nur anrufen wenn Du" 29ct zahlst (Mobilfunker gegen EU-Roaming), wenn Du 19ct zahlst (Festnetzanbieter gegen Mobilfunknutzung) oder eben bei der US-Zustellung (wir stellen Dir nur dann zu, wenn Du uns xy US-ct/minute zahlst). Die Benutzung der Rufnummer wird monopolistisch (exakt oligopolistisch "kannst ja zur Konkurrenz wechseln") abgerechnet.
Die einzige Gegenmaßnahme wäre theoretisch konsequentes Peering. Das spricht dann theoretisch (nur theoretisch!) für das US-System
Jedoch steht die Entwicklung, dass Mobiltelefonieren in den USA nicht so gut und günstig zu sein scheint wie in Europa dem entgegen. (Mag ein falscher Eindruck von mir sein, mag an der niedrigeren Einwohnerdichte im gesamten Land liegen) Für internationale Roamingsituationen, wenn die US&EU-Kunden in Afrika, Asien oder Australien roamen, machen beide Verwaltungssysteme keine Preisregulation und keinen Unterschied. Da hilft nur der Vergleich zwischen den Anbietern. Etwa als "E-plus seelig" als erster die Preise der höchsten Aufschlagszone auf 99ct/min gesenkt hat, während , war das schon ein Argument im Vergleich zu andere. (Drillisch und Congstar verlangen im Jahr 2015 für abgehenden Gesprächen in Weltzone 4, Australien etc, beim Roaming noch immer 2,99€/min also 12€ für dreieinhalb angefangene Minuten)
Darin liegt dann wiederum der Erfolg von OTTs wie Skype, Viber und Whatsapp begründet.