Digitalisierung

Berlin ist deutsche Digitalhauptstadt - Thüringen Schlusslicht

Regionen, die in Sachen Digitalisierung mithalten wollen, brauchen nicht nur eine konkurrenz­fähige Infrastruktur. Wer nicht abgehängt werden will, muss auch ein Umfeld anbieten, das für die so heiß begehrten IT-Fachkräfte attraktiv ist.
Von dpa /

Für ein gutes Ergebnis bei der Digitalisierung ist nicht nur Breitband-Internet wichtig Für ein gutes Ergebnis bei der Digitalisierung ist nicht nur Breitband-Internet wichtig
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Berlin hat bei der Digi­ta­li­sie­rung im Länder­ver­gleich die Nase ganz weit vorne. Der Abstand der Haupt­stadt zu Hamburg und Bremen, die im aktu­ellen Deutsch­land-Index zur Digi­ta­li­sie­rung die Plätze zwei und drei belegen, ist groß. Das bundes­weite Schluss­licht bildet derzeit Thüringen.

Doch im Osten ist nicht alles grau. Vor allem Sachsen hat in den vergan­genen zwei Jahren in Sachen Digi­ta­li­sie­rung stark aufge­holt, stellten die Forscher vom Kompe­tenz­zen­trums Öffent­liche IT am Fraun­hofer-Institut fest, die den Index 2019 heute in Berlin vorstellten.

Für die Jahre 2017 bis 2019 lässt sich laut Index vor allem in Sachen Infra­struktur und private Inter­net­nut­zung eine bundes­weite Annä­he­rung der digi­talen Lebens­ver­hält­nisse beob­achten. Blickt man dagegen auf die Wirt­schaft und die Online-Ange­bote der Kommu­nal­ver­wal­tungen, sind die Unter­schiede immer noch sehr groß.

Nicht nur Breit­band­ausbau wurde bewertet

Für ein gutes Ergebnis bei der Digitalisierung ist nicht nur Breitband-Internet wichtig Für ein gutes Ergebnis bei der Digitalisierung ist nicht nur Breitband-Internet wichtig
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Für ihren Index haben die Forscher nicht nur auf den Breit­band­ausbau und andere Infra­struk­tur­daten geschaut, sondern auch zahl­reiche andere Indi­ka­toren berück­sich­tigt, wie etwa die Zahl der Infor­ma­tik­stu­denten in einem Bundes­land oder unbe­setzte IT-Stellen. Außerdem haben sie Kommunen nach ihrem öffent­li­chen WLAN-Angebot gefragt und über 300 kommu­nale Webpor­tale unter­sucht. Dabei stellten sie fest: Gewer­be­an­mel­dungen sind inzwi­schen in 37 Prozent der Kommunen möglich. Die Möglich­keit, online einen Bauan­trag zu stellen, bietet dagegen nur jedes zehnte kommu­nale Webportal an.

Die digi­tale Verwal­tung funk­tio­niert laut Index in Hamburg besser als in jedem anderen Bundes­land. Die Forscher, die sich unter anderem auch die Zusam­men­ar­beit der verschie­denen Verwal­tungs­ebenen unter­ein­ander und die Über­sicht­lich­keit des online verfüg­baren Infor­ma­ti­ons­an­ge­bots ange­schaut haben, sehen Berlin hier knapp hinter Hamburg auf dem zweiten Platz. Danach folgen - mit einigem Abstand - Nord­rhein-West­falen und Bremen. Den letzten Platz belegt Sachsen-Anhalt.

Gutes Arbeits- und Lebens­um­feld für IT-Fach­kräfte

Sicher: Ohne schnelles Internet und leis­tungs­fä­hige Mobil-Netze geht es nicht. Doch wer in der digi­talen Welt aufholen will, muss auch zusehen, dass er ein Arbeits- und Lebens­um­feld schafft, in dem sich die bundes­weit so drin­gend gesuchten IT-Fach­kräfte wohl­fühlen.

Eine Erhe­bung der Bundes­agentur für Arbeit vom Juni 2018 zeigt, dass Unter­nehmen in Hessen am wenigsten Probleme bei der Beset­zung von Stellen in der IT- und Kommu­ni­ka­ti­ons­branche haben. Auf 1000 sozi­al­ver­si­che­rungs­pflichtig Beschäf­tigte kamen dort knapp neun unbe­setzte Stellen. In Hamburg waren es zehn, in Berlin zählte die Bundes­agentur knapp 14 offene Stellen. In Thüringen kamen in der Branche auf 1000 Beschäf­tigte immerhin fast 30 unbe­setzte Stellen. In Meck­len­burg-Vorpom­mern fehlten 26 Fach­kräfte.

Das Fraun­hofer-Institut erklärt: "Damit der - regional sehr unter­schied­lich ausge­prägte - Fach­kräf­te­mangel nicht zur Wachs­tums­bremse wird, sind weitere Maßnahmen bei der Bildung, aber auch zur Anwer­bung und Bindung von Fach­kräften geboten." Der digi­tal­po­li­ti­sche Spre­cher der FDP-Bundes­tags­frak­tion, Manuel Höferlin, sagte, der Mangel an IT-Fach­kräften sei "für die führende Indus­trie­na­tion Europas einfach beschä­mend". Verkehrs­mi­nister Andreas Scheuer (CSU) und seine Partei­kol­legin Digital-Staats­mi­nis­terin Doro­thee Bär sollten dafür sorgen, dass alle Menschen in Deutsch­land Zugang zu schnellem Internet haben, und nicht "für schöne Hoch­glanz­fotos neben dem Flug­taxi von Airbus posieren".

Begeis­te­rung für soziale Medien in Deutsch­land nicht mehr unge­bro­chen

Die Mitar­beiter des Kompe­tenz­zen­trums Öffent­liche IT hatten im vergan­genen Jahr außerdem in jedem Bundes­land einige reprä­sen­tativ ausge­wählte Kommunen gefragt, ob es bei ihnen öffent­liche WLAN-Hotspots gibt. Auch hier liegen die Stadt­staaten wieder ganz vorne. Die ange­fragten Kommunen in Schleswig-Holstein meldeten dagegen alle zurück: Freies WLAN gibt es bei uns nicht. Für Thüringen ermit­telten die Forscher einen durch­schnitt­li­chen Anteil von fünf Prozent. Relativ niedrig ist die Zahl der öffent­li­chen Hotspots demnach im Saar­land, in Sachsen-Anhalt, Rhein­land-Pfalz, Bran­den­burg und Meck­len­burg-Vorpom­mern. Ein über­durch­schnitt­li­ches Angebot für kosten­loses Surfen im öffent­li­chen Raum haben Nord­rhein-West­falen, Hessen und Bayern.

Und noch etwas stellten die Forscher fest: Die Begeis­te­rung für soziale Medien ist in Deutsch­land nicht mehr unge­bro­chen. Ihren Angaben zufolge stieg der Anteil der Menschen, die Twitter, Face­book, Insta­gram und Co. nutzen, zwischen 2015 und 2017 nur im Saar­land, in Rhein­land-Pfalz und in Hamburg noch gering­fügig an. In allen anderen Bundes­län­dern sank der Anteil der User im glei­chen Zeit­raum - teil­weise um bis zu 18 Prozent.

Im Jahr 2017 gaben nur 38 Prozent der Einwohner Bran­den­burgs an, in sozialen Medien unter­wegs zu sein. Das war bundes­weit der nied­rigste Wert. Spit­zen­reiter in Sachen Social Media war Rhein­land-Pfalz mit 60 Prozent Nutzern. Dass die Ost-Bundes­länder mit Ausnahme von Berlin alle Werte von unter 50 Prozent erreichten, dürfte auch der Tatsache geschuldet sein, dass aus diesen Regionen in den vergan­genen Jahr­zehnten beson­ders viele junge Menschen abge­wan­dert waren.

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