Editorial: Der Preishammer
freenet Funk: Droht ein neues Flatrate-Sterben?
Bild: mobilcom-debitel GmbH
Es war absehbar, dass die im letzten Jahr eingeführten
echten LTE-Flatrates für 60 bis 80 Euro monatlich
dieses Jahr günstiger werden. Dass sich der Preis aber auf einen Schlag
glatt halbiert, damit habe ich nicht gerechnet. Doch genau das ist
passiert: Freenet Funk ist mit
einem Kampfpreis von effektiv 30,11 Euro im Monat für eine unlimitierte
LTE-Flatrate
vorgeprescht. Besser noch: Da Freenet Funk
Unlimited eine Laufzeit von nur einem Tag hat und täglich vom Kunden
nach Bedarf aktiviert und deaktiviert werden kann, können Kunden, die
immer wieder geplante Nutzungspausen beim mobilen Internetzugang haben,
den Effektivpreis sogar noch weiter drücken.
Schaut man genauer hin, gibt es aber doch einige Wermutstropfen: Ein großes Problem ist das fehlende Roaming. Bei Auslandsaufenthalten kann man die Karte zwar abschalten, zahlt also nichts, muss sich dann aber vor Ort um einen alternativen Internetzugang kümmern. Hoffentlich wird das wichtige EU-Roaming bald nachgerüstet.
Zum anderen muss man sich bewusst sein, dass die Laufzeit von nur einem Tag für beide Seiten gilt: Sollte Freenet einzelnen Kunden wegen exzessiver Nutzung kündigen oder gar das Angebot komplett einstellen wollen, dann können sie das von einem Tag auf den anderen tun. Und genau solche Kündigungen von Powerusern sind in der Geschichte von Freenet wiederholt erfolgt. Ende 1998, weniger als ein Jahr nach der Telekommunikations-Deregulierung und Marktöffnung im Festnetz, wurde MobilCom mit dem Schmalband-Internet-Zugang Freenet zum Flatrate-Vorreiter: Für nur 77 DM (39,37 Euro) im Monat konnten die Nutzer während der Nebenzeit unlimitiert per Modem surfen. Doch schon 1999 schickte MobilCom zahlreiche Kündigungen an Poweruser, die die Flatrate aus Sicht des Konzerns zu exzessiv genutzt hatten.
freenet Funk: Droht ein neues Flatrate-Sterben?
Bild: mobilcom-debitel GmbH
Ist Freenet Funk passend zum mobilen Surfverhalten der Nutzer
kalkuliert oder droht das nächste Kapital in der unendlichen Geschichte
des Flatrate-Sterbens? Nun, wahrscheinlich spekuliert Freenet darauf,
zahlreiche Kunden anzulocken, die bisher
einen Volumentarif mit einem ungedrosselten Volumen von einigen Gigabyte
im Monat nutzen, und die bisher bei jedem YouTube-Video oder jedem
App-Download Angst vor der Drossel haben. Viele dieser Kunden werden
auch mit Freenet Funk Unlimited ihre Datennutzung nicht allzu sehr
erhöhen. Diese Normalnutzer müssen aber dennoch die Kosten für die Poweruser
ausgleichen, die teils bei hunderten Gigabyte im Monat liegen werden.
Gelingt der Ausgleich nicht, wird Freenet Kündigungen aussprechen müssen. Doch Kunden steht danach der Wechsel zu einem der anderen Anbieter echter LTE-Flatrates frei. Da es nicht allzu lange dauert, einen neuen Vertrag zu schließen, und dieser immer kurzfristig mit einer neuen Rufnummer aktiviert werden kann (falls die Rufnummernportierung von Freenet zum bisherigen Anbieter länger dauert), sollte man sich aber über die Gefahr der Kündigung durch Freenet nicht allzu viele Gedanken machen. Schon von vornherein einen teureren Vertrag abzuschließen, lohnt sich für die meisten Nutzer nicht.
Auslaufmodell Festnetz?
Eher Gedanken machen sollte man sich aber, ob man den Festnetz-Anschluss noch braucht. Singles, in deren Wohnung das mobile Internet schnell genug ist, können gegebenenfalls den DSL- oder Kabelanschluss abmelden. Die Zahl der Festnetzanschlüsse ist schon seit Jahren rückläufig. Mit der nun verfügbaren günstigen LTE-Flatrate wird sich der Rückgang bei der Zahl der Anschlüsse beschleunigen.