Raus aus Funkloch

Funklöcher durch schlechte Handys und langsame Bürokraten?

Viele Nutzer klagen über Funklöcher. Schuld sind fehlende Sender, aber auch schlechte Handyempfänger. Es gibt einiges zu tun.
Vom Telekom Symposium in Berlin berichtet

Es klingt verblüffend, aber Fusionen können durchaus Vorteile für die Kunden bringen. Durch Zusammenlegung von Anbietern und deren bisherigen getrennten Netzen sinken die Kosten, wie am Beispiel von Orange und Drei in Österreich oder E-Plus und o2 in Deutschland zu sehen ist. Unterstellt, ein gutes GSM-GPRS Netz kostet 100 Prozent, dann sinken alleine durch den Einsatz von EDGE die Kosten auf 50 Prozent. Mit UTMS (3G), HSDPA und HSPA+ (3,5G) und schließlich LTE sind es nur noch wenige Prozent der ursprünglichen Investitionen für ein Netz. In Österreich wurden die Datenpreise der letzten Jahre von der staatlichen Regulierungsbehörde RTR und dem Weltverband GSMA untersucht. 2010 lag der Preis pro MB noch bei 10 Cent und sank 2012 zum Zeitpunkt der Fusionsankündigung Orange.At/Drei.at auf etwa 5 Cent. Er sank seitdem weiter, Ende 2012 (die EU hatte die Fusion genehmigt) waren es schon 3 Cent und aktuell (2017) liegt das MB in Österreich bei 2 Cent.

Deutschland als Leitmarkt für 5G?

Über solche Sendetürme wie in Kyritz (Brandenburg) wird die Fläche erschlossen. Über solche Sendetürme wie in Kyritz (Brandenburg) wird die Fläche erschlossen.
Foto: Deutsche Telekom
Die Politik wünscht sich Deutschland als Leitmarkt für 5G. Dafür sei eine verlässliche und lückenlose Mobilfunkversorgung, besonders im ländlichen Raum ein absolutes Muss.

Doch die wirtschaftliche Realität sehe anderes aus, rechnet Wössner vor: Stetiger Preis- und Umsatzverfall, trotz rasant wachsendem Datenverkehr. Deutschland sei der größte Markt für Mobilfunkdiscounter in Europa und Schlusslicht bei den Mobilfunkerlösen (ARPU) pro Kunde.

Dem Argument, dass "Deutschland superteuer" sei, stehe ein monatlicher Umsatz pro Kunde (ARPU) von 12,90 Euro gegenüber. In Großbritannien seien es 18 Euro, in Frankreich 19 Euro und den USA sogar 35 Euro. Wirklich günstiger sei es beispielsweise in Portugal oder in Griechenland.

Explodierende Datenmengen

Schaut man sich die übertragene Datenmenge im Jahre 2005 an, so waren das 0,2 Millionen Gigabyte, die auf 1350 Millionen Gigabyte im Jahre 2017 anstiegen. Und die Mengen steigen weiter, etwa 45 Prozent pro Jahr.

Gleichzeitig gingen die Preise im Mobilfunk von 2010 bis 2017 um 16 Prozent nach unten. Allgemein stiegen die Verbraucherpreise in Deutschland seit 2010 um 9 Prozent, Bahnfahrkarten wurden 24 Prozent teurer und die Stromkosten kletterten um 28 Prozent nach oben. Die Mobilfunkumsätze lagen 2007 bei 25,8 Milliarden Euro, 2012 und 2027 bei 26,5 Milliarden, aber um die Inflation bereinigt, sanken sie auf 24,4 und 23,3 Milliarden Euro, also am Ende um rund 10 Prozent.

Citibank sieht schwarz

Der Kapitalmarkt denkt, dass Europa auf 5G "schlecht vorbereitet" sei. Das Forschungsinstitut der renommierten Citibank hatte herausgefunden, dass Spektrum in Deutschland teurer als in Asien sei und habe - anders als in den USA - eine begrenzte Laufzeit, muss also andauernd frisch gekauft werden. Die hiesige Regulierung sei "weitreichend" und begrenze die "Monetarisierung" (die Möglichkeit Geld zu verdienen), die Pro-Kopf-Erlöse lägen um weniger als die Hälfte im Vergleich zu USA, Japan oder Südkorea.

Wössner machte deutlich, dass bei 5G gewaltige Investitionssummen auf dem Spiele stünden. "Die Bereitschaft ist da, wenn die Rahmenbedingungen dafür klar sind."

Bürokratie verhindert den Ausbau

In Kleßen-Görne (Brandenburg), so Technik-Chef Walter Goldenits, habe die Deutsche Telekom gezeigt, wie schnell man eine Station aufbauen könne, wenn alle an einem Strang ziehen. Vom Entschluss, etwas zu bauen, bis zur Einschaltung habe es nur 14 Tage gedauert. Zur Einweihung war auch Infrastrukturminister Scheuer mit einem Bus voll Journalisten nach Kleßen-Görne gekommen. Eine "normale" Sendestation habe heute von der Planung bis zur Einschaltung eine "Durchlaufzeit" von 18 Monaten, das sei eigentlich viel zu lang. Es geht auch anders: Für Sicherheitskräfte könne ein (provisorisches) Netz im Ernstfall in 5 Stunden aufgebaut werden.

Schon länger klagen Insider gegenüber teltarif.de, dass die weitverzweigte deutsche Bürokratie ein wesentliches Hindernis sei, bis eine Station laufen könne. Neben der Bundesnetzagentur müssten noch zig andere Gremien und Behörden darüber entscheiden. In Deutschland rechnet der Netzbetreiber die Grenzwerte aus und gibt die Ergebnisse an die Bundesnetzagentur. Die rechnen nochmal nach und dann müssen die Ergebnisse erst koordiniert werden. In Frankreich beispielsweise rechne der Netzbetreiber (wie z.B. Orange) den Grenzwert aus, baut auf und schaltet sofort ein.

Und trotz aller Diskussion über "Funklöcher" und "weiße Flecken" stünden sofort Bürgerinitiativen auf der Matte, die sich vehement gegen die Sendemasten vor Ort aussprächen, aber gleichzeitig eine bessere Versorgung forderten.

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