Absage

Schweiz: Keine Megafusion von UPC und Sunrise

Der euro­päische Trend, dass Mobil­funk­anbieter sich ein Fest­netz "dazu­kaufen", wird in der Schweiz gebro­chen. Der Spaß wäre am Ende schlicht und ergrei­fend viel zu teuer geworden.
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Die geplante Übernahme von UPC durch Sunrise in der Schweiz findet nicht statt. Den Aktionären ist das zu teuer Die geplante Übernahme von UPC durch Sunrise in der Schweiz findet nicht statt. Den Aktionären ist das zu teuer
Foto: Sunrise , Logos: Anbieter, Montage: teltarif.de
Wenn Fusionen auf der Tages­ordnung stehen, werden von den Betei­ligten Himmel und Hölle in Bewe­gung gesetzt, um sie durch­zubringen. Dabei kam es bislang all zu oft vor, dass der Käufer sich extrem stark verschul­dete, um das Ziel zu errei­chen. Eine Mega-Fusion, die vor etwa 20 Jahren in Deutsch­land und der Welt für Wirbel sorgte, war der Kauf der Mannes­mann Mobil­funk durch die Voda­fone plc für 180 Milli­arden Euro. Vor rund 5 Jahren star­tete die "nur" 8,5 Milli­arden teure Fusion von Telefónica/o2 und E-Plus, deren "Nach­wehen" regional bis heute noch andauern.

Schweiz wieder Vorreiter

Die geplante Übernahme von UPC durch Sunrise in der Schweiz findet nicht statt. Den Aktionären ist das zu teuer Die geplante Übernahme von UPC durch Sunrise in der Schweiz findet nicht statt. Den Aktionären ist das zu teuer
Foto: Sunrise , Logos: Anbieter, Montage: teltarif.de
Die Schweiz zeigte Deutsch­land, wie man eine 5G-Auktion schnell und präzise durch­führt, die Schweizer konnten als erste Land in Europa ihre 5G-Netze für Ihre Kunden einschalten. Nun zeigt die Schweiz, dass es bei einer Fusion auch Grenzen geben kann. Heute morgen wurde dort eine Mega-Fusion "de facto abge­sagt". Geplant war, dass der zweite Schweizer Mobil­funk­anbieter, die Sunrise AG, den Kabel-TV-Anbieter UPC-Schweiz (Tochter von Liberty Global) über­nehmen sollte, zum Preis von etwa 5,7 Milli­arden Euro (6,3 Milli­arden Schweizer Franken). Das wäre mehr Geld gewesen, als Sunrise selbst Wert ist. Das fehlende Geld sollte aus einer Kapi­talerhö­hung um 2,6 Milli­arden Euro (2,8 Milli­arden Franken) kommen. Dazu hätte am 23. Oktober eine außer­ordent­liche Gene­ralver­samm­lung der Aktio­näre (AGV) statt­finden sollen.

Aktionär Freenet sagt "Nein"

Die deut­sche Freenet AG (Mutter von Mobilcom-Debitel, klar­mobil, MediaBroadcast etc.), hält knapp ein Viertel der Anteile an Sunrise (Schweiz) und machte von Anfang an klar, dass dieser Preis viel zu hoch sei. Sie lehnten die Kapi­talerhö­hung rundweg ab. Auch eine zuletzt ange­kündigte Finanz­spritze von Liberty an Sunrise (in Höhe von rund 450 Millionen Euro) hatte am Wider­stand von Freenet und anderer wich­tiger Aktio­näre nichts geän­dert.

Sunrise: AGV findet nicht statt

Die Sunrise AG blies nach reif­licher Über­legung und Rück­sprache mit Liberty Global den geplanten Mega-Deal heute morgen ab. In einem weiteren Zusatz des Akti­enkauf­vertrags ("Share Purchase Agree­ment") stimmt Liberty Global der Annul­lierung der für den 23. Oktober 2019 geplanten außer­ordent­lichen Gene­ralver­samm­lung (AGV) zu. Die AGV war geplant, um eine ordent­liche Kapi­talerhö­hung im Umfang von 2,8 Milli­arden Franken Milli­arden durch­zuführen. Dazu hätte ein Bezugs­rechts­angebot zum Zweck der teil­weisen Finan­zierung der Über­nahme von UPC Schweiz aufge­legt werden sollen.

Die Zustim­mung zur Kapi­talerhö­hung wäre die letzte Bedin­gung gewesen, um die Über­nahme von UPC Schweiz voll­ziehen zu können. Eine (rein theo­reti­sche) Hintertür bleibt noch: Der Akti­enkauf­vertrag hat ein "Long-Stop"-Datum bis zu 27. Februar 2020 und bleibt solange in Kraft bis eine Partei ihn kündigt.

"Aufgrund klarer Hinweise von Aktio­nären und der Ankün­digung von Freenet, bei der AGV gegen die Kapi­talerhö­hung zu stimmen, ist der Verwal­tungsrat von Sunrise zum Schluss gekommen, dass die deut­liche Mehr­heit der Aktio­näre, die ihre Aktien zur Abstim­mung zur AGV regis­triert haben, die Kapi­talerhö­hung nicht unter­stützt. Gleich­zeitig zieht der Verwal­tungsrat den Schluss, dass die Anträge zur Abwahl von Peter Kurer (Schweiz, lange bei der Bank UBS und heute Verwal­tungs­ratprä­sident von Sunrise) und Jens Jesper Ovesen (früher Manager bei Tele Danmark, dem früheren Besitzer von "diax" = heute Sunrise und heute bei Nokia Siemens US LLC) durch eine Mehr­heit der Aktio­näre, die ihre Aktien zur Abstim­mung für die AGV regis­triert haben, abge­lehnt werden."

Kurer: Enttäuscht

Peter Kurer, Präsi­dent des Verwal­tungs­rates von Sunrise, ist enttäuscht: "Wir bedauern die Annul­la­tion (Absage) der AGV. Wir haben viel Zeit in die Gespräche mit unseren Aktio­nären inves­tiert und sind weiterhin von den stra­tegi­schen und finan­ziellen Gründen der Über­nahme über­zeugt".

Wie geht es weiter?

Auf Nach­frage von teltarif.de stellte Sunrise eindeutig klar:

  • "Der Akti­enkauf­vertrag bleibt in Kraft bis eine Partei ihn kündigt. Sunrise sieht jedoch nicht, dass die UPC-Trans­aktion noch zu Stande kommt.
  • Es finden keine weiteren Gespräche oder Verhand­lungen seitens Sunrise zur Trans­aktion statt.
  • Sunrise akzep­tiert den Entscheid, führt einen geord­neten Rückbau des Projektes durch, und wird sich auf ihre Stand-Alone-Stra­tegie als führende Heraus­forderin im Tele­kommu­nika­tions­markt fokus­sieren."
Eine für diese Branche unge­wohnt klare Aussage.

Eine Einschät­zung

Schweizer Bran­chen­kenner hätten Sunrise die Über­nahme eines Infra­struk­turan­bieters durchaus "gegönnt", um vom Markt­führer Swisscom etwas unab­hängiger werden zu können. Sie gaben aber zu, dass der dafür geplante Kauf­preis wirk­lich sehr hoch gewesen wäre. Nun wenige Insider dürften genau wissen, wie "gut" das bestehende Koax-Kabel-Netz von UPC in der Schweiz wirk­lich ist und welche Umbau­kosten auf "echte Glas­faser" zum "viel zu hohen" Kauf­preis noch hinzu­gekommen wären. Da könnten der Einkauf von Leitungen beim markt­beherr­schenden Wett­bewerber Swisscom am Ende weiter die güns­tigere Lösung sein.

Das scheint auch die Schweizer Börse so zu sehen, der Kurs stieg nach einem kurze Einbruch wieder spürbar an. Sunrise dürfte seine aggres­sive Markt­kampa­gnen, beispiels­weise beim Start von 5G, durchaus weiter fort­setzen, während der dritte Anbieter im Lande die Salt (früher Orange Suisse) bei einem jugend­lichen Publikum offenbar durch inter­essante Bundle-Ange­bote von Fest­netz/Internet/TV und Mobil­funk-Ange­bote (mit Apple TV als "seri­enmä­ßigem" Media-Receiver) punkten kann.

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