Moderne Gastronomie: Essen muss Instagram-tauglich sein
Das Essen in Gaststätten muss heutzutage Instagram-tauglich sein
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"Wählen Sie Ihr Produkt", steht auf dem
Bildschirm von Horst Minets Smartphone. Er steht vor einem
Kaffeeautomaten und drückt auf die Café-Crème-Taste. "Delivery in
Progress", heißt es nun auf dem Handy in seiner Hand. Wenig später
ist der Kaffee im Becher. "Bezahlung erfolgreich", meldet das
Telefon. Minet brauchte dafür weder Bargeld noch Kreditkarte.
Sein Unternehmen "Evoca Group" hat ein System entwickelt, das es Verbrauchern ermöglicht, über eine App direkt am Kaffeeautomaten zu bezahlen. "Evoca Group" stellte sein neues Produkt auf der Gastro-Messe "Internorga" in Hamburg vor.
Bargeldlose Bezahlsysteme sind aus der Gastronomie schon lange nicht mehr wegzudenken und werden ständig weiterentwickelt. Ob App oder kleine Transponder, die an der Unterseite von Kaffeebechern kleben - es gibt zahlreiche Services, mithilfe derer es sich bequemer bestellen und bezahlen lässt.
"Unterhaltsames Essen" für das Foto auf Instagram
Das Essen in Gaststätten muss heutzutage Instagram-tauglich sein
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Bequemlichkeit - das ist für Gastronomen aller Art in der
digitalisierten Welt ein zentrales Kriterium geworden, meint
Trendforscherin Karin Tischer. "Digitalisierung macht die Ich-Bezogenheit sehr stark:
Ich will alles - jetzt und an jedem Ort", sagt die Geschäftsführerin
des Beratungsunternehmens "food & more". Deshalb boomten
Lieferdienste, die online bestelltes Essen direkt nach Hause bringen,
erklärt sie.
Digitale Lösungen nutzen aber nicht nur dem Verbraucher, sondern auch den Gastronomen, betont die Trendforscherin. Denn Technik könne - zumindest teilweise - den Fachkräftemangel in der Branche ausgleichen. Außerdem ließen sich so Arbeitsprozesse beschleunigen. Beispiel Dönerbude: "Momentan steht dort typischerweise ein Mann, der schneidet das Dönerfleisch und wenn der gerade viel zu tun hat, gibt es Stau", sagt Tischer. Das könnte sich in Zukunft ändern: "Dann stehe ich da und ein Roboter schneidet mein Fleisch."
Und noch etwas müssten Gastronomen heutzutage bedenken, erklärt Tischer: "Der Gast ist immer verwöhnter und will auch unterhalten werden." Unterhaltsames Essen - das können schwarze Pommes sein, blaue Nudeln oder ein fluffiger, wackelnder Pancake. Macht das Essen optisch etwas her, hat das noch einen weiteren entscheidenden Vorteil, erklärt Tischer: Es wird "instagramable", taugt also als Fotomotiv in sozialen Netzwerken wie Instagram und Facebook.
Instagram-Fotos: Kostenlose Werbung für den Gastwirt
Unter Hashtags wie #foodporn posten User täglich Bilder von belegten Broten, Salaten, Suppen, Kaffee. Für Gastronomen ist dieser Trend eine große Chance, erklärt Tischer, denn die Fotos sind kostenlose Werbung. Nur: Nicht alles lädt zum Ablichten ein. "Ein schnödes Vanille-Eis im einfachen Becher - was soll ich das fotografieren und mit der Welt teilen?" Dafür müssten Gerichte "sexy und faszinierend" sein und "Strahlkraft" besitzen, sagt die Forscherin.
Viele werben inzwischen mit knallbunten Muffins, mit mit Rosenblüten dekorierten Pfannkuchen und mit Mini-Burgern, deren Pattys kaum größer sind als Zwei-Euro-Münzen.
Bleibt nur die Frage: Muss in Zukunft jedes Restaurant, jede Bar und jeder Bäcker seine Waren Instagram-tauglich präsentieren? Nein, sagt Tischer. "Es wird einzelne Gastronomen geben, die in sich selbst so kultig und authentisch sind, dass sie das nicht brauchen." Und dennoch: "Selbst die Berghütte - wenn die eine coole Bergparty schmeißt, dann wäre es schon cool, wenn sie das instagramable macht."