Blockiert Altmaier Gesetz für kürzere Vertragslaufzeiten?
Mit einem neuen Gesetz will Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) eigentlich gegen "aufgeschwatzte" Verträge und "überlange" Vertragslaufzeiten vorgehen, doch der Gesetzentwurf hängt seit Wochen in der internen Abstimmung der Bundesregierung. Die SPD-Fraktion im Bundestag wirft inzwischen dem unionsgeführten Wirtschaftsministerium vor, die Pläne aufzuhalten. Leider blockiere Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) den Gesetzentwurf, "weil ihm die Wirtschaftslobby wichtiger sei als die Verbraucher", kritisierte der SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner. Das Justizministerium habe einen "sehr guten Vorschlag" gemacht.
Wirtschaftsressort nahm nicht konkret Stellung
Für das Ministerium sei der Verbraucherschutz ein wichtiges Anliegen, über die konkrete Umsetzung liefen derzeit die Abstimmungen. Dabei gehe es insbesondere darum, "faire und unbürokratische Lösungen" zu finden, hieß es dazu. Nach den bereits hier vorgestellten Plänen von Ministerin Lambrecht soll unter anderem die maximale Laufzeit von Verträgen etwa für Handyverträge, Fitnessstudios oder Zeitungs-Abos auf höchstens ein Jahr nach Unterschrift oder Vertragsbeginn begrenzt werden. Auch Kündigungsfristen würden deutlich verkürzt. Mit einer Frist von einem Monat zum Vertragsende wären diese Verträge künftig kündbar. Wer diesen Termin verpasst hätte, könnte dann nach einem weiteren Monat kündigen.
Aktuelle Mindestlaufzeit: 24 Monate
Verbraucherministerin Lambrecht hat ein Gesetz vorgelegt, das im Wirtschaftsministerium festhängt
Foto: Deutscher Bundestag / Achim Melde
Aktuell ist die Mindestlaufzeit 24 Monate und es muss bis 3 Monate vor dem Ablaufdatum gekündigt worden sein. Wer das "verschläft", ist mindestens ein weiteres Jahr gebunden und muss wieder 3 Monate vor dem neuen Ablaufdatum gekündigt haben.
"Undurchsichtige Vertragsstrukturen und Kostenfallen sind leider immer noch an der Tagesordnung", sagte Fechner der Deutschen Presse-Agentur. Lange Vertragslaufzeiten und automatische Verlängerungen von Verträgen seien nicht im Sinne der Verbraucher und verhinderten oft einen Wechsel zu besseren Angeboten.
Mobilfunkfachhandel fürchtet Einbruch
Der Mobilfunkfachhandel lebt von Provisionen, die vom Anbieter bei Abschluss eines Vertrages dem Händler gutgeschrieben werden. Viele Händler verwenden die Provision, um dem Kunden ein neues Handy günstiger anbieten zu können. Einige Händler zahlen auch einen Teil dieser Provision an den Kunden direkt aus, obwohl das von den Anbietern nicht gerne gesehen wird. Hohe Provisionen sorgen aber auch dafür, dass Verkäufer ihren Kunden irgendwelche teuren Verträge aufdrängen, um die teilweise völlig überzogenen Vorgaben des Chefs und/oder des Anbieters erfüllen zu können und ihren Job zu retten.
Branche muss umdenken
Es ist einleuchtend, dass die Provisionen nach der Gesetzesänderung deutlich gesenkt werden müssten. Wenn ein Kunde nur noch ein Jahr bleibt, hat der Anbieter an diesem Kunden weniger verdient, als wenn er zwei Jahre bleibt und vielleicht noch die Kündigung vergisst und somit erst nach drei oder mehr Jahren gehen kann. Schließt der Kunde einen Vertrag mit Handy ab, zahlt er freiwillig monatlich mehr, um sein Handy als Ratenkredit abzuzahlen. Wird die Kündigung verpasst, zahlt der Kunde ohne eigentliche Gegenleistung den höheren Betrag weiter, was den Anbieter sicherlich auch freut.
Alle diese Finanzierungsmodelle würden im Falle des neuen Gesetzes wegfallen. Wie man mit dem neuen Gesetz leben könnte, hat o2 mit seinem o2 You-Modell bereits vorgeführt: Der Vertrag wird dann rabattiert, wenn der Kunde auch ein Handy in einem rechtlich separaten Kreditvertrag bei o2 kauft. Der Kunde kann monatlich kündigen, der Rabatt fällt dann sofort weg. Der Handyratenkaufvertrag muss weiter bedient werden, kann aber auch mit einer Schlusszahlung beendet werden.
Da der Kunde jederzeit monatlich "weg kann", besteht für ihn kein Druck mehr. Außerdem: Zufriedene Kunden werden bleiben. Unklar bleibt, wie der Fachhandel mit Ladengeschäften oder im Internet an diesem neuen Modell sinnvoll beteiligt werden kann. Einige Netzbetreiber zahlen ihren Händlern für jeden Kunden, den er betreut, schon heute einen extra Bonus. Der Vorteil: Der Kunde hat einen Ansprechpartner vor Ort, der Händler kann dem Kunden vielleicht eine Tasche oder etwas ganz anderes verkaufen und die Anbieter-Hotline bleibt für andere Anrufer frei.
Neues Gesetz könnte Fortschritt bringen
Das neue Gesetz wäre also durchaus zu begrüßen und könnte nach einer kurzen Übergangs- und Anpassungszeit neue Impulse im Markt schaffen. Heute meiden viele Kunden die Geschäfte aus panischer Angst, über den Tisch gezogen zu werden. Vieltelefonierende Kunden schließen mitunter ungünstige Prepaid-Verträge ab, weil auch sie Angst haben, in einem Laufzeitvertrag gefangen zu sein.
Eins ist absolut klar: Ein Kunde, der zufrieden ist, schließt seinen Vertrag einmal ab und bleibt. Das ist für den Anbieter viel lohnender als in aufwendigen Rabatt-Schlachten verzweifelt nach Neukunden zu suchen, die es eigentlich gar nicht mehr gibt.