Gesichtserkennung: Sammelt die Polizei mehr Daten als angeben?
Bodenaufkleber weisen im Bahnhof Südkreuz in Berlin auf Erkennungsbereiche zur Gesichtserkennung hin
Bild: (c) dpa
Das Pilotprojekt zur Gesichtserkennung am Berliner Bahnhof Südkreuz ist zweifelsohne ein kontroverses Thema. Das wissen sicherlich auch die Verantwortlichen hinter diesem Projekt. Umso erstaunlicher ist es, dass es Ungereimtheiten zu geben scheint, zwischen dem, was den teilnehmenden Testpersonen kommuniziert wurde und dem, was tatsächlich aufgezeichnet wird. Das zumindest berichtet der seit 1987 aktive Verein Digitalcourage. Der Autor des Artikels, padeluun, ist nämlich nicht nur Künstler, Netzaktivist und Mitgründer von Digitalcourage e.V., sondern auch eine der Testpersonen des Pilotprojektes am Südkreuz.
Transponder kann mehr als angekündigt
Bodenaufkleber weisen im Bahnhof Südkreuz in Berlin auf Erkennungsbereiche zur Gesichtserkennung hin
Bild: (c) dpa
Eigentlich hatte die Bundespolizei angekündigt, dass die Teilnehmer mit einem RFID-Chip ausgestattet werden sollen. Dieser sollte dazu dienen, dass die Testpersonen auch als solche identifiziert werden können. Tatsächlich wurde den Teilnehmern dann aber ein iBeacon ausgehändigt. Das ist ein Bluetooth-Sender, welcher aktiv in einem Umkreis von 20 Metern sendet und - vor allem daran stört sich padeluun - dazu in der Lage ist, noch weitaus mehr Informationen zu erfassen. Dazu gehören etwa Temperatur, Neigung und Beschleunigung.
Der iBeacon kann all das aufzeichnen, speichern und sogar weitergeben. Diese Daten könne man zudem mit einer Android-App auslesen, schreibt padeluun. Aufgrund dessen wäre es möglich herzuleiten, was die Personen auch außerhalb des Bahnhofs gemacht haben - also auch außerhalb des Testbereichs. Ob die Bundespolizei diese Daten wirklich erfasst und vielleicht sogar auswertet, ist damit natürlich noch nicht gesagt. Die Tatsache, dass die Behörden bei solch einem heiklen Thema aber überhaupt so unvorsichtig mit den Daten der Teilnehmer umgehen, hinterlässt zumindest keinen vertrauenswürdigen Eindruck.
Digitalcourage fordert Abbruch des Tests
Weil die Bundespolizei die Test-Personen falsch über die eingesetzte Technik informiert hatte, fordert Digitalcourage den Abbruch des Tests zur Gesichtserkennung am Südkreuz. Die Teilnehmer hätten dem Test nicht ausreichend informiert zugestimmt. Zudem würden auch die Gesichter von Personen erfasst, die nicht am Test teilnehmen. Ebenso würden die Lesegeräte neben den iBeacons auch andere Bluetooth-Geräte erfassen. Auch hier fehle die Zustimmung der betroffenen Personen.
Update 22. August: Ministerium weist Kritik zurück
Das Bundesinnenministerium hat inzwischen die Vorwürfe zurückgewiesen. Die eingesetzte Technik könne zwar mehr Daten sammeln als für den Test benötigt würden, diese Möglichkeiten würden aber nicht genutzt und seien abgeschaltet, sagte eine Ministeriumssprecherin heute.