GfK: Automatische Computer-Anrufe sind keine Telefonwerbung
Die GfK in Nürnberg
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Gestern hat die Bundesnetzagentur mitgeteilt, dass erstmals ein Unternehmen wegen illegaler Telefonwerbung zur maximal möglichen Strafe verdonnert wurde. In dieser Sache war der Fall klar: Es lag keine Einwilligung der Verbraucher vor und die Firma wollte eine kommerzielle Dienstleistung verkaufen.
Andere Firmen mit kommerziellen Absichten tarnen ihre Werbeanrufe mitunter als "Marktforschung", doch es gibt auch echte Marktforschungsunternehmen, die tatsächlich nur die Meinung der Verbraucher einholen möchten, ohne etwas zu verkaufen. Trotzdem ärgern sich Bürger oft über derartige Anrufe - vor allem wenn es nicht klar ist, woher das Marktforschungsunternehmen die gegebenenfalls geheime und sonst nirgends verbreitete Telefonnummer hat.
Vorwürfe gegen die GfK
Die GfK in Nürnberg
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In Reaktion auf unseren Bericht erhob ein teltarif.de-Leser im Forum Vorwürfe gegen die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg, das größte deutsche Marktforschungsinstitut, das auch die Einschaltquoten für das Fernsehen ermittelt:
Ein Bekannter von mir wird [...] ständig von der GfK angerufen. Ich habe dort bei der GfK-Rechtsabteilung angerufen und mich erkundigt, warum er immer angerufen wird. Angeblich dürfen die es, auch ohne Einwilligung. Die Rufnummer haben die angeblich per Computersystem ermittelt, obwohl es eine Geheimnummer ist. Kann Teltarif darüber mal einen entsprechenden Artikel schreiben? Warum/wieso die GfK ungefragt anrufen darf?
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb regelt in § 7 UWG, dass eine unzumutbare Belästigung stets bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung anzunehmen ist. Das gilt auch bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder E-Mail, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt.
Ob dies nun auch für kommerziell agierende Marktforschungsunternehmen gilt, die allerdings gegenüber dem Verbraucher kein Produkt und keine Dienstleistung verkaufen wollen, ist umstritten. Was als Werbung zu betrachten ist, wurde bereits auf EU-Ebene in der EU-Irreführungsrichtlinie vom 10. September 1984 geregelt:
Artikel 2: Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet "Werbung" jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern.
Allerdings gibt es in Deutschland auch Gerichtsurteile, die die telefonischen Aktivitäten von Marktforschungsunternehmen in die Nähe von unerlaubter Telefonwerbung rücken. Das Oberlandesgericht Stuttgart urteilte in seiner Entscheidung vom 17. Januar 2002:
Die gleichen Grundsätze wie für eine unaufgeforderte Telefonwerbung gelten auch für unaufgeforderte Verbraucherumfragen, die von Marktforschungsunternehmen im gewerblichen Auftrag durchgeführt werden
Und das Landgericht Hamburg fällte am 30.06.2006 ein Urteil, in dem es heißt:
Auch bei Anrufen zu Marktforschungszwecken überwiegt demnach das Interesse des einzelnen Betroffenen, ein Eindringen in seine Privatsphäre zu verhindern, gegenüber den Interessen des Marktforschungsunternehmens.
GfK bestätigt Praxis und nimmt Stellung zu Vorwürfen
Gegenüber teltarif.de bestätigte die GfK die Praxis, dass für die Auswahl von Interviewpartnern Computer eingesetzt werden, die Telefonnummern generieren und diese dann automatisiert anwählen. Die Rechtsauffassung der GfK führt eine Sprecherin folgendermaßen aus:
GfK führt regelmäßig telefonische Umfragen durch, die ausschließlich dem Zweck der Markt- und Meinungsforschung dienen. Im Gegensatz zu Werbeanrufen sind Marktforschungsanrufe prinzipiell auch ohne vorherige Einwilligung zulässig, da sie nicht den Zweck verfolgen, den Absatz bestimmter Produkte und/oder Dienstleistungen zu fördern.
Bei einer telefonischen Bevölkerungsumfrage werden die Telefonnummern nach einem mathematischen Zufallsverfahren von einem Computer erzeugt und automatisch angerufen. Der Interviewer kann die Telefonnummern keinen konkreten Personen zuordnen und erhält jegliche Daten nur mit dem Einverständnis der Befragten. Auch die Auswertung darf nur so erfolgen, dass kein Rückschluss auf einzelne befragte Personen möglich ist. Überdies werden personenbezogene Daten zu keiner Zeit weitergegeben.
Gleichzeitig wies die Sprecherin darauf hin, was Betroffene, die keine Anrufe seitens der GfK wünschen, unternehmen sollten:
Möchte der Angerufen nicht an einer bestimmten Befragung teilnehmen bzw. grundsätzlich nicht für Befragung angerufen werden, kann er seine Telefonnummer(n) auf die Sperrliste des ADM (Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute e.V.) setzen lassen. Weitere Anrufe sollten danach ausgeschlossen sein.
Nachdem es Verwirrung darüber gab, ob diese Sperrliste des ADM tatsächlich existiert, haben wir den Verband dazu befragt. Es gibt sie: Sperrdatei für Anrufe von Marktforschungsinstituten.