Fibre To The Home

Editorial: Das Glas muss in die Erde!

Nur wenige Anbieter verlegen in Deutschland bisher Glasfaserkabel. Und nicht immer kommen diese so schnell voran, wie geplant.
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Netzausbau: Leerrohrbündel mit Glasfaserkabeln Netzausbau: Leerrohrbündel mit Glasfaserkabeln
(c) dpa
Deutschland ist beim Ausbau der Telekommunikationsnetze in den letzten Jahren im internationalen Vergleich immer weiter zurück­gefallen. Auf dem Global Mobile Broadband Forum in London war einer der running gags, auf die starken Unterschiede der Mobil­funkversorgung zwischen der gut ausgebauten Schweiz und dem hinterherhinkenden Deutschland zu verweisen. Aber nicht nur beim Mobilfunk, auch bei den Festnetzen fällt Deutschland mittlerweile zurück. Bei den zukunftsträchtigen Glasfaser-Internet-Anschlüssen liegen beispielsweise Portugal, Spanien und selbst Rumänien bezogen auf die Zahl der Haushalte um den Faktor zehn vor Deutschland!

Einer der wenigen Lichtblicke im Glasfaser-Nirwana Deutschland ist die Unternehmensgruppe Deutsche Glasfaser, die auch und gerade Kommunen jenseits der städtischen Ballungsräume mit Glasfaserkabeln erschließt. Dabei betreibt die Deutsche Glasfaser sicher auch ihre Form der Rosinenpickerei, indem sie bevorzugt Orte und Kleinstädte wie beispielsweise Zorneding bei München oder Immenhausen bei Kassel ausbaut, die über mehrere tausend Einwohner mit überdurchschnittlicher Kaufkraft verfügen, und bei denen dank einer relativ geschlossenen Siedlungsstruktur nicht allzu viele Einzelleitungen zu weitab stehenden Häusern gelegt werden müssen.

Zudem verlangt die Deutsche Glasfaser, dass erst ein gewisser Prozentsatz der Bürger eines Ortes einen Vertrag über einen Glasfaseranschluss mit ihr schließen, bevor sie überhaupt ihr Netz in diesem Ort ausbaut. Dadurch entsteht nicht unerheblicher Gruppendruck: "Wir bekommen erst schnelles Internet, wenn genügend Bürger mitmachen!" Während dieser Nachfragebündelung genannten Phase wird sicher der eine oder andere Bürger einen Antrag auf einen Glasfaseranschluss stellen, dem das aktuell verfügbare DSL eigentlich noch reicht, weil er oder sie das Internet gar nicht so viel benutzt. Vielen Nutzern dürfte auch etwas Unbehagen bereiten, dass sie während dieser Bündelungsphase letztendlich die Katze im Sack kaufen müssen: Sie können nicht mal beim Nachbarn nachfragen, wie schnell dessen Glasfaseranschluss am Ende wirklich ist, denn noch hat kein Nachbar einen solchen Anschluss. Und nur, weil die Deutsche Glasfaser zu ihren Informationsveranstaltungen in den Ausbaugebieten mit Sicherheit zufriedene Kunden aus bereits ausgebauten Gebieten herankarrt, heißt das noch lange nicht, dass der Ausbau auch im eigenen Ort am Ende gut werden wird.

Qualen des Netzausbaus

Netzausbau: Leerrohrbündel mit Glasfaserkabeln Netzausbau: Leerrohrbündel mit Glasfaserkabeln
(c) dpa
Zorneding ist nun ein Beispiel dafür, dass der Ausbau nicht immer so klappt, wie geplant. Bisher gibt es zwar "nur" Probleme mit dem Zeitplan, weil die nötigen Tiefbauarbeiten nicht so schnell vorankommen wie geplant. Es ist halt doch ein gewisser Aufwand, die Gehwege aufzureißen, die Leerrohre und Kabel zu verlegen und anschließend alles wieder sauber zu verschließen. Zudem muss man darauf achten, auch dem Autoverkehr ausreichend viele Wege zu lassen, wenn man an mehreren Kreuzungen gerade Straßen quert und folglich die Fahrbahn aufreißt.

Immerhin gibt es noch keine Berichte über unzuverlässige und/oder langsame Glasfaseranschlüsse. Aber auch Zeitplan-Probleme können für Kunden zum Ärgernis werden. So müssen diese sich entscheiden, ob sie ihre alten DSL-Verträge doch noch einmal verlängern oder gar nochmal upgraden, um so der Wunschgeschwindigkeit zumindest näher zu kommen. Das Upgrade bedeutet meist aber auch, dass eine neue zweijährige Vertragslaufzeit beginnt, während derer man an den DSL-Anbieter gebunden ist. Dabei wollen die Kunden ja eigentlich so bald wie möglich zur noch schnelleren Glasfaser wechseln.

So bleibt zweierlei zu hoffen: Zum einen, dass der Glasfasernetzausbau der Deutschen Glasfaser weder ein Turmbau zu Babel noch ein Flughafenbau zu Berlin wird. Und zum anderen, dass die großen Anbieter endlich aufwachen, und uns nicht das fünfte Upgrade der bestehenden Kupfernetze als "die Zukunft des Internets" verkaufen, sondern dass diese endlich in das echte Internet der Zukunft investieren, nämlich Glasfaser.

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