Symmetrisch

BBV: Symmetrisches Internet via Glasfaser

Viele Internetanbieter liefern asymmetrisches Internet: BBV bietet sogar Glasfaser, symmetrisch ohne Aufpreis. Doch nicht alle Bürger ziehen mit. Es bleibt schwierig.
Von

Keine Chance auf Glasfaser von der BBV bekommen die Bewohner von Münster (im Landkreis Darmstadt-Dieburg) Dort stellt die "BBV Rhein-Main" ab sofort die Vermarktung ihres geplanten Glasfasernetzes ein.

Das Unternehmen hatte in Münster sowie den Ortsteilen Breitefeld und Altheim rund acht Millionen Euro in den Auf- und Ausbau eines Glasfaser-Netzes investieren wollen. Der Kommune und der Bürgerschaft wären keine eigenen Kosten entstanden. Allerdings hätte die im September 2018 gestartete und zuletzt im Dezember bis Ende März 2019 verlängerte Vermarktung von Beginn an mit Widerständen einiger Gemeindevertreter zu kämpfen gehabt. Insbesondere kritisierte der BBV die "fehlende politische Unterstützung und das übersichtliche Kundeninteresse", was das Unternehmen zu diesem Schritt veranlasste. Für Kunden, die bereits unterschrieben hatten, hat dies außer einem Nichtaufbau eines Glasfaseranschlusses von BBV keine Folgen. Alle von Privat- und Geschäftskunden mit der BBV Rhein-Main unterzeichneten Verträge und die abgegebenen Grundstückseigentümererklärungen wurden dadurch gegenstandslos.

Wie man hört, hätte sich die BBV mehr aktive Unterstützung aus dem Rathaus gewünscht, aber weder die Gemeindevertretung noch der Gemeindevorstand dürfe Empfehlungen für Vorhaben eines Unternehmens an die Bürger aussprechen. Deshalb habe es dazu auch weder Beratungen noch Beschlüsse gegeben, hieß in einem "vorformulierten Schreiben" der Rathausverwaltung an die Tageszeitung "Darmstädter Echo".

Eindeutiger Auftrag in Reichartshauen - Verhandlungen rund um Sinsheim

In Reichartshausen (Rhein-Neckar-Kreis) zwischen Heidelberg und Sinsheim hatte die BBV hingegen durchschlagenden Erfolg: Mit 531 Verträgen wurde das Ziel um mehr als 40 Prozent übertroffen. Auch rund um Sinsheim sollte der Glasfaser-Ausbau durch die BBV bereits starten. Teilweise machte der Winter einen Strich durch die Rechnung. Zum Teil wird noch mit den Kommunen verhandelt, ob bereits vorhandene Infrastruktur (Leerrohre) mitgenutzt werden können. Sobald alles klar ist, soll gebaut werden, teilt die BBV mit. Im benachbarten Zuzenhausen, Sitz des Trainingszentrums des Bundesligisten TSG Hoffenheim sollen zwei Millionen Euro investiert werden, wenn mindestens 420 Haushalte mitziehen.

Glasfaser ist kein Selbstläufer

Die BBV Deutschland baut überwiegend in Süddeutschland und Thüringen schnelles Internet per Glasfaser, bis ins Haus. Die BBV Deutschland baut überwiegend in Süddeutschland und Thüringen schnelles Internet per Glasfaser, bis ins Haus.
Foto: BBV Deutschland
„Die Glasfaser ist kein Selbstläufer. Grundsätzlich sind ein breiter Konsens und die lokale Unterstützung durch die Entscheidungsträger gerade in mit leistungsstarken Breitbandinfrastrukturen unterversorgten Kommunen und Regionen die Basis für den Erfolg entsprechend privatwirtschaftlich finanzierter Projekte", sagte Wolfgang Ruh, Geschäftsführer Vertrieb der BBV Deutschland. In Münster mochte die örtliche Politik - warum auch immer - nicht unterstützend eingreifen, in Reichartshausen hat sich der künftige Bürgermeister dafür stark gemacht und damit den erhofften Erfolg erzielt.

Wer steckt hinter der BBV?

Eigentümer der BBV ist der RiverRock European Opportunities Fund, ein auf kleine und mittlere Unternehmen spezialisierter Investor mit Schwerpunkt in Deutschland und Westeuropa. Der Schwerpunkt des Netzwerkausbaus liegt nach eigenen Angaben in "unterversorgten, ländlichen Gebieten ohne ausreichende Breitbandanbindungen". Je nach Region gibt es regionale Unterorganisationen, die vor Ort aktiv sind.

Eine Einschätzung

Glasfaser ist in aller Munde. Kommt es aber zum Schwur, muss in vielen Fällen ein kompletter Ort vom Industriebetrieb bis zur Ruheständlerin in ihrem kleinen Häuschen für den Ausbau mit Glasfaser unterschreiben, denn sonst rechnet es sich für die teilweise mittelständischen Unternehmen nicht, rein eigenwirtschaftlich - sprich ohne staatliche Förderung - auszubauen. Selbst wenn viele Interessenten unterschreiben, ist noch nicht sicher, ob und wann die Glasfaser wirklich in die Häuser kommt. Wenn ein Breitband-Unternehmen, das kaum bekannt ist, für Glasfaser wirbt, sind die Kunden verständlicherweise noch zurückhaltender. Dabei ist das Angebot von 40 Euro für 100 MBit/s symmetrisch, sofern die Preise stabil bleiben, ein echtes Schnäppchen. Würde die Telekom ab morgen flächendeckend Glasfaser bis in die Häuser ausrollen wollen, dürfte die Zustimmungsquote vielleicht etwas höher sein, aber garantiert ist das nicht. In der Vergangenheit wurde da schon einmal mit "Drückerkolonnen" etwas "nachgeholfen", was viel Frust und Ärger erzeugt und eher geschadet als genutzt hat.

So hart es klingt: Viele potenzielle Kunden, die heute schon mit 16 oder 50 MBit/s zufrieden sind, weil sie glauben, gar keine Videos oder Fernsehprogramme streamen zu wollen, sind wenig motiviert, sich in Mehrkosten für einen neuen schnelleren Anschluss zu stürzen. Wo es eine örtlich gut funktionierende "Community" gibt, wo Bürger und Bürgermeister an einem Strang ziehen, kann es auch Glasfaser geben. Auf die Dauer kommt das Land an einem Vollausbau mit Glasfaser nicht vorbei.

Mit kleinen Schritten geht es auf die Gigabit-Gesellschaft zu, den bisherigen Weg dahin haben wir beleuchtet: So hat sich die Bandbreite entwickelt.

vorherige Seite:

Mehr zum Thema Glasfaser