Yandex und VKontakte: Alternativen zu Google & Facebook?
@ LaCatrina-Fotolia / Montage: teltarif.de Wer im Besitz eines Android-Smartphones ist, hat quasi zwangsweise auch ein Google-Konto und nutzt womöglich den vorinstallierten Email-Dienst Gmail. Nicht wenige Nutzer loggen sich vermutlich ebenso täglich bei Facebook ein, um mit Familie, Freunden und Kollegen in Kontakt zu bleiben. Wer im Internet nach Informationen sucht, bemüht in der Regel Google. Vielleicht hat der eine oder andere Kunde darüber hinaus bereits einen Smartspeaker des Internet-Riesen im Wohnzimmer.
Ein Leben ohne diese Dienste dürften sich viele Menschen im Alltag überhaupt nicht mehr vorstellen können. Schließlich sind sie nicht nur ungemein praktisch, sondern in der Regel auch kostenlos. Wobei diese Aussage relativ ist, denn die Währung bei Google und Facebook lautet natürlich nicht Dollar, sondern Daten. Auf Servern jenseits des Atlantiks liegt sozusagen das ganze Leben zahlreicher Internetnutzer aus Deutschland. Eine beängstigende Vorstellung, mit der sich viele Menschen aber schon längst arrangiert haben. Schließlich gibt es ohnehin keine Konkurrenz und einem geschenkten Gaul schaut man bekanntlich nicht ins Maul. Aber gibt es wirklich keine Alternativen, als seine wertvollen Daten in die USA zu schicken?
Blick nach Russland
@ LaCatrina-Fotolia / Montage: teltarif.de Alternativen zu den großen amerikanischen Playern im Bereich Internet finden sich üblicherweise nicht in Europa. Eigentlich kommen überhaupt nur zwei weitere Länder infrage, die sich in diesem Bereich stark engagieren - genauer gesagt in China und Russland. Vor allem in Russland haben sich mit Yandex und VKontakte in den vergangenen Jahren zwei besonders starke Herausforderer positioniert, die es auf globaler Ebene mit Google und Facebook aufnehmen wollen.
Ganz sicher ist hier gesunde Skepsis angebracht. Wer seine Daten nicht in die USA schicken will, wird sich beim Thema Russland sicher nicht besser fühlen. Denn das riesige Reich Putins gilt im Bereich Datenschutz und Rechtsstaatlichkeit allgemein hin ebenso nicht gerade als großes Vorbild. Allein die Hackerattacken gegen politische Institutionen im Westen wecken unschöne Erinnerungen. Wenn man einen Blick auf die beiden großen Dienste wirft, zeigt sich schnell, dass blindes Vertrauen in die andere Seite ebenfalls problematisch sein kann.
Yandex
Bereits vor rund zehn Jahren erreichte Yandex, das vor allem durch die gleichnamige Suchmaschine bekannt wurde, in Russland einen Marktanteil von 64 Prozent und spielt dort somit eine entschieden größere Rolle als Google in anderen westlichen Ländern. Doch die Unternehmen sind sich weitaus ähnlicher, als man vielleicht auf den ersten Blick denkt.
Wie auch sein amerikanisches Pendant besteht Yandex mittlerweile aus einem regelrechten Konglomerat an verschiedenen Internet-Produkten. Im Kern befindet sich natürlich die Suchmaschine, darüber hinaus gibt es unter anderem einen Browser, Kartendienst, Email-Postfächer sowie einen eigenen Appstore. Selbst im Bereich autonomes Fahren engagiert sich Yandex mittlerweile und ist damit wohl als (weniger bekannte) Konkurrenz zur Google-Tochter Waymo anzusehen. Die meisten von Yandex angebotenen Dienste sind ebenfalls kostenlos und finanzieren sich weitestgehend durch Werbung.
Es ist offensichtlich, dass Yandex Kundendaten sammelt, um zum Beispiel Werbung zu adressieren. Das alleine wäre nicht der Hauptkritikpunkt, jedoch lohnt es sich durchaus, einen Blick auf die Personen hinter Yandex zu werfen. Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens ist der russische Informatiker und Multimilliardär Arkadi Wolosch, dem äußerst enge Verbindungen zum Kreml nachgesagt werden. Wolosch steht auf der so genannten "Oligarchen-Liste" der US-Regierung. Die Liste enthält Namen hochrangiger wohlhabender russischer Persönlichkeiten und Unternehmer, die wirtschaftlich direkt oder indirekt vom Putin-Regime profitieren. In der Vergangenheit hatten die USA diese Personen immer wieder mit Sanktionen belegt.
Was konkret mit Kundendaten und Informationen passiert, die auf russischen Servern liegen, lässt sich nur schwer einschätzen. Es ist aber durchaus sehr wahrscheinlich, dass Unternehmen wie Yandex im Gegensatz zu Google nicht primär wirtschaftliche, sondern vielmehr politische Interessen verfolgen.
VKontakte
Bei VKontakte (vk.com) handelt es sich im Grunde genommen um einen optischen Facebook-Klon, für den offensichtlich weite Teile des Facebook-Designs bzw. des User-Interface "übernommen" wurden. In Russland zählt das soziale Netzwerk mit Sitz in Sankt Petersburg bereits zur drittpopulärsten Website. Von rund 100 Millionen aktiven Nutzern (Stand 2014) stammen die meisten aus Russland und der Ukraine, allerdings zählt VKontakte mittlerweile auch in Deutschland zu den am häufigsten besuchten Internet-Seiten und schaffte es laut Informationsdienst Alexa Internet auf Platz 9.
Eigentümer des sozialen Netzwerks ist die russische Investmentfirma Mail.Ru Group, hinter der wiederum unter anderem der russische Oligarch Alischer Usmanow steht. Auch ihm werden außerordentlich gute Kontakte zum Kreml nachgesagt, weshalb er US-Sanktionen fürchten musste und sich aus der operativen Führung des Unternehmens zurückzog.
VKontakte gilt in Deutschland als besonders stark umstritten. Westliche Sicherheitsbehörden und Geheimdienste stufen das Netzwerk als "sicheren Hafen" für Rechtsextremisten, Verschwörungstheoretiker und Propagandamaschine des Kreml ein. Im Gegensatz zu Facebook werden Beiträge, die in Deutschland als strafrechtlich relevant gelten, aus Erfahrungen praktisch nicht gelöscht. Experten gehen davon aus, dass VKontakte nicht einfach nur als soziales Netzwerk konzipiert wurde, sondern ganz gezielt Einfluss auf Mitglieder und die Diskussionskultur im Westen nehmen will. Ziel sei es, deren politische Systeme von innen zu destabilisieren und eine neue Meinungshegemonie gegen liberale Werte zu installieren. Trotz seiner steigenden Popularität liegt der Bekanntheitsgrad von VKontakte in Europa aber insgesamt noch deutlich hinter dem US-Marktführer zurück.
Fazit
Mit Yandex und VKontakte sind zwei mächtige Gegner zu Google und Facebook herangewachsen. Letztendlich sollte man sich bei Verwendung dieser Dienste jedoch darüber bewusst sein, dass diese im Gegensatz zu ihren amerikanischen Pendants de facto keinerlei rechtsstaatlicher Kontrolle unterliegen, zweifelhafte politische Verbindungen zum Kreml haben und es keinerlei Kenntnisse darüber gibt, was mit den Daten der Nutzer auf russischen Servern passiert.
Generell gilt der Rat mit seinen eigenen Daten und Informationen im Internet stets sparsam umzugehen. Ganz besonders, wenn der Webseiten-Betreiber nicht in Deutschland oder der EU sitzt.