Handelskrieg

5G: Huawei und Europa bleiben auf Tuchfühlung

Die USA üben Druck auf ihre euro­päischen Verbün­deten aus, keine Geschäfte mit Huawei zu machen. Die Euro­päer wollen sich aber nicht vorschreiben lassen, wem sie den Aufbau ihrer 5G-Netze anver­trauen wollen.
Von dpa / Wolfgang Korne

Huawei-Gründer Ren Zhengfei hat ein Faible für Europa. Auf dem Campus Ox Horn in Dongguan gibt es einen Nachbau der Heidelberger Brücke. Huawei-Gründer Ren Zhengfei hat ein Faible für Europa. Auf dem Campus Ox Horn in Dongguan gibt es einen Nachbau der Heidelberger Brücke.
Bild: picture alliance/Simina Mistreanu/dpa
An einem Frei­tagmittag im Juni über­quert eine Gruppe Huawei-Mitar­beiter einen Nachbau der Alten Brücke von Heidel­berg auf dem Weg zu einer Cafe­teria nahe eines falschen Versailler Schlosses. Auf der 120 Hektar großen Fläche des neuen Firmen­campus in den Bergen vor der Stadt Shen­zhen im Südosten Chinas stehen Repliken von Gebäuden aus zwölf euro­päischen Städten. Sie zeigen, wie sehr der Firmen­gründer Ren Zhengfei Europas Kultur schätzt.

Europa will USA nicht folgen

Huawei-Gründer Ren Zhengfei hat ein Faible für Europa. Auf dem Campus Ox Horn in Dongguan gibt es einen Nachbau der Heidelberger Brücke. Huawei-Gründer Ren Zhengfei hat ein Faible für Europa. Auf dem Campus Ox Horn in Dongguan gibt es einen Nachbau der Heidelberger Brücke.
Bild: picture alliance/Simina Mistreanu/dpa
Doch jetzt steht der welt­größte Netz­werk­ausrüster auf dem alten Konti­nent vor einer beson­deren Heraus­forde­rung. Inmitten seines Handels­kriegs mit den USA bewirbt sich das chine­sische Unter­nehmen in Europa um Verträge für den Aufbau des 5G-Netzes.

Washington wirft Huawei vor, es helfe der Regie­rung in Peking, andere Länder auszu­spio­nieren. Die USA üben Druck auf ihre euro­päischen Verbün­deten aus, deshalb nicht mehr mit dem chine­sischen Unter­nehmen zusam­menzu­arbeiten. Damit haben sie bisher nur begrenzten Erfolg. Huawei und Peking weisen die Vorwürfe zurück.

Es geht um viel Geld

Wenn es um das rich­tige Unter­nehmen für den Ausbau der 5G-Infra­struktur geht, wiegen euro­päische Regie­rungen und Tele­kommu­nika­tions­firmen ihre Optionen vorsichtig ab. Ihre Entschei­dung kann bedeu­tende wirt­schaft­liche Auswir­kungen haben. Die 5G-Tech­nologie ist bis zu 100 Mal schneller als 4G. Sie soll unter anderem super­schnelle Verbin­dungen für digi­tali­sierte Fabriken, fahrer­lose Autos und smarte Haus­halts­geräte schaffen.

"Das führende 5G-Unter­nehmen wird im Lauf der kommenden zehn Jahre Hunderte Milli­arden Dollar verdienen. Dazu kommen viele neue Jobs im gesamten Sektor draht­lose Tech­nologie", heißt es in einem Experten-Bericht für das US-Vertei­digungs­minis­terium.

Huawei ist eine Markt­macht - und will es bleiben

Huawei hatte im vergan­genen Jahr mit 40 Prozent den größten Markt­anteil unter den Netz­werk­ausrüs­tern in Europa, im Nahen Osten und in Afrika, gefolgt von dem schwe­dischen Unter­nehmen Ericsson mit 36, Chinas ZTE mit elf und Nokia aus Finn­land mit zehn Prozent. Doch im Mai erlitt die Firma einen Rück­schlag, als Washington Huawei auf eine schwarze Liste von Unter­nehmen setzte, mit denen US-Firmen nur unter beson­deren Auflagen Handel treiben dürfen.

Im Juni redu­zierte Ren die Umsatz­prognose für Huawei in den kommenden zwei Jahren um 30 Milli­arden Dollar. Im ersten Habjahr wuchs der Umsatz des Konzerns zwar noch deut­lich. Konkrete Angaben dazu, wie das Geschäft durch die US-Sank­tionen bereits gelitten hat, machte Huawei bei der Vorlage der Zahlen in dieser Woche aller­dings nicht. Es seien noch viele Löcher zu stopfen, sagte Verwal­tungs­rats­chef Liang Hua. Dafür wolle das Unter­nehmen massiv inves­tieren.

Mission: Vertrauen festigen

Bei seinen Geschäfts­part­nern in Europa könne Huawei nicht viel mehr tun, als auf den Vertrau­ensbonus der vergan­genen 15 Jahre zu setzen und für mehr Trans­parenz zu sorgen, heißt es bei dem Unter­nehmen. Zu diesem Zweck hat Huawei an Orten wie Brüssel, Bonn oder im briti­schen Banbury mehrere Zentren für Cyber­sicher­heit ange­siedelt, wo Regie­rungen seine Produkte testen können.

"Ich arbeite seit 20 Jahren für diese Firma und ich würde sagen, dass dies die schlimmste und die schwie­rigste Zeit für Huawei ist", sagt der Geschäfts­führer für West­europa, Vincent Peng. Die Stim­mung der Mitar­beiter sei aber weiter gut.

Euro­päische Länder bisweilen noch unent­schlossen

Ein Ausschuss des briti­schen Parla­ments kam jüngst zu dem Schluss, dass es keine tech­nischen Gründe für ein Verbot von Huawei gebe. Betreiber wurden jedoch ange­wiesen, Huawei aus Sicher­heits­gründen vom "Kern" ihrer Netz­werke fern­zuhalten. So haben einige Mobil­funk­anbieter in Groß­britan­nien bereits mit dem Ausbau ihrer 5G-Dienste mit Huawei-Zubehör begonnen.

Huawei hat zudem 5G-Verträge in Italien, Monaco, Spanien, der Schweiz, den Nieder­landen und anderen euro­päischen Ländern, wo das Unter­nehmen laut seinem Spre­cher Joe Kelly über Geheim­haltungs­verträge verfügt. Insge­samt hat das Unter­nehmen mehr als 50 5G-Verträge welt­weit, 28 davon in Europa.

Länder wie Deutsch­land sind noch unsi­cher, ob sie Huawei ihre Mobil­funk­netze anver­trauen wollen. Anders als Austra­lien, Neusee­land oder Japan hat aber bisher kein euro­päischer Staat auf die Bitte der USA hin ein Verbot ausge­spro­chen. "(Euro­päische) Länder mögen es nicht, wenn man ihnen diktiert, was sie tun sollten, wenn es sich negativ auf die Qualität ihrer tech­nischen Infra­struktur auswirkt", sagt der Stra­tegie­professor Michael Jaco­bides von der Londoner Busi­ness School.

Experten: Unter­schied­liche Stan­dards in Ost und West drohen

Nach Meinung deut­scher Experten ist Huawei bei der 5G-Technik der Konkur­renz rund zwei Jahre voraus. Die Manager des Unter­nehmens führen das auf Milli­arden­inves­titionen in Forschung und Entwick­lung in den vergan­genen Jahren zurück. Die USA werfen Huawei unter­dessen vor, Geschäfts­geheim­nisse von Wett­bewer­bern wie T-Mobile gestohlen zu haben.

Sollte die US-Kampagne gegen Huawei Erfolg haben, könnte diese zu einem "Eisernen Tech­nologie-Vorhang" mit unter­schied­lichen Stan­dards zwischen Ost und West führen, warnen Experten. Inmitten all der Aufre­gung bemühen sich euro­päische Staaten unter­dessen um Ausgleich. Die Euro­päer wollten die poli­tische Tür offen­halten, sagt Marcus Gloger, ein Partner bei der Bera­terfirma Stra­tegy& in Deutsch­land. Hier­zulande wolle niemand eine "Auftei­lung der Welt in eine west­liche und eine östliche Halb­kugel."

Während die 5G-Geschäfte für Huawei weiterhin halb­wegs gut laufen, ist die Zukunft der Smart­phone-Sparte unge­wiss. Durch den US-Bann weiß Huawei derzeit nicht, ob seine zukünf­tigen Geräte mit Android und Zugang zu Google-Apps wie Maps oder GMail ausge­liefert werden können. teltarif.de berich­tete.

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