Europa ist nicht Europa: Kostenfallen mit Handy im Ausland
Kommen wir zu einem der ältesten GSM-Staaten, der Schweiz.
Schweiz
Die Schweiz liegt mitten in Europa und in vielen Dingen assoziiert, sprich EU-Richtlinien werden nach und nach in Schweizer Recht überführt, für mobiles Telefonieren und Surfen gilt das aber nur eingeschränkt. Kunden der Deutschen Telekom können sich glücklich schätzen, da die Telekom für Schweiz-Reisen bei Laufzeitverträgen die gleichen Tarife wie beim EU-Roaming ("Roam like Home") berechnet. Bei Prepaid hingegen ist die Telefonie grauenhaft teuer (1,49 Euro pro Minute nach Deutschland und ankommend 69 Cent pro Minute). Dafür gilt bei Telekom Prepaid das gebuchte Datenvolumen aus der Heimat auch in der Schweiz. Falls Sie über einen VoIP-Client telefonieren würden, z.B. Sipgate Satellite oder über einen extra zu buchenden VoIP-Provider, können Sie dennoch entspannt telefonieren, weil das für die Telekom reiner Datentransport ist. WLAN-Call (WiFi-Call) ist bei Prepaid der Telekom noch nicht möglich.
Kunden von Vodafone oder Telefónica sollten sich die Begrüßungs-SMS anschauen und dann ihr Handy am besten komplett abschalten, um unnötige Kosten zu vermeiden. Wer öfters in der Schweiz unterwegs ist, kann sich in einem Handyladen eine Prepaid-Karte von Swisscom, Sunrise oder Salt (frühere Orange Schweiz) oder von einer der vielen Discount-Marken (wie WinGo und andere) kaufen. Nach Vorlage des Personalausweise/Reisepasses wird die Karte mit deutscher Adresse gleich registriert und aktiviert.
Kunden von Service-Providern oder Discountern im Telekom-Netz müssen auch aufpassen, die günstigen Schweiz-Tarife von "Original"-Telekom gelten nicht unbedingt.
Nord-Zypern
Die Insel Zypern ist zweigeteilt. Zypern (südlicher Teil) ist Mitglied der EU. Im Norden der Insel befindet sich die türkische Republik Nord-Zypern (KKTC = Kuzey Kibris Türk Cumhuriyeti), die politisch nur von der Türkei anerkannt wird und deshalb ein eigenes Mobilfunknetz hat. Wer die Insel Zypern bereist, sollte im Grenzgebiet genau aufpassen, damit sich das Handy nicht aus Versehen in ein Netz der KKTC einbucht, wovon es zwei verschiedene gibt. Andernfalls würden die für die Türkei üblichen Tarife gelten (bei Telekom Ländergruppe 2, Telefónica Zone 3, also 1,49 Euro pro Minute abgehend bzw. 0,69 Euro pro Minute ankommend).
Französische Übersee-Departements
Wer eine Fernreise in ein französisches Übersee-Departement (zum Beispiel Reunion, St. Barthelmy oder frz. Guyana) macht, ist lange unterwegs, bleibt aber tariftechnisch in der EU. Bitte darauf achten, dass Sie in ein französisches Mobilfunknetz einbuchen.
Kreuzfahrtschiffe, Flugzeuge
Sie denken, 2,99 Euro pro Minute ist schon teuer genug? Es geht noch deutlich teurer!
Wenn Sie eine SMS empfangen "Willkommen an Bord von ...", dann ist höchste Aufmerksamkeit geboten. Mitunter soll schon ein Hafenspaziergang oder der Aufenthalt in der Anflugszone eines internationalen Flughafens ausgereicht haben, um sich aus Versehen in ein solches Schiffs- oder Flugzeugnetz einzubuchen. Netze in Flugzeugen und auf Kreuzfahrtschiffen sind - preislich gesehen - weltweit völlig unreguliert. Sie dürfen offiziell erst außerhalb des Hoheitsgebietes eines Landes in Betrieb gehen. Sie nehmen für den Komfort, in der Luft oder auf hoher See jederzeit mobil telefonieren (und surfen) zu können, "Goldbarren by Call", wie es teltarif.de-Kollege Markus Weidner formulieren würde. Und es spielt dabei auch keine Rolle, ob ein Schiff oder ein Flugzeug sich nur innerhalb der EU bewegt - auch in diesen Fällen ist EU-Roaming möglich!
Konkret kostet die Minute bei der Telekom abgehend 3,99 Euro pro Minute, ankommend sind es "günstige" 1,99 Euro pro Minute. Selbst eine SMS schlägt mit 99 Cent pro 160 Zeichen tief ins Budget, falls man zum Beispiel frisch verliebt sein sollte. Surfen würde mit 99 Cent pro 50 kB kosten, ein Megabyte käme so bei der Telekom auf einen rechnerischen Preis von 20,27 Euro, ein Gigabyte würde schlappe 20.761 Euro (ja richtig - über zwanzigtausend Euro) kosten. Der Begriff "Wucher" dürfte hier zurecht angebracht sein. Die Schiffsnetzbetreiber begründen die aberwitzigen Kosten mit dem hohen technischen Aufwand.
Bei Telefónica ist besondere Vorsicht geboten: Hier ändern sich die Preise monatlich und liegen auf einer speziellen o2-Infoseite zum Download bereit, das Downloadarchiv reicht bis 2017 zurück. o2 unterscheidet tariflich zwischen verschiedenen Reedereien oder Anbietern von Schiffs- und Flugtelefonie. "Costa Cruises" berechnet beispielsweise über Telefónica-o2 nur 4,46 Euro abgehend pro Minute nach Deutschland und eingehend sogar 5,16 Euro (!). Ein absolutes NoGo. Da hilft auch die Fußnote nicht, dass der Dienst nur "eingeschränkt" verfügbar sei.
Nützliche Links zu den Netzbetreiber
Alle drei deutschen Netzbetreiber informieren auf ihren Seiten mehr oder weniger ausführlich über Roaming-Tarife. Bei der Telekom findet sich die Seite "Telefonieren im Ausland" unter https://www.telekom.de/roaming.
Die Vodafone-Preise im Ausland werden unter https://www.vodafone.de/roaming erklärt.
Die Telefónica-Preise im Ausland findet man unter https://www.o2online.de/service/vertrag-tarif/ausland-roaming/. Vorbildlich ist die Telefónica-Sonderpreislisten unter https://www.o2online.de/service/downloads/preislisten/.
Vor der Reise
Aktualisieren Sie Ihren Tarif. In Alttarifen (z.B. bei Vodafone) gelten teilweise abweichende Bedingungen, beispielsweise könnte die Schweiz noch nicht enthalten sein. Bei Alttarifen kann es auch schwierig sein, die aktuell geltenden Tarife auf der Homepage des Anbieter herauszufinden. Bereiten Sie Ihren Urlaub vor. Stellen Sie ihren Tarif rechtzeitig um und buchen Sie, falls erforderlich, die passenden Optionen schon von zu Hause aus. Falls Sie mehrere exotische Ziele ansteuern, könnte die Beschaffung einer Roaming-SIM interessant sein, beispielsweise bei Reisen in Länder außerhalb des EWR oder der Europäischen Union.
Fazit:
Wer regelmäßig in die Schweiz oder durch die Schweiz (z.B. nach Italien) fährt und dort mobil telefonieren und ein wenig surfen möchte, kommt um einen Tarif der Deutschen Telekom nicht herum. Sei es als Hauptkarte oder wenigstens als Zweitkarte und es sollte ein Original-Telekom Tarif sein, für kostenbewusste Menschen der Wenignutzer kann es Magenta Prepaid sein. Der Grund ist schlicht und einfach der, dass die Schweiz derzeit nur von der Telekom den EU-Ländern (weitgehend) gleich gestellt wird. Bei Vodafone müssten bei Bedarf extra Optionen oder Pakete gebucht werden. Das ist lästig und kann leicht vergessen werden. Dann wird es teuer. Telefónica ist in der Schweiz "gerade noch" bezahlbar, günstig geht anders.
Wer in Länder wie Monaco oder San Marino kommt, sollte die Netzwahl von Automatik auf Manuell umstellen und vor jedem Telefonat erst einmal prüfen, wo sich das Telefon ins richtige Netz eingebucht hat. In Monaco kann man ein französisches Netz auswählen, in San Marino ein italienisches.
Auf dem Balkan, also in Serbien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo oder in Albanien muss man auch wieder genau hinschauen. Ist ein längerer Aufenthalt geplant, könnte eine lokale Prepaid-Karte hilfreich sein oder man schränkt sich auf das "Allernötigste" ein oder schaltet ab oder sucht nach einem lokalen WLAN.
Bei Ländern außerhalb der EU ist alles klar: Sie sind und bleiben in der Regel teuer.
Weitere viele Informationen zum Thema Roaming und Handy-Nutzung im Ausland finden Sie jederzeit in unserem Roaming-Ratgeber.