Technik

Handy-Kameras: Klein und scharf passt nicht zusammen

Licht lässt sich nicht einsperren. Was wie eine Binsen­weis­heit klingt, hat drama­tische Folgen für Kamera-Handys: Ein anschau­liches Expe­riment von teltarif.de mit einem Laser zeigt, dass Fotos um so unschärfer werden, je mehr man die Kamera verklei­nert.
Von / Julian Ruecker

Um über­haupt scharfe Bilder schießen zu können, benö­tigt eine Kamera eine Linse: Diese sammelt das vom foto­grafierten Gegen­stand ausge­hende Licht und fokus­siert es auf den Film bzw. Sensor. Im Ideal­fall kommen alle Licht­strahlen, die von einem Objekt­punkt ausgehen, auf dem Film bzw. Sensor wieder in genau einem Punkt zusammen.

Meist direkt hinter der Linse sitzt die Blende. Das ist eine Scheibe mit einem Loch in der Mitte. Durch dieses Loch erfolgt die Aufnahme. Der Rest der Scheibe verdeckt hingegen Licht­strahlen aus den beson­ders stark verzer­renden Außen­berei­chen der Linse oder regelt bei größeren Kameras über seine Größe auch die insge­samt einfal­lende Licht­menge.

Die Blen­denöff­nung wirkt nun wie der Spalt in dem auf der vorher­gehenden Seite darge­stellten Expe­riment und beugt das Licht. Aller­dings erfolgt die Aufwei­tung sowohl nach links/rechts als auch nach oben/unten, da der Blen­denring das einfal­lende Licht sowohl hori­zontal als auch vertikal begrenzt.

Am Ende treffen sich die Strahlen, die von einem Objekt­punkt ausge­gangen sind, nicht mehr in einem Punkt auf dem Film, sondern in einem kleinen Fleck. Dieser wird als Beugungs­scheib­chen bezeichnet.

Beugung an der Linse bzw. an der Blende: Unschärfe unver­meidbar

Eine typi­sche Blende mit der Blen­denzahl von 2,8 verur­sacht bei gelb-orangem Licht (590 Nano­meter Wellen­länge) auf dem Sensor 4000 Nano­meter große Beugungs­scheib­chen. Das ist doppelt so hoch und doppelt so breit wie die oben genannte Pixel­größe einer kleinen 3,2-Mega­pixel-Handy-Kamera! Da aller­dings neben­einan­derlie­gende Pixel immer verschie­dene Farben aufnehmen, beträgt das effek­tive Pixel­raster eben­falls 4000 Nano­meter (für rote und blaue Pixel) bzw. 2800 Nano­meter (grüne Pixel), sodass die Beugungs­scheib­chen mit 4000 Nano­meter gerade noch akzep­tabel sind.

Stei­gert man die Auflö­sung aber von 3,2 Mega­pixel bei unver­änderten Abmes­sungen auf 8 Mega­pixel, über­deckt das Beugungs­scheib­chen bereits ca. zehn Pixel. Feine Details des Objekts werden somit zwangs­läufig unscharf auf den Sensor abge­bildet; dessen hohe Pixel­zahl kann nicht mehr zur Geltung kommen.

Mehr Raum!

Prin­zipiell gibt es eine einfache Lösung für dieses Problem: Die gesamte Kamera maßstäb­lich vergrö­ßern. Zum Beispiel wäre eine Verdop­pelung der Größe von Linse, Blende und Sensor und ebenso eine Verdop­pelung des Abstands von Linse bzw. Blende zum Sensor eine mögliche Lösung. Durch die doppelte Blen­dengröße halbieren sich die Beugungs­effekte, durch den verdop­pelten Abstand von Linse bzw. Blende zum Sensor verdop­peln sie sich aber wieder. Beide Einflüsse heben sich gegen­seitig auf, sodass die Beugungs­scheib­chen trotz "Verdopp­lung" der Handy-Kamera unver­ändert groß bleiben.

Jedoch vergrö­ßern sich mit der Kamera auch die Sensor-Pixel und folg­lich über­decken die unver­ändert großen Beugungs­scheib­chen in einer vergrö­ßerten Kamera entspre­chend weniger Pixel, wie man im Vergleich der beiden letzten Grafiken erkennt. Und so hat eine digi­tale Spie­gelre­flex­kamera mit einem Voll­format-Sensor (36 mal 24 Milli­meter) trotz 25 Mega­pixel bei Blen­denzahl 2,8 keinerlei Beugungs­probleme, während die eben­falls betrach­tete 8-Mega­pixel-Handy­kamera massiv beugungs­beschränkt arbeitet.

Es würde übri­gens reichen, Linse und Blende bei unver­ändertem Abstand zum Sensor zu vergrö­ßern, sodass die Blen­denzahl und damit auch die Größe der Beugungs­scheib­chen entspre­chend sinkt. Jedoch nimmt unter­halb einer Blen­denzahl von 2,8 der konstruk­tive Aufwand, der für ein gutes, scharf abbil­dendes Kame­raob­jektiv zu treiben ist, sehr schnell zu.

Lesen Sie auf der letzten Seite, welche weiteren Vorteile größere Kameras besitzen und was die "effektiv fehlenden Pixel" in der Praxis bedeuten.