Handy-Kameras: Klein und scharf passt nicht zusammen
Um überhaupt scharfe Bilder schießen zu können, benötigt eine Kamera eine Linse: Diese sammelt das vom fotografierten Gegenstand ausgehende Licht und fokussiert es auf den Film bzw. Sensor. Im Idealfall kommen alle Lichtstrahlen, die von einem Objektpunkt ausgehen, auf dem Film bzw. Sensor wieder in genau einem Punkt zusammen.
Meist direkt hinter der Linse sitzt die Blende. Das ist eine Scheibe mit einem Loch in der Mitte. Durch dieses Loch erfolgt die Aufnahme. Der Rest der Scheibe verdeckt hingegen Lichtstrahlen aus den besonders stark verzerrenden Außenbereichen der Linse oder regelt bei größeren Kameras über seine Größe auch die insgesamt einfallende Lichtmenge.
Die Blendenöffnung wirkt nun wie der Spalt in dem auf der vorhergehenden Seite dargestellten Experiment und beugt das Licht. Allerdings erfolgt die Aufweitung sowohl nach links/rechts als auch nach oben/unten, da der Blendenring das einfallende Licht sowohl horizontal als auch vertikal begrenzt.
Am Ende treffen sich die Strahlen, die von einem Objektpunkt ausgegangen sind, nicht mehr in einem Punkt auf dem Film, sondern in einem kleinen Fleck. Dieser wird als Beugungsscheibchen bezeichnet.
Beugung an der Linse bzw. an der Blende: Unschärfe unvermeidbar
Eine typische Blende mit der Blendenzahl von 2,8 verursacht bei gelb-orangem Licht (590 Nanometer Wellenlänge) auf dem Sensor 4000 Nanometer große Beugungsscheibchen. Das ist doppelt so hoch und doppelt so breit wie die oben genannte Pixelgröße einer kleinen 3,2-Megapixel-Handy-Kamera! Da allerdings nebeneinanderliegende Pixel immer verschiedene Farben aufnehmen, beträgt das effektive Pixelraster ebenfalls 4000 Nanometer (für rote und blaue Pixel) bzw. 2800 Nanometer (grüne Pixel), sodass die Beugungsscheibchen mit 4000 Nanometer gerade noch akzeptabel sind.
Steigert man die Auflösung aber von 3,2 Megapixel bei unveränderten Abmessungen auf 8 Megapixel, überdeckt das Beugungsscheibchen bereits ca. zehn Pixel. Feine Details des Objekts werden somit zwangsläufig unscharf auf den Sensor abgebildet; dessen hohe Pixelzahl kann nicht mehr zur Geltung kommen.
Mehr Raum!
Prinzipiell gibt es eine einfache Lösung für dieses Problem: Die gesamte Kamera maßstäblich vergrößern. Zum Beispiel wäre eine Verdoppelung der Größe von Linse, Blende und Sensor und ebenso eine Verdoppelung des Abstands von Linse bzw. Blende zum Sensor eine mögliche Lösung. Durch die doppelte Blendengröße halbieren sich die Beugungseffekte, durch den verdoppelten Abstand von Linse bzw. Blende zum Sensor verdoppeln sie sich aber wieder. Beide Einflüsse heben sich gegenseitig auf, sodass die Beugungsscheibchen trotz "Verdopplung" der Handy-Kamera unverändert groß bleiben.
Jedoch vergrößern sich mit der Kamera auch die Sensor-Pixel und folglich überdecken die unverändert großen Beugungsscheibchen in einer vergrößerten Kamera entsprechend weniger Pixel, wie man im Vergleich der beiden letzten Grafiken erkennt. Und so hat eine digitale Spiegelreflexkamera mit einem Vollformat-Sensor (36 mal 24 Millimeter) trotz 25 Megapixel bei Blendenzahl 2,8 keinerlei Beugungsprobleme, während die ebenfalls betrachtete 8-Megapixel-Handykamera massiv beugungsbeschränkt arbeitet.
Es würde übrigens reichen, Linse und Blende bei unverändertem Abstand zum Sensor zu vergrößern, sodass die Blendenzahl und damit auch die Größe der Beugungsscheibchen entsprechend sinkt. Jedoch nimmt unterhalb einer Blendenzahl von 2,8 der konstruktive Aufwand, der für ein gutes, scharf abbildendes Kameraobjektiv zu treiben ist, sehr schnell zu.
Lesen Sie auf der letzten Seite, welche weiteren Vorteile größere Kameras besitzen und was die "effektiv fehlenden Pixel" in der Praxis bedeuten.