Virtuell

HTC Vive: VR-Spaß für Betuchte

Die HTC Vive soll die Virtual Reality ins Wohnzimmer bringen. Wir haben die VR-Brille ausprobiert.
Von der IFA in Berlin berichtet Hans-Georg Kluge

Der kriselnde Smart­phone-Hersteller HTC hat Ende Februar auf dem MWC eine eigene Virtual-Reality-Brille angekündigt - die HTC Vive. Zusammen mit dem Spieleentwickler Valve will HTC ein Gaming-System etablieren, das gegen die Konkurrenz wie Oculus Rift oder Googles Cardboard ausstechen soll. Ich konnte auf der IFA die aktuelle Entwickler-Version der Vive ausprobieren. Dabei konnten wir noch keinen Blick auf das finale Design werfen - das soll erst zum Marktstart gezeigt werden.

Technik: Bildübertragung erfordert ein Kabel

Entwickler-Version der HTC Vive: Kleine Spiegel reflektieren Laserstrahlen Entwickler-Version der HTC Vive: Kleine Spiegel reflektieren Laserstrahlen
Bild: teltarif.de
Bei der HTC Vive handelt es sich um eine VR-Brille, die das Blickfeld des Nutzers komplett abdunkelt und bedeckt. Zwei kleine Bildschirme mit der Auflösung von je 1200 mal 1080 Pixel stellen für jedes Auge ein perspektivisch angepasstes Bild dar - das Gehirn setzt diese beiden Bilder zu einem 3D-Raum zusammen. Als Zuspieler der Bildsignale kommt ein leistungsfähiger Computer zum Einsatz. Laut HTC-Angaben liegt die Bildwiederholrate bei 90 Hertz.

Um den Spieler im Raum zu erkennen, spannt HTC ein Netz mit Laserstrahlen auf. Kleine Spiegel, die am Controller und am Headset des Spielers angebracht sind, reflektieren diese. Das Vive-System kann aus diesen Informationen die Position und den Blickwinkel des Spielers berechnen. Das soll mit dieser Technik deutlich schneller und präziser funktionieren als beispielsweise über einen Lagesensor im Kopfteil.

Ein Nachteil zeigt sich schnell: HTC benötigt mehrere Kabel, um die Vive mit Strom sowie Bild- und Tonsignalen versorgen zu können. Aktuell seien drahtlose Schnittstellen noch nicht leistungsstark genug, um die Daten ohne Kabel übertragen zu können, so HTC.

Los geht's: Erste Eindrücke der HTC Vive

Zur IFA hatte HTC einige Exemplare der Vive mitgebracht und demonstrierte die Fähigkeiten. Dafür baute der Hersteller einen eigenen Stand mit einigen Demo-Räumen auf - diese waren jeweils rund 20 Quadratmeter groß.

Ein Controller für die Vive Ein Controller für die Vive
Bild: teltarif.de
Nachdem ich das Head-Teil der Vive aufgesetzt hatte, ging es gleich los: Ein Mitarbeiter reichte mir die beiden Controller, die ich sofort als Grafik in der virtuellen Welt sehen konnte. Es gelang leicht, diese zu greifen - obwohl gar kein realer visueller Kontakt bestand und ich auch meine Hände nicht sehen konnte. Dank Kopfhörer und Vive-Brille fühlte ich mich von der Realität beinahe abgekapselt.

Die virtuelle Welt ist prinzipiell unbegrenzt, was aber natürlich nicht für den tatsächlichen Raum gilt. Daher warnte die Vive mit einem türkisen Gitter, wenn ich mich einer (echten) Wand näherte.

VR-Grafik beeindruckt

In mehreren Demos präsentierte HTC die Fähigkeiten der Vive. Ein beeindruckender Beginn war ein Schiffswrack, dass ich erkunden konnte. Die VR-Brille reagierte auf Kopfbewegungen sofort. So wirkte die virtuelle Welt sehr plastisch und lebendig. Die Vive kann durchaus Welten darstellen, bei denen der Spieler einen weiten Blick hat - dies wirkt durchaus spektakulär.

Ein Blick durch die Linse der Vive Ein Blick durch die Linse der Vive
Bild: teltarif.de
Mit den beiden Controllern interagiert der Spieler mit der virtuellen Welt. Das klappte zum Teil ganz gut - schwieriger ist es jedoch, präzise Bewegungen wie zum Beispiel Gegenstände zu greifen.

Während der Vorführung störte das Kabel der Vive meist nicht. Allerdings verliert der Spieler schon recht schnell die Orientierung im realen Raum und das Kabel ist an den Beinen und Füßen manchmal zu spüren - bei den Demos war das nicht problematisch. Fraglich ist aber, was passiert, wenn schnellere Action- oder Sportspiele für die Vive erscheinen. Diese dürften aber auch mangels räumlicher Bewegungsfreiheit eingeschränkt sein - immerhin kann der Spieler keine längeren Wege gehen, weil dafür der reale Raum gar nicht ausreicht.

Probleme mit Motion Sickness, die manche Tester von VR-Brillen beschreiben, hatte ich nicht.

Virtual Reality: Die Zukunft des Gaming?

Eine Nahaufnahme eines Controllers Eine Nahaufnahme eines Controllers
Bild: teltarif.de
So beeindruckend die Demonstration der HTC Vive auch war: Es ist schwer vorstellbar, dass dies die Zukunft des klassischen Gaming ist. Da ist zunächst der Platzbedarf: Wer hat schon einen großen Raum, den er für dieses Hobby verwenden kann? Es erscheint schwer vorstellbar, dass die Vive im heimischen Wohnzimmer ihr ganzes Potenzial zeigen kann, stehen dort doch oft Möbel im Weg, die die Bewegungsfreiheit stark einschränken.

Und dann auch der Preis: Konkrete Angaben dazu fehlen noch - aber ein ganz billiges Vergnügen wird die VR-Brille Vive nicht. Genauere Informationen dazu gibt es vielleicht schon Ende des Jahres, wenn die ersten Brillen ausgeliefert werden. Denkbar ist daher, dass VR-Systeme wie HTC Vive in Spiele-Centern angeboten wird - hier könnte ein Spieler sich einen Raum für ein paar Stunden mieten. Insofern erscheint die Vive eher als ein Geschäftsmodell, das im Rahmen der Shared-Economy funktionieren kann.

Die Konkurrenz schläft nicht: Oculus Rift gehört mittlerweile zu Facebook - allerdings verzögert sich der Marktstart. Die Einzelheiten dazu lesen Sie in einer eigenen Meldung.

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