Vodafone wirft Huawei aus dem Kernnetz
Auf politischer Ebene wird intensiv diskutiert, ob Technik aus China, speziell von Huawei aus deutschen Mobilfunknetzen "verbannt" werden soll.
Steffen Kötterheinrich12:07 Uhr Foto/Logo: Huawei, Grafik/Montage: teltarif.de
Der Mobilfunkbetreiber Vodafone will bis Ende 2020 alle Komponenten des chinesischen Ausrüsters Huawei aus den sensibelsten Bereichen seines Netzes in Deutschland entfernt haben. Das berichtet die in Düsseldorf erscheinende und gut informierte Wirtschaftszeitung Handelsblatt. Im sogenannten "Kernnetz" (englisch "Core-Network") würden bislang noch zu einem geringen Teil Komponenten von Huawei eingesetzt.
Ökonomische Gründe
Auf politischer Ebene wird intensiv diskutiert, ob Technik aus China, speziell von Huawei aus deutschen Mobilfunknetzen "verbannt" werden soll.
Steffen Kötterheinrich12:07 Uhr Foto/Logo: Huawei, Grafik/Montage: teltarif.de
Die Entscheidung, Komponenten von Nokia statt Huawei im Kernnetz des Betreibers einzusetzen, habe ökonomische Gründe, erklärte der Sprecher von Vodafone. Sie hingen nicht mit der Debatte über die Sicherheit von Ausrüstung des chinesischen Herstellers zusammen. „Vor etwa zwei Jahren haben wir uns im Rahmen einer operativen Neuausschreibung hinsichtlich Teilen des Kernnetzes für Nokia entschieden“, hieß es dazu aus dem Unternehmen. Technik von Huawei werde aber weiter eingesetzt, nur nicht im sensibelsten Bereich des Mobilfunknetzes (dem Kern). Außerhalb des Core-Netzes, im sogenannten Radio Access Network (also bei Sendestationen vor Ort), kämen rund die Hälfte der eingesetzten Komponenten von Huawei.
Es ist in der Mobilfunkbranche gängige Praxis, Komponenten nicht nur von einem Hersteller zu kaufen und einzubauen. Damit soll die Abhängigkeit von einem Lieferanten vermieden werden, beispielsweise wenn es Lieferengpässe oder schwerwiegende technische (oder jetzt auch politische) Probleme gibt, die Szene spricht von "Multi-Vendor"-Strategie. Heute soll die Bundesregierung in einer "geheimen" Sitzung auf höchster Ebene über den künftigen Umgang mit dem chinesischen Netzwerkausrüster Huawei beraten.
Sicherheitspapier sieht umfangreiche Prüfungen vor
In dem Papier (ein Entwurf liegt der Zeitung vor) ist die Rede von Anforderungen „für das Betreiben von Telekommunikations- und Datenverarbeitungssystemen sowie für die Verarbeitung personenbezogener Daten“. Die Netzbetreiber sollen Netzstrukturpläne, Gefährdungsanalysen und Sicherheitskonzepte erstellen und regelmäßig aktualisieren. Bei besonders kritischen Netzen, etwa die Vernetzung von Fabrikanlagen oder der Vernetzung von Fahrzeugen, soll es erweiterte Anforderungen geben.
Huawei nicht ausschließen
Über sogenannte "Eckpunkte bei den Sicherheitsanforderungen an den künftigen 5G-Aufbau" sollen sich nach Informationen des Handelsblatts vergangene Woche die Staatssekretäre der beteiligten Ministerien mit Kanzleramt, Sicherheitsdiensten und den Aufsichtsbehörden verständigt haben. Bei einer Sitzung waren auch Vertreter von Telekommunikationsunternehmen anwesend. Während die Sicherheitsbehörden vorm Einsatz von Huawei-Produkten beim Aufbau der neuen Mobilfunkgeneration 5G warnen, werben sowohl das BSI sowie Telekommunikationsunternehmen wie die Deutsche Telekom dafür, Huawei nicht auszuschließen, um den schnellen Ausbau der Echtzeitnetze nicht zu behindern. Die Zeit drängt, da bereits im März die begehrten Frequenzen für den 5G-Standard versteigert werden sollten und die Unternehmen vorher wissen müssen, ob sie den Markt- und Innovationsführer Huawei einsetzen dürfen.
Durch die aufschiebende Klage der Anbieters Telefónica und der Deutschen Telekom ist in die geplante Auktion neue Dramatik hinein gekommen.
Eine Einschätzung
Wie Stephan Scheuer vom Handelsblatt in seinem Kommentar [Link entfernt] richtig erkannt hat, brauchen wir in der Diskussion mehr Ehrlichkeit und weniger Scheinheiligkeit. Scheuer plädiert dafür, alle Anbieter von Hardware, also auch amerikanische wie zum Beispiel Cisco genauen Prüfungen zu unterziehen. Ähnlich hatte auch der Telekommunikationsexperte Prof. Torsten J. Gerpott in seinem Gastbeitrag auf teltarif.de argumentiert. Nachdem aufgeflogen war, dass der amerikanische Geheimdienst eine Zeitlang das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört hatte, kann man offenbar in diesem weltpolitischen Spiel niemandem mehr über den Weg trauen. Eins ist heute schon klar: Eine 100 Prozent Geheimhaltung beim Informationsaustausch gibt es längst nicht mehr. Und klar ist auch: Es ist Diplomatie und Fingerspitzengefühl gefragt und kein Hantieren mit dem Vorschlaghammer.