Kritik, Wut, aber auch Verständnis für mögliche DSL-Datendrossel
Schöne neue DSL-Welt:
Extra-Gebühr für Highspeed-Pakete?
Grafik: Chucks Blog
Obwohl Details nach wie vor nicht feststehen, hat die Ankündigung einer möglichen Datendrosselung der DSL-, VDSL- und Fiber-Anschlüsse bei der Deutschen Telekom zu einer Empörungswelle im Internet geführt. Allein auf den Blogeintrag
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des Telekommunikationsriesen haben inzwischen mehr als 900 Personen mit teils heftiger Kritik geantwortet und nur wenige haben Verständnis für die "Neuen Spielregeln bei DSL", wie es die Telekom beschreibt. Aber wie sehen betroffene Unternehmen und Fachverbände diese Entwicklung?
Schöne neue DSL-Welt:
Extra-Gebühr für Highspeed-Pakete?
Grafik: Chucks Blog
Sehr stark von einer Datendrosselung betroffen sind Videoportale. Gedankenspiele, wie es sie aktuell bei der Telekom gibt, könnten für die Anbieter sogar existenzbedrohend sein: Nach einer Datendrosselung auf die kolportierten 384 kBit/s lässt sich beim Video-Streaming maximal noch eine Aneinanderreihung von Standbildern abspielen, ein Download eines Spielfilms würde anstelle von wenigen Minuten mehrere Stunden in Anspruch nehmen.
"Wir sind natürlich nicht erfreut über diese Nachricht", meint ein Sprecher des Filmportals Lovefilm, einer Tochter der Shoppingplattform Amazon. Zumal die Telekom mit der Datendrossel ihre Monopolstellung bei den Netzen untermauern würde. Zunächst wolle man jedoch abwarten, bis die Telekom Details ihrer Planspiele offiziell bekannt gegeben hat. Noch gar nicht reagieren möchte die ProSiebenSat.1-Tochter Maxdome: "Sie werden sicher verstehen, dass wir uns an Spekulationen nicht beteiligen. Daher können wir leider zu Ihren Fragen keine Aussagen treffen".
Bitkom für gerechtere Preismodelle bei DSL-Zugängen
Anders sieht es beim Branchenverband Bitkom aus. Dessen Sprecher Marc Thylman hätte sogar Verständnis für die Pläne der Telekom, obwohl "wir aktuell ja noch über ungelegte Eier reden": Die aktuelle Quersubventionierung bei DSL-Anschlüssen sei zum einen kein Allheilmittel, so der Bitkom-Sprecher gegenüber teltarif.de. Außerdem sei der Wettbewerb auf dem TK-Markt extrem hart, was in den vergangenen Jahren zu einem starken Preisverfall geführt habe.
Zum anderen müsse der notwendige milliardenschwere Netzausbau auch finanziert werden. Thylman spricht sich in diesem Zusammenhang für "mehr Preisgerechtigkeit" bei DSL-Anschlüssen aus. Personen, die ihren Internetanschluss nur wenig nutzen, sollten auch weniger zahlen, während diejenigen, die häufig im Netz sind und große Datenmengen übertragen, stärker zur Kasse gebeten werden müssten.
Internetsurfer bezeichnen Drossel auf 384 kBit/s als "Frechheit"
Auch nicht wenige Internetsurfer plädieren für ein gerechteres Preismodell: Einige würden sogar moderate Preiserhöhungen für die Flatrate ohne Datendrosselung in Kauf nehmen, wenn es umgekehrt ein Paket mit Datengrenzen gebe. Der Preis hierfür müsse jedoch günstiger sein als bei der aktuellen Flat. Ein "Skandal" sei dagegen, wenn der Kunde für den bisher gezahlten Preis künftig weniger Leistung bekäme, also eine Datendrosselung in Kauf nehmen und wie beim Mobilfunk für weiteres Surfen in Highspeed zusätzliche Datenpakete hinzubuchen müsse.
Einige warnen bereits vor Verhältnissen, wo Kunden für gewisse Websites in Highspeed extra zur Kasse gebeten werden (siehe auch nicht ganz ernst gemeinte Abbildung). Auch die geplante Drosselung auf 384 kBit/s sei "eine Frechheit", so die vorherrschende Meinung im Netz. Damit wäre noch nicht einmal der parallele Aufruf einer Website und das Hören einer Internetradiostation möglich. Eine Drosselung auf 6 MBit/s bei VDSL- und 2 MBit/s bei DSL-Anschlüssen halten viele dagegen für akzeptabel.
Warnschuss an Rundfunkanbieter und Medienpolitiker
Ein Warnschuss dürften die Pläne der Telekom auch für die Medienpolitik und Rundfunkanbieter sein. Nach dem angekündigten Rückzug der Mediengruppe RTL aus dem digital-terrestrischen Antennenfernsehen (DVB-T) sprach sich etwa die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) dafür aus, Fernsehen verstärkt internetbasiert auszustrahlen. Auch viele private Radioveranstalter und -berater sehen die Zukunft des Hörfunks im digitalen Bereich ausschließlich im Internet und lehnen klassische Rundfunk-Techniken wie DAB+ ab.
Sollte die Telekom die Pläne einer Datendrosselung tatsächlich in die Tat umsetzen, müssten Internet-Radiohörer und Web-TV-Nutzer bei intensivem Medienkonsum künftig kräftiger in die Tasche greifen, zumal in Deutschland Vertragsfreiheit herrscht, und TK-Anbieter mit ihren Kunden entsprechende Surflimits vereinbaren dürfen. Es ist fraglich, ob man dann noch von einem sozialverträglichen Zugriff auf den Rundfunk sprechen kann, wenn das klassische terrestrische Fernsehen und der Hörfunk eines Tages komplett ins Internet abgewandert sein sollten.