Hate-Speech im Internet: Meinungsfreiheit in Gefahr?
Auf Facebook ist die Meinungsfreiheit in Gefahr
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Das Internet ist zweifellos eine der größten und wichtigsten Errungenschaften im 20. Jahrhundert. Globaler, freier Zugang zu Informationen fördern Bildung, Demokratie und letztendlich Freiheit. Gibt es in einem Staat freien Zugang zum Netz, sind Bürger nicht mehr durch staatlich "gesteuerte" Informationen und Propaganda beeinflussbar, wie sie zum Beispiel in Ländern wie Iran oder Nordkorea über regimetreue Medien vermittelt wird. Nun sollte man meinen, dass sich Debatten über einen freien Zugang zum Internet in westlichen Demokratien überhaupt nicht stellen. Doch leider hat die zugegebenermaßen schärfer werdende politische Auseinandersetzung zwischen Links und Rechts mittlerweile auch hierzulande offen gezeigt, wie zerbrechlich das Grundrecht auf Meinungsfreiheit selbst in Deutschland ist.
Debatte um Hatespeech
Auf Facebook ist die Meinungsfreiheit in Gefahr
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Mit dem sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) begann die große Koalition unter dem damaligen Justizminister Heiko Maas (SPD) erstmals Online-Posts politisch zu regulieren, was bereits als bedenklicher Eingriff in die Meinungsfreiheit im Netz gewertet werden kann. Plattformbetreiber wie Facebook oder Twitter werden von staatlicher Seite gezwungen, Hassbeiträge zu löschen. Was sich auf den ersten Blick nachvollziehbar und sinnvoll anhört, zeigt jedoch bereits bei nur geringfügig näherer Betrachtung die Problematik: Wie definiert man überhaupt Hass? Wer legt diese Definition fest? Und vor allem: Ist es legitim, dass Plattformbetreiber darüber befinden, welche Inhalte zu löschen sind?
Deutlicher ausgedrückt: Die Linie dessen, was im Netz gesagt werden darf, wurde deutlich verschoben. Nicht mehr das Strafrecht bestimmt die Grenze des Sagbaren, sondern irgendein Mitarbeiter bei Facebook. Die Problematik dahinter: Facebook macht das nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil sie andernfalls harte Geldstrafen fürchten müssen. Um kein finanzielles Risiko einzugehen, wird einfach jeder auch nur ansatzweise verdächtige Inhalt gelöscht.
Aktivismus gegen Netz-Unternehmen
Politischen Druck und Repressionen im Internet erfolgen aber mittlerweile nicht mehr nur durch die Einschränkung von Meinungsfreiheiten. Es drohen unter Umständen noch ganz andere Gefahren. Ein Beispiel: Politische Aktivisten demonstrierten vor der deutschen PayPal-Zentrale und übergaben eine Petition mit 100.000 Unterschriften. Konkret ging es um eine Forderung, das PayPal-Spendenkonto der rechtspopulistischen Wählervereinigung "Pro Chemnitz" zu sperren. Wenig später gab das Unternehmen dem öffentlichen Druck der Demonstranten nach.
Selbstverständlich geht es hier natürlich nicht um die Frage, was man als Bürger konkret von Pro Chemnitz halten mag. Dieser Vorgang ist aber ein wichtiger Präzedenzfall. Man stelle sich vor, wir leben in einer bargeldlosen Gesellschaft (was sicher früher oder später passieren wird). Dann wäre es also möglich, politische Gegner durch öffentlichen Druck beispielsweise vom elektronischen Zahlungsverkehr auszuschließen. Im Grunde ist dies ein perfektes und gleichzeitig perfides Werkzeug gegen Andersdenkende und Oppositionelle, denn ohne elektronischen Zahlungsverkehr wären die Betroffenen quasi von der Realwirtschaft abgeschnitten. Jeder Bürger würde sich genau überlegen, dieses Risiko für die Äußerung seiner eigenen Meinung einzugehen.
Freiheit im Internet verteidigen
Man mag mit vielen Dingen, die heute online gesagt werden, vielleicht nicht einverstanden sein. Dennoch sollte niemand ernsthaft glauben, der Demokratie einen Gefallen zu tun, wenn man Freiheiten im Internet immer weiter einschränkt. Wohin das führen kann, sieht man aktuell recht eindrucksvoll in Russland. Dort will sich das Putin-Regime unter dem Vorwand von Sicherheit gegen Angriffe aus dem Ausland quasi vollkommen vom Rest der Welt abkoppeln. An dessen Stelle soll ein autonomes, russisches Intranet rücken. Dass sich Putin vor Cyberangriffen aus dem Westen fürchtet, dürfte aber wohl stark anzuzweifeln sein. Es ist wohl eher eine willkommene Gelegenheit, sich die Kontrolle über alle öffentlichen Medien und Meinungen zu sichern.