Technik

Hintergrund: So funktioniert ein Kabelnetz

TV-Kabel-Netze wurden eigent­lich für die Über­tra­gung von Fern­seh­bil­dern geschaffen, inzwi­schen ist auch die Inter­net­nut­zung möglich. Wir zeigen Ihnen, welche Technik hinter einem Kabel­netz steckt.
Von Thorsten Neuhetzki / Julian Ruecker

Hat an Ihrer Adresse der zustän­dige Kabel­netz­betreiber die eigene Infra­struktur mit Kabel­kopf­stellen, Verstär­kern und Glas­faser­netzen rückkanal­fähig gemacht, ist eine wich­tige Voraus­set­zung für Kabel-Internet erfüllt. Im nächsten Schritt muss auch das Kabel­netz inner­halb des Wohn­hauses moder­nisiert werden. Dies erle­digen Service­tech­niker. Inter­essant ist in diesem Zusam­men­hang, wie die einzelnen Wohnungen im Haus mitein­ander verbunden sind. Oftmals handelt es sich um eine Baum­struktur. Das heißt, das Kabel­netz kommt vom Über­gabe­punkt im Keller in der ersten Wohnung an, geht von dort in die zweite und von dort in die dritte. Im Umkehr­schluss würde das bedeuten, dass ein Kunde im fünften Stock sein Inter­net­signal erst durch vier weitere Stock­werke senden muss, bevor es ins eigent­liche Kabel­netz geht. Das ist tech­nisch jedoch nicht immer möglich.

Die vorhan­dene Baum­struktur wird über­prüft, um die tech­nischen Para­meter einzu­halten. Bei Bedarf wird das Netz mögli­cher­weise umge­baut. Inter­essiert sich ein Kunde im fünften Stock für Kabel-Internet, so wird in diesem Szenario ein eigenes Kabel durch die in der Regel im Trep­pen­haus befind­lichen Kabel­züge gezogen, das seine Wohnung direkt mit der Netz­technik im Keller verbindet. Dies ist ein einfa­cher und etablierter Vorgang mit geringem Arbeits­auf­wand. Alter­nativ ist in Wohn­häu­sern eine Stern-Struktur ange­legt worden. In diesem Fall ist bereits jede Wohnung direkt mit dem Keller verbunden.

Andere Anbieter können eigenes Signal einlie­fern

Kabeltechnik im Keller Die im Keller des Wohnhauses verbaute Technik: Von der Wohnung zum Übergabepunkt.
Foto: teltarif.de
Hat der Service­tech­niker die Arbeiten im Haus­netz erle­digt und den Kabel­ver­stärker im Keller gegen einen Rück­kanal-Haus­ver­stärker ausge­tauscht, erhält der neue Kabel-Internet-Kunde eine neue Kabel­buchse (Multi­media­dose) in seiner Wohnung. Statt zwei Anschlüssen für TV- und Radio-Signal hat er nun drei Anschlüsse - an den dritten wird das Kabel-Modem gesteckt, das dann das Tele­fonieren und das Surfen im Internet ermög­licht.

Die Schnitt­stelle zwischen NE3 und NE4 ist der Haus­über­gabe­punkt (HÜP). An diesen Punkt liefert beispiels­weise Voda­fone dem Anschluss­bereich entspre­chend ein fest­gelegtes Signal. Netz­betreiber der Netz­ebene 4 können das von der NE3 ange­lie­ferte Signal auch mit eigenen Infor­mationen anrei­chern. So kann es durchaus sein, dass in einigen Haus­halten mehr Fern­seh­pro­gramme zu empfangen sind als in anderen. Auch wenn der NE4-Betreiber ein Internet-Angebot bereit­hält, muss dieses nicht zwin­gend vom NE3-Betreiber stammen. Eigene Produkte fremder NE4-Betreiber müssen nach dem HÜP reali­siert werden und können dort dann nach Bedarf einge­speist werden. Die Schnitt­stelle (ob Tech­nik­raum, Haus­anschluss­keller, intern oder extern eines zu versor­genden Objektes) legt der Anbieter selbst fest. Häufig ist es heute aber so, dass die NE4-Vermark­tung vom eigent­lichen Kabelnetz­betreiber durch­geführt wird, die TV-Signale aber durch einen Rahmen­vertrag über die Wohn­neben­kosten abge­rechnet werden.

134.000 Voda­fone-Verstärker im Bundes­gebiet

Verstärkerpunkt Verstärkerpunkt von Kabel Deutschland / Vodafone
Foto: teltarif.de
Das aus dem Haus­über­gabe­punkt versor­gende Kabel verläuft dann weiter unter dem Bürger­steig. Hier spricht man von der D-Linie, die in einen kleinen Vertei­ler­kasten unter dem Bürger­steig mündet. Hier kommen auch noch andere Haus­ein­mün­dungen an und das Signal wird auf die C-Linien gelegt, die entlang der Straße verlaufen. Sie enden in Verstär­ker­punkten. Diese Verstär­ker­punkte sehen aus wie die Kabel­ver­zweiger der Deut­schen Telekom, die wir Ihnen in einem anderen Hinter­grund­artikel vorstellen. Im Versor­gungs­gebiet von Voda­fone, die uns einen Einblick in ihre Technik gewährte, hat das Unter­nehmen 134 000 Verstärker instal­liert. Hinzu kommen die Verstärker anderer Unter­nehmen.

Die Verstärker verstärken sowohl das TV- und Internet-Signal aus der Kabel­kopf­stelle in Rich­tung des Kunden als auch das Inter­net­signal vom Kunden zur Breit­band-Kabel­ver­stär­ker­stelle. Eine Ener­gie­ver­sor­gung für die Verstär­ker­punkte wird entweder vor Ort reali­siert oder als Nied­rig­span­nungs-Signal über die ohnehin liegenden Kabel von anderen Verstär­ker­punkten zuge­führt. So muss der örtliche Ener­gie­ver­sorger nicht an allen Verstär­ker­punkten eine Strom­lei­tung zur Verfü­gung stellen.

Von den Koax-Verstär­ker­punkten aus wird das Signal dann durch weitere Verstärker zu den Fibre Nodes (Glas­faser­ver­stär­ker­punkte) trans­por­tiert, also so etwas wie den Einwahl­punkten der Kabel-Internet-Kunden. Der Fibre Node ist für eine gewisse Zahl an Nutzern und Band­breite ausge­legt. Sind in einem Gebiet beson­ders viele Kunden auf dem Breit­band­netz aktiv, so wird das Netz fein­maschiger aufge­baut, um den Kunden die bestellte Band­breite liefern zu können. So wird das Netz immer weiter stern­förmig aufge­baut und der Anbieter hat die Möglich­keit, die Perfor­mance der Kunden auf den Fibre Nodes zu beein­flussen. Dadurch rückt die Glas­faser­lei­tung über die Jahre auch immer näher an den Kunden heran.

Vom Fibre Node aus werden die Daten dann in die Breitband­kabel­verstärker­stelle (BK) geschickt. Das ist der Punkt, der allge­mein als Kabel­kopf­sta­tion bekannt ist. Voda­fone unter­hält in ganz Deutsch­land 2100 üBK (ü = über­geord­nete BK). Hinzu kommen jene Kabel­kopf­sta­tionen von Unity­media (gehört seit 2019 zu Voda­fone) und Tele Columbus. Zudem gibt es auch kleine Kabel­kopf­sta­tionen, die in Wohn­anlagen statio­niert sind und direkt die NE4 versorgen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Stan­dards bei der Über­tra­gung von Internet über Kabel genutzt werden und wie sowohl Internet als auch Tele­fonie über das Kabel­netz reali­siert werden können.