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Cluster, Kanäle & mehr: So wird das Kabel-Internet schneller

Die Kabelnetzbetreiber müssen ihre Netze fortwährend ausbauen. Wir zeigen Ihnen, was dabei passiert und was Kunden zu einem schnelleren Netz beitragen können.
Von Thorsten Neuhetzki / Marc Hankmann

Netzausbau: Ein Kabelkanaldeckel von Vodafone Kabel Netzausbau: Ein Kabelkanaldeckel von Vodafone Kabel
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Internet über das TV-Kabel - für die einen das Allheilmittel für schnelles Internet, für andere eine leidvolle Erfahrung mit chronisch überbuchten Leitungen. Und: Beides ist richtig. Denn dort, wo die Kabelinfrastruktur von den Anbietern vernünftig ausgebaut und bei wachsendem Bedarf rechtzeitig nachgeführt wird, sind Leitungen mit 100, 200 oder gar 400 MBit/s kein Problem. Dort, wo der rechtzeitige Ausbau versäumt wurde und trotz Überbuchung noch weiter Kunden geworben werden, wird das Problem im­mer noch schlimmer, sodass zur Rushhour bei gebuchten dreistelligen Datenraten mit Glück noch ein einstelliger Wert ankommt. Doch dabei geht es nicht immer nur da­rum, das Glasfaserkabel näher zum Kunden zu legen und weiter zu segmentieren, um weniger Kunden in einem Cluster zu haben. Auch die Modems der Kunden können ei­ne Auswirkung auf die tatsächliche Datenrate haben. Netzausbau: Ein Kabelkanaldeckel von Vodafone Kabel Netzausbau: Ein Kabelkanaldeckel von Vodafone Kabel
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki

Das Kabelnetz wird für viele Zwecke genutzt

Für die Datenübertragung in den Kabelnetzen werden verschiedene Frequenzen innerhalb des Kabels genutzt. Diese werden wahlweise für analoges und digitales Fernsehen, UKW-Radio oder eben Internet genutzt. Jeder Kanal hat eine Bandbreite von etwa 8 MHz, theoretisch stünden 100 Kanäle zur Verfügung. Doch das Kabelnetz ist eng. Denn neben UKW-Radio wollen zahlreiche digitale Sender in SD und HD ihre Bandbreite haben, Video-on-Demand-Dienste der Kabel­netzbetreiber belegen ebenfalls Kanäle und immer noch werden in einigen Netzen TV-Sender analog übertragen.

Pro Kanal, der als Internetkanal genutzt wird, könnten mit dem Modulationsverfah­ren 64 QAM netto 38,15 MBit/s übertragen werden. Mit 256 QAM sind es 50,87 MBit/s pro Kanal. Bei DOCSIS 3.0, das derzeit überwiegend für Internetübertragungen ein­gesetzt wird, kommt eine Bündelung von Kanälen zum Einsatz. Wie viele Kanäle mit welcher Modulation gebündelt werden, ist einer der ausschlaggebenden Punkte für die letztliche Geschwindigkeit der Internetleitungen. Der QAM-Wert hängt von der Lei­tungsqualität ab. Bei niedriger Leitungsqualität wird in der Regel auch eine niedrigere QAM-Modulation verwendet.

Die Kabelnetzbetreiber Unitymedia und Vodafone haben inzwischen damit be­gonnen, DOCSIS 3.1 in ihren Netzen kommerziell auszurollen. Der Standard ermög­licht es ihnen, Downstream-Geschwindigkeiten im Gigabit-Bereich zur Verfügung zu stellen. Mit DOCSIS 3.1 sind die Netzbetreiber nicht mehr an das 8-MHz-Kanalraster ge­bunden. Ein einzelner Kanal kann nun eine Bandbreite bis 192 MHz im Downstream einnehmen. Theoretisch kann die Modulation bis 4096 QAM gehen. Insgesamt gibt DOCSIS 3.1 den Kabelnetzbetreiber mehr Flexibilität in der Netznutzung, sodass hö­here Bandbreiten möglich sind.

Anzahl der Internet-Kanäle ist entscheidend

DOCSIS ist aber nicht allein entscheidend, ob beim Kunden hohe Bandbreiten an­kommen. Der zweite Faktor ist der jeweilige Cluster, in dem der Kunde wohnt. Denn ein Kabelnetz ist in mehrere Segmente aufgeteilt. Je mehr Kunden den gleichen Cluster nutzen, desto mehr Kunden teilen sich die gebündelten Kanäle. Stehen also in einem Cluster beispielsweise nur sechs Kanäle zur Verfügung, die mit 256 QAM moduliert werden, so sind im gesamten Cluster nur etwa 300 MBit/s verfügbar. Zu­gewiesen werden die Kanäle vom Cable Modem Termination System (CMTS), dem Modem im Netz des Kabelanbieters. Der Nutzer hat hierauf keinen Einfluss.

Die Kabelnetzbetreiber sind bemüht, einerseits die Cluster zu verkleiner, sodass sich weniger Kunden die Gesamtbandbreite teilen müssen und andererseits zusätz­liche Kanäle durch das CMTS anzubieten. So können zum Beispiel nach einer Segmen­tierung 24 statt sechs Kanäle zur Verfügung stehen. Das legt den Verdacht nah, dass gezielt einzelne Datenkanäle für bestimmte Wohngebiete zugewiesen werden. Nach der Segmentierung kann dann jedoch jedes Wohngebiet auf den kompletten Kanalbereich zugreifen, sodass sich die Kapazität durch zwei Faktoren erhöht: Weniger Kunden pro Segment und mehr Kanäle pro Segment. Das Netz wird segmentiert Das Netz wird segmentiert
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki

Nicht jedes Kabelmodem kann alle Kanäle verarbeiten

Damit nun aber auch langfristig die komplette Performance des Netzes zum Tragen kommt, sollten Kunden darauf achten, dass ihr Mo­dem bzw. Router auch möglichst viele Kanäle nutzen kann. So konnte die ältere AVM FRITZ!Box 6430 beispielsweise nur 16 Kanäle verarbeiten, die FRITZ!Box 6490 bereits 24 und die FRITZ!Box 6590 32 Kanäle. Da die Last gleichmäßig auf alle Kanäle verteilt wird, sind Kunden im Vorteil, deren Router mehr Kanäle unterstützen. Ihnen würde der Datenverkehr gezielt auf den weniger ausgelasteten Kanälen zugestellt.

Wie groß ist eigentlich ein Cluster?

Wie groß ein Cluster ist und wie viele Haushalte in einem Cluster zusammengefasst werden, ist ein gut gehütetes Betriebsgeheimnis der Kabelnetzbetreiber. In den An­fangszeiten der Kabel-Internetversorgung waren nach Informationen von teltarif.de jedoch Cluster mit 15 000 Haushalten keine Seltenheit. Heute geht man davon aus, das ein Netz gut und stabil laufen kann, wenn etwa 500 Haushalte in einem Cluster zusammengefasst sind. Dabei gilt es jedoch die Alters- und Nutzungsstruktur der Bewohner zu berücksichtigen. Junge Familien benötigen im Schnitt mehr Bandbreite als Rentner.

Doch auch hier sind Überlastungen möglich, die eine weitere Segmentierung er­fordern: Bei 500 Haushalten, die theoretisch gleichzeitig 100 MBit/s benötigen, blei­ben am Ende bei 24 Kanälen mit 256 QAM (insgesamt etwa 1,2 GBit/s) gerade einmal 2,4 MBit/s pro Kunde übrig. Langfristig bleibt den Anbietern also nur, jedes Gebäude mit Glasfaser zu versorgen oder bzw. und auf den neuen Standard DOCSIS 3.1 zu setzen, um noch mehr Kapazität bereitzustellen. Auch weitere Kanäle für DOCSIS 3.0 freizugeben wäre denkbar, ist aber angesichts der bereits angelaufenen DOCSIS-3.1-Einführung unwahrscheinlich.

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