Nebenkosten-Privileg

TV-Kabel-Gebühren: Vodafone warnt vor Preissteigerung

In der Diskus­sion um die Abschaf­fung der Umla­gefä­higkeit der Kabel­anschluss­gebühren über die Abrech­nung der Miet­neben­kosten warnt Deutsch­lands größter Kabel­netz­betreiber Voda­fone vor stei­genden Preisen. Außerdem liefen ARD und ZDF Gefahr, ihren Auftrag nicht mehr erfüllen zu können.
Von Marc Hankmann

Clément Vodafone Deutschland Christoph Clément aus der Geschäftsführung von Vodafone Deutschland
MH Media
Wer zur Miete wohnt und vom Vermieter einen Kabel­anschluss in seiner Wohnung erhält, zahlt die Grund­gebühren für diesen Anschluss über die Neben­kosten­abrech­nung, ganz gleich ob er Kabel­fern­sehen nutzt oder nicht. Den Kriti­kern, allen voran der Deut­schen Telekom, ist diese gesetz­lich gere­gelte Umla­gefä­higkeit ein Dorn im Auge. Sie spre­chen vom Neben­kosten­privileg, das den Wett­bewerb verzerre. Mieter neigten eher dazu, den Inter­netzu­gang eines Kabel­netz­betrei­bers zu wählen als den eines DSL-Anbie­ters, weil sie ohnehin schon für den Kabel­anschluss zahlen, so die Argu­menta­tion.

Clément Vodafone Deutschland Christoph Clément aus der Geschäftsführung von Vodafone Deutschland
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Im Rahmen der Novelle des Tele­kommu­nika­tions­gesetzes wird nun über die Abschaf­fung der Umla­gefä­higkeit disku­tiert. Die Kabel­netz­betreiber wollen sie beibe­halten, denn sie befürchten, dass gerade kleine und mittel­stän­dische Netz­betreiber von einer Strei­chung der Umla­gefä­higkeit bedroht seien. Diese Unter­nehmen, die insbe­sondere Kabel­netze in Wohn­blöcken betreiben, soge­nannte Inhouse-Netze, hätten ohne die Umla­gefä­higkeit keine Möglich­keit, die Inves­titionen in Inhouse-Netze zu refi­nanzieren. Außerdem müssten sie ihre Produkte wie etwa einen Inter­netzu­gang direkt dem Mieter anbieten, wodurch sie im direkten Wett­bewerb mit der Telekom stünden. Ange­sichts der Marke­ting-Power des TK-Konzerns keine rosigen Aussichten für einen mittel­stän­dischen Netz­betreiber.

Kosten könnten im Monat auf 100 Euro steigen

Unter­stüt­zung erhalten die kleinen und mittel­stän­dischen Kabel­netz­betreiber nun von promi­nenter Seite. Auf dem Gigabit-Sympo­sium vergan­gene Woche in Berlin sprach sich Chris­toph Clément aus der Geschäfts­führung von Voda­fone Deutsch­land für die Beibe­haltung der Umla­gefä­higkeit aus. „Durch die Umla­gefä­higkeit der Kabel­anschluss­gebühren ist es gelungen, die Preise für Fern­sehen niedrig zu halten“, sagte Clément. Er verwies auf den Moder­nisie­rungs­bedarf der Inhouse-Netze, denn wenn die Glas­faser bis an die Häuser geführt wird, muss sie irgend­wann auch bis in die Wohnungen reichen, um ihr volles Poten­zial zu entfalten. „Für die Aufrüs­tung der Inhouse-Netze sind hohe Inves­titionen notwendig“, sagte Clément in Berlin.

Diese Inves­titionen könnten die kleinen und mittel­stän­dischen Kabel­netz­betreiber nur über die Umlage der Kabel­anschluss­gebühren in den Neben­kosten refi­nanzieren, argu­mentiert das Mitglied der Voda­fone-Geschäfts­führung. „Fällt die Umla­gefä­higkeit weg, könnten die Kosten für Mieter um 100 Euro steigen“, warnte Clément auf dem Sympo­sium. „Das ist gerade in sozial schwa­chen Gegenden nicht zu machen.“

Poli­tische Meinungs­bildung noch nicht abge­schlossen

Nadine Schön CDU CSU Gigabit Symposium Nadine Schön aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
MH Media
Nach Angaben von Clément befänden sich rund 15 Millionen Miet­wohnungen in größeren Wohn­blöcken. Sie beträfe eine etwaige Kosten­stei­gerung. Und nicht nur das: „Wenn für Haus­halte der TV-Empfang zu teuer wird, laufen die Öffent­lich-Recht­lichen Gefahr, ihren Auftrag nicht mehr erfüllen zu können“, erklärte Clément in Berlin. ARD, ZDF und Deutsch­land­radio müssen als öffent­lich-recht­liche Anstalten eine Grund­versor­gung mit ihrem Programm­angebot sicher­stellen, heißt: von möglichst vielen Menschen in Deutsch­land möglichst einfach empfangen werden können. Was Clément aller­dings verschweigt: Es gibt Alter­nativen zum Kabel wie etwa DVB-T2 oder Satel­liten­fern­sehen. Der digital-terres­trische Empfang ist aller­dings nicht überall möglich und Vermieter müssten für Umrüs­tungen auf Satel­liten­fern­sehen zunächst inves­tieren.

Noch ist das letzte Wort in der Diskus­sion um die Umla­gefä­higkeit der Kabel­anschluss­gebühren nicht gespro­chen, wie Nadine Schön, Mitglied der CDU/CSU-Bundes­tags­frak­tion, auf dem Gigabit-Sympo­sium in Berlin bestä­tigte. „Die poli­tische Meinungs­bildung ist hierzu noch nicht abge­schlossen“, sagte Schön.

Derweil beschäf­tigen sich auch die Gerichte mit der Umla­gefä­higkeit. Die Zentrale zur Bekämp­fung unlau­teren Wett­bewerbs klagte gegen eine Wohn­bauge­sell­schaft, weil Mieter den Kabel­anschluss nicht kündigen können, wenn sie ihn nicht nutzen, um so die Kosten zu sparen. Auch die Wett­bewerbs­zentrale argu­mentiert mit einem verzerrten Wett­bewerb zwischen Kabel- und DSL-Inter­netan­bietern. Das Land­gericht Essen wies die Klage zurück. Nun beschäf­tigt sich das Ober­landes­gericht Hamm mit dem Fall.

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