Überwachungsmethoden

Handy-Ortung durch Eltern kann Kindern schaden

Überwachung bietet nur scheinbare Sicherheit
Von Jennifer Buchholz

Eltern setzen vermehrt auf Überwachungsmethoden für ihre Kinder Eltern setzen vermehrt auf Überwachungsmethoden für ihre Kinder
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Für besorgte Eltern scheinen die neuen Möglich­keiten zur Ortung der Kinder ideal zu sein. So wissen sie mittels Überwachungs-App, Peil­sender oder GPS-Tracker immer, wo sich ihr Kind gerade aufhält. Doch was die Nerven der Eltern auf den ersten Blick zu beruhigen scheint, ist auf lange Sicht gesehen nicht unbedingt gut - vor allem für die Kinder nicht.

Möglichkeiten der Überwachung

Eltern setzen vermehrt auf Überwachungsmethoden für ihre Kinder Eltern setzen vermehrt auf Überwachungsmethoden für ihre Kinder
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In den verschiedenen Onlineshops mehren sich die Angebote unter­schied­liche Gadgets, mit denen Eltern ihre Kinder orten können. So nutzen zum Beispiel Berufs­tätige diese Tools, um sich zu ver­gewissern, ob sich ihr Kind nach Schulschluss auf dem Heimweg befindet.

Eine technisches Hilfsmittel ist zum Beispiel ein Peilsender wie der GPS-Tracker TK5000. Aber auch ein Tracker, der zusätzlich Notruf-SMS versenden kann, wie der Mobile GPS-GSM-Tracker GT-280 von simvalley wird bei ängstlichen Eltern immer beliebter.

Ähnlich funktioniert auch das LoccaPhone [Link entfernt] , das ein Ortungsgerät mit integrierter Te­lefon­funk­tion ist. Derartige Geräte haben den Vorteil, dass sich das Kind auch selbst melden kann, sobald es sich gefährdet fühlt. Dazu können ein bis drei eingespeicherte Nummern per Kurzwahl­taste gewählt werden, die zum Beispiel den Eltern oder dem Notruf zugeteilt sind. Für diese rundum-sorglos-Pakete müssen die Eltern aber zumeist tief in die Tasche greifen.

Überwachung per App

Aber auch die Überwachung des Nachwuchses mittels App ist problemlos möglich. So sind für die verschiedenen Betriebs­systeme in den jeweiligen App-Stores Angebote zu finden, die eine Überwachung auf Schritt und Tritt der Kleinen ermöglichen.

Im Google-Play-Store gibt es mehrere Apps. Von Track Person [Link entfernt] über Family GPS Tracker bis hin zur kompletten Überwachung mit Hilfe von Children Tracker [Link entfernt] , die sogar SMS und Anrufer­verzeichnis der Kinder speichert.

Fürs iPhone gibt es Programme wie Familonet (auch für Android) oder auch Family GPS Tracker. Windows Phone bietet zum Beispiel die GPS-Tracker FollowMee oder Synagram [Link entfernt] . Letzterer ist auch für Android und iOS verfügbar.

Viele Apps und Geräte müssen vorab aber eingeschaltet oder aktiviert werden. Auch funktionieren sie nur solange, wie die Akkuladung ausreicht.

Überwachung - Fluch oder Segen?

Auch wenn diese Gadgets den Eltern eine gewisse Sicherheit bieten, muss man sich zugleich fragen, wie weit das Sicherheitsdenken geht und wo die Überwachung anfängt. Zwar stehen bei jüngeren Kindern die elterliche Fürsorgepflicht und das Schutzrecht im Vordergrund, im jugendlichen Alter kann dies allerdings als Eingriff in die Privatsphäre angesehen werden.

Der stellvertretende Berliner Datenschutzbeauftragte Hanns-Wilhelm Heibey betont, dass dies eine schwierige Angelegenheit sei, da hier das Elternrecht mit dem Recht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung konkurriert.

Kinderschutzbund ist ebenfalls kritisch

Auch Paula Honkanen-Schoberth, Geschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes, sieht die Ortung als kritischen Punkt an. "Wenn die Ortung eine erzieherische Aufgabe übernimmt, dann läuft etwas schief." Sie fügt hinzu, dass sich durch eine derartige Kontrolle kein Vertrauen entwickeln kann. "Was ist das für ein Gefühl für Kinder, wenn sie wissen, dass ihre Eltern sie ständig kontrollieren?", fragt sie und fügt hinzu: "Heimliches Ausspionieren ist keine Basis für eine liebevolle Beziehung."

Die Überwachungsmethoden können außerdem dazu führen, dass ein Kind keine Selbstständigkeit entwickelt. Zudem brauchen Kinder Freiräume, um eine Privatsphäre und ein starkes Selbstbewusstsein entwickeln zu können. Stattdessen sollten sich die Erwachsenen darauf konzentrieren, ihren Nachwuchs stark zu machen und Vertrauen in die Eltern-Kind-Beziehung zu entwickeln.

Die Unsicherheit der Eltern kann durch die Überwachungs- und Ortungsmaßnahmen zudem auf das Kind übertragen werden. Dem Nachwuchs wird auf diese Weise vermittelt, dass er sich ununterbrochen in einer Gefahrensituation befindet, sobald er aus dem Haus geht. Zudem zeigen Statistiken, dass die Kriminalität in den vergangenen Jahren gegenüber Kindern unter 14 Jahren eher gering ist.

Auch rechtlich gesehen sind die Ortungsmaßnahmen bedenklich. Eltern sollten wissen, dass die Ortung der eigenen Kinder nur bis zu einem bestimmten Lebensjahr legal ist. Spätestens ab Volljährigkeit müssen Eltern ihre Kinder um ihre Zustimmung bitten. Davor bleibt die Ortung von Kindern in einer juristischen Grauzone. Eltern sollten vermehrt mit ihren Kindern über den Umgang mit bestimmten Geräten reden. Oder auch über das Verhalten im Internet.

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