Denkanstoß

Valentina Daiber: Digitale Zukunft nur im Schulterschluss

o2-Vorständin Valen­tina Daiber hat sich Gedanken gemacht, wie "im Schul­terschluss" der Netz­ausbau reali­sierbar wäre, ohne neue Hürden aufbauen, die wirt­schaft­lich gar nicht erfüllbar sind.
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o2-Vorständin für Recht und Regulierung, Valentina Daiber, plädiert für einen Schulterschluss aller Beteiligten. o2-Vorständin für Recht und Regulierung, Valentina Daiber, plädiert für einen Schulterschluss aller Beteiligten.
Foto: Telefónica Deutschland
Während der Frequenz-Auktion durften die zunächst drei und jetzt wieder vier "Netz­betreiber" nicht mitein­ander reden. Das ist zum Glück vorbei. Jetzt machen sich die Netz­betreiber Gedanken, wie das gemein­same Ziel maxi­maler Netz­ausbau möglichst einfach zu errei­chen wäre.

Im Unter­nehmens­blog von Telefónica Deutsch­land (o2) hat sich das Vorstands­mitglied Valen­tina Daiber dazu Gedanken gemacht. Daiber leitete das Aukti­onsteam in Mainz, ist seit August 2017 im Vorstand für Rechts­fragen ("Legal and Corpo­rate Affairs"). Dazu gehören auch Unter­nehmen­sicher­heit ("Corpo­rate Secu­rity") , die Regu­lierungs­arbeit des Unter­nehmens, Bezie­hungen zu Behörden und Regie­rungs­stellen und den Bereich Corpo­rate Respon­sibi­lity CSR). Sie ist außerdem Haus­herrin der "o2-Botschaft" ("Haupt­stadtre­präsen­tanz") in Berlin. Das Unter­nehmen kennt die studierte Juristin (Spezia­lität Medi­enrecht, Rund­funk­lizenzen) seit 1999, sie star­tete damals noch bei VIAG Interkom.

Deutsch­land am Schei­deweg

o2-Vorständin für Recht und Regulierung, Valentina Daiber, plädiert für einen Schulterschluss aller Beteiligten. o2-Vorständin für Recht und Regulierung, Valentina Daiber, plädiert für einen Schulterschluss aller Beteiligten.
Foto: Telefónica Deutschland
Gleich zur Einlei­tung weist Daiber darauf hin: "Bei der digi­talen Infra­struktur und damit der Zukunft unseres Landes stehen wir in Deutsch­land am Schei­deweg. Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir gemeinsam den rich­tigen Weg für die Zukunft finden oder weiterhin mit dem Finger aufein­ander zeigen und mit unab­gestimmten Maßnahmen zulasten anderer die Situa­tion verschlimm­bessern?"

Es sei unbe­stritten, räumt sie ein, dass die Mobil­funk­netze hier­zulande nicht an allen Orten so leis­tungs­fähig sind, wie wir uns das als Indus­trie wünschen würden. Konkret: "Auch wir als Betreiber hätten die weißen Flecken lieber gestern als morgen geschlossen. Über den aktu­ellen Ausbau­stand und das Erfüllen der Auflagen von der Frequenz­auktion 2015 sowie den künf­tigen 5G-Ausbau sind wir insbe­sondere mit der zustän­digen Bundes­netz­agentur regel­mäßig im Austausch."

Lizenz­gelder fehlen beim Aufbau

In diesen Diskus­sionen werde immer wieder deut­lich: Die Milli­arden, die in die Lizenz­papiere fließen, fehlen im Netz. Die jüngste Frequenz­auktion habe erneut belegt, wie "kontra­produktiv und über­holt" dieses Verga­bever­fahren sei. "Wir alle zahlen dafür den Preis – mit entspre­chenden Spät­folgen für Deutsch­lands digi­tale Infra­struktur." In der Tat.

Appell an Zusam­menar­beit aller Betei­ligten

Daiber ist sich aber bewusst, dass "gegen­seitige Schuld­zuwei­sungen uns nicht weiter­bringen". Wenn es Deutsch­land als Wirt­schafts­nation gelingen solle, eine "führende Rolle bei 5G und in der Digi­tali­sierung zu über­nehmen, müssen wir den Blick nach vorne richten und endlich gemeinsam an einem Strang ziehen". Die Telefónica Deutsch­land habe unmit­telbar nach Aukti­onsende einen Vorschlag für einen zügigen, bundes­weiten Ausbau von schnellem Internet vorge­legt und an Politik und Wirt­schaft appel­liert, sich dazu an einen Tisch zu setzen.

Lizenz­verlän­gerung statt neuer Auktion

Das o2-Netz ist noch nicht überall so weit ausgebaut, wie es sein sollte. Das o2-Netz ist noch nicht überall so weit ausgebaut, wie es sein sollte.
Telefónica o2 / Jörg Borm
Bei Telefónica ist man davon über­zeugt, dass sich mit einer Verlän­gerung bereits verge­bener anstelle einer erneuten Verstei­gerung der Flächen­frequenzen (z.B. bei 700/800/900 MHz), mit besseren Koope­rati­onsmög­lich­keiten und mit einem staat­lichen Förder­programm für den finalen Lücken­schluss der Breit­band­ausbau in Deutsch­land erheb­lich beschleu­nigen ließe. Über allem stehe dabei, dass dies nur im Schul­terschluss zwischen Politik und Wirt­schaft gelingen könne.

Trag­fähige Konzepte brau­chen wirt­schaft­liche Mach­barkeit

Die Koali­tions­frak­tionen hätten einen Beschluss veröf­fent­licht, den sie noch in dieser Woche durchs Parla­ment bringen wollen. Bevor neue Gesetze erlassen würden, welche den Tele­kommu­nika­tions­markt nach­haltig beein­flussen, sei es unab­dingbar, die Exper­tise der Netz­betreiber einzu­holen und die Ursache für die disku­tierten Probleme zu erör­tern. Daiber appe­lierte: "Alle Betei­ligten müssen sich gemeinsam darüber austau­schen, was wirk­lich hilft oder was nur neue Hürden bedeutet."

Grund­sätz­lich findet Telefónica Deutsch­land den Vorstoß gut, dass die Politik den Bau von Masten in unwirt­schaft­lichen Regionen über­nehmen und den Betrei­bern zur Nutzung anbieten wolle. Eine Abnah­mever­pflich­tung ohne Klar­heit über die zu erwar­tenden späteren Kosten (für Miete und Betrieb), lasse das Prinzip des Leis­tungs­wett­bewerbs der Betreiber außer Acht. Genau das brauche es, um trag­fähige Konzepte zu entwi­ckeln. Das bedeute mehr Koope­ration anstelle von Sank­tionen.

Viel sinn­voller sei, über konkrete Bedarfs­ermitt­lungen genau die Stand­orte zu iden­tifi­zieren, die sich weder im Allein­gang noch über Koope­rationen der Netz­betreiber unter­einander wirt­schaft­lich erschließen lassen und die dann zu mach­baren Kondi­tionen in Zusam­menar­beit mit dem Staat mit Mobil­funk versorgt werden sollen.

Kein Zwang zu lokalem oder natio­nalem Roaming

Ein verpflich­tendes lokales oder natio­nales Roaming schränke die Unter­nehmen in ihrer wirt­schaft­lichen Hand­lungs­fähig­keit mehr ein, als es Impulse für den Netz­ausbau gäbe. "Bessere Rahmen­bedin­gungen für frei­willige Koope­rationen" würden dagegen der ohnehin schon gängigen Koope­rati­onspraxis der Unter­nehmen einen großen Schub geben. Anstelle von Verpflich­tungen und Sank­tionen wäre es zudem ziel­führender, Geneh­migungs­verfahren zu beschleu­nigen und die Aukti­onser­löse vorrangig für Mobil­funk anstelle für die Fest­netz­förde­rung einzu­setzen.

Es ist jetzt Zeit, aus den Fehlern der Vergan­genheit zu lernen und zu beweisen, dass Politik und Wirt­schaft gemeinsam das Beste für unser Land errei­chen können. Wir alle teilen das gleiche Ziel: zufrie­dene Verbrau­cher und eine florie­rende, zukunfts­fähige Wirt­schaft auf Basis einer führenden digi­talen Infra­struktur.

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