Plan B

Krisen-Kommunikation im sekundären Netz: Der Pager

Wer erin­nert sich noch an Scall, Quix oder TeLMI? Funkruf (englisch Paging) gibt es im eCityruf-Netz von e*Message bis heute. Und es gibt einen Zweiweg-Pager. Jetzt sind Einsatz­kräfte froh, wenn es einen sekun­dären Nach­rich­tenweg gibt.
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Der Zweiwege Pager von e*message empfängt sowohl über das eigene POCSAG-Netz, als auch über ein GSM/GRPS-Mobilfunknetz seine Nachrichten und kann diese quittieren. Der Zweiwege Pager von e*message empfängt sowohl über das eigene POCSAG-Netz, als auch über ein GSM/GRPS-Mobilfunknetz seine Nachrichten und kann diese quittieren.
Foto: emessage, Berlin
Kriti­sche Infra­struk­turen brau­chen einen „doppelten Boden", im Jargon nennt man das auch Redun­danz.

Ob sich Deutsch­land (fast) abschaltet, wie es in einer Pres­semit­teilung heißt, ist Ansichts­sache. Einige Bundes­länder haben den "Notstand" erklärt, um sich aufs Wesent­liche zu konzen­trieren, z.B. die Sicher­stel­lung kriti­scher Infra­struk­turen (abge­kürzt KRITIS). Für diese Einsatz­kräfte ist es wichtig, noch eine zweite Infra­struktur (einen "Plan B") zu haben, den Pager.

Was ist ein Pager?

Der Zweiwege Pager von e*message empfängt sowohl über das eigene POCSAG-Netz, als auch über ein GSM/GRPS-Mobilfunknetz seine Nachrichten und kann diese quittieren. Der Zweiwege Pager von e*message empfängt sowohl über das eigene POCSAG-Netz, als auch über ein GSM/GRPS-Mobilfunknetz seine Nachrichten und kann diese quittieren.
Foto: emessage, Berlin
Ein Pager ist ein kleiner Empfänger, der auf einer bestimmten Frequenz lauscht. Es gab früher noch Broad­cast-Nach­richten (für viele Empfänger), die einfach ange­zeigt werden und es gibt direk­tadres­sierte Nach­richten, die einen bestimmten Pager piepsen oder klin­geln lassen.

Mit dem Funkruf hat die Deut­sche Bundes­post begonnen ("Euro­signal"), die DeTeMobil (Telekom Mobil­funk) führte den Cityruf ein. Etwa mit dem Ende des Mobil­telefon-C-Netzes wurde auch der Funk­rufdienst "Cityruf" von der Telekom aufge­geben und schon 1999 an die Firma e*message verkauft. Hier läuft er bis heute unter dem Begriff e*Cityruf weiter.

Einfache Technik

Die Technik von e*Cityruf ist einfach wie robust. Es gibt "Nur-Ton"-Empfänger, die einfach nur piepsen, wenn eine Nach­richt kommt. Was das bedeutet, muss vorher ausge­macht sein. Heute werden über­wiegend alpha­nume­rische Empfänger (Tarif "Display") verwendet, die kurze Text­nach­richten mit 80 Zeichen (Buch­staben A-Z, Umlaute, Ziffern und einige Sonder­zeichen) empfangen können. Ein Beispiel: "Strom in Halle 8 ausge­fallen, bitte Hr. Müller auf 275 anrufen", könnte so eine Nach­richt sein.

Diese Nach­richt wird über das e*Cityruf-Netz ausge­strahlt. Je nachdem, ob der Kunde die Rufzone "bundes­weit" oder "regional" gebucht hat, wird in den entspre­chenden Zonen gesendet. Will der Kunde eine Zone wech­seln, kann er sich im Internet oder tele­fonisch "umbu­chen". Finden solche Wechsel regel­mäßig statt, ist es sinn­voll, eine bundes­weite Zone zu buchen.

Redun­dante Infra­struktur

e*Message-Geschäfts­führer Carsten Hofmann verspricht eine "hoch­verfüg­bare, redun­dante Infra­struktur“. Sein Unter­nehmen betreibt Netze in Deutsch­land und Europa. Alleine in Deutsch­land stehen rund 800 Sender, die über eine Satel­liten­anbin­dung mit den Signalen versorgt werden. Die "Leit­stelle" ist in Berlin.

Cityruf verwendet das ältere, aber robuste POCSAG-Proto­koll. Spätere Systeme wie "Flexx" (von Moto­rola) konnten sich auf Dauer nicht durch­setzen, der Funkruf-Anbieter TelMI ging 2001 pleite, auch der Anbieter "Quix" gab schon im Jahre 2000 auf.

e*Cityruf bis heute

Viele Bereit­schafts­dienste setzen heute noch oder wieder e*Cityruf ein. Überall da, wo strikte Reak­tions­fristen einge­halten werden müssen oder Störungen mit Folge­schäden drohen könnten, möchte e*Cityruf für Kommu­nika­tion sorgen – in der Stadt, auf dem Land, in Gebäuden, oft auch in Kellern und Tief­garagen. Die Sende­frequenz von e*Cityruf liegt bei 440 MHz und dringt damit besser in Gebäude ein, als beispiels­weise die Handys, die übli­cher­weise zwischen 800 und 2600 MHz und bald auch bei 700 oder 3500 MHz funken.

Kommt die Nach­richt auch an?

Bisher hatten Funk­rufsys­teme einen prin­zipi­ellen Mangel. Wenn das Signal ausge­sendet wurde, begann das große Zittern und Warten, ob die Nach­richt auch ankommt. War die Batterie leer oder ist der Träger des Empfän­gers doch in einem Funk­loch (die es durchaus geben kann) - spätes­tens mit Rück­meldung durch die gewünschte Person war die Frage geklärt. Andern­falls wurde später noch einmal gerufen.

Zweiweg-Pager

Dieses Problem löst der "Hybrid-Dienst 2wayS"-Empfänger, der zwei Kommu­nika­tions­wege in einem Gerät zusam­menführt: GPRS (Mobil­funk) und POCSAG (Cityruf). Nach­richten werden vonein­ander unab­hängig über das e*Message-Netz und öffent­liche Mobil­funk­netze (wahl­weise von Telekom, Voda­fone oder Telefónica) gesendet. Diese Multich­annel-Alar­mierung sorgt für eine noch bessere Erreich­barkeit.

Hofmann betont: „Wir dürfen uns nicht auf nur eine Primär-Kommu­nika­tions­tech­nologie verlassen“, denn die aktu­elle Entwick­lung rund um die Ausbrei­tung des Corona-Virus zeigt, wie unbe­rechenbar manche Situa­tionen werden können. Hier hilft ein Plan B.

Pager im Corona-Einsatz

Albrecht Broemme, Ehren­präsi­dent des Tech­nischen Hilfs­werks (THW) und aktuell Bauver­antwort­licher für das adHoc-Corona-Kran­kenhaus auf dem Messe­gelände in Berlin, kennt und schätzt die Ange­bote e*Message aus lang­jähriger Zusam­menar­beit.

Wie funk­tioniert die Rufaus­sendung?

Der klassische ePrimo Pager-Empfänger für e*cityruf. Die AA-Batterie hält etwa 30 Tage. Der klassische ePrimo Pager-Empfänger für e*cityruf. Die AA-Batterie hält etwa 30 Tage.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Jeder Cityruf-Empfänger hat eine sieben­stel­lige Rufnummer. Von jedem Telefon aus kann ein Cityruf erreicht werden. Soll nur ein Rückruf bestellt werden und kann das Telefon keine Tonwahl­über­tragung (DTMF), wählt man +49 164 gefolgt von der Nummer. Kann man Tonwahl, dann wählt man +49 168 und die gleiche Nummer und folgt den Anwei­sungen der Ansa­gerin und über­trägt per Tonwahl die Zahlen, die vorher verein­bart wurden oder eine Rück­rufnummer.

Vorsicht bei Anrufen vom Handy, die Vorwahlen 0164 und 0168 sind teil­weise extrem teuer. Original-Kunden von Telekom, die keine Dritt­anbie­tersperre geschaltet haben, können eine normale SMS (maximal 80 Zeichen) an +49 168 Nummer schi­cken. Kunden in den Netzen von Voda­fone oder Telefónica haben diese Möglich­keit gene­rell nicht.

Alter­nativ kann man im Internet per Web-Inter­face auf der Seite ecityruf.de eine Rufaus­sendung veran­lassen und einen freien Text mit maximal 80 Zeichen über­mitteln.

Zu beachten ist, dass die Rufüber­tragung je nach Netz­last unge­fähr ein bis zwei Minuten dauern kann.

Was kostet der Spaß?

e*Cityruf richtet sich in erster Linie an profes­sionelle Nutzer. Aber auch Privat­personen können sich einen Pager kaufen und den passenden Vertrag buchen. Die Preise für einen klas­sischen POCSAG-Tarif reichen von 9,88 Euro im Monat (NurTon) bis 210 Euro im Jahr ("Display national", also Zahlen und Text). Dazu kommt noch der Empfänger, der einmalig gekauft wird (oder schon vorhanden ist) oder im Rahmen des Vertrages bei e*message dazu gemietet werden kann. Ältere Empfänger von TeLMI oder Quix lassen sich heute (ohne Umbau) nicht mehr verwenden. Ehema­lige Scall-Empfänger könnten noch bedingt einsatz­bereit sein. Wer noch gut erhal­tene Empfänger in seiner Kiste findet, kann sich bei e*message melden und die Seri­ennummer / Empfänger-ID-Nummer durch­geben. Auch lizen­sierte Funk­amateure können mit diesen Schätzen noch etwas anfangen.