Themenspezial: Verbraucher & Service Zahnloser Tiger

Test: Anonyme Lebara-SIM ohne Identitätsprüfung gekauft

Offenbar nehmen kleinere Händler die Identifizierungspflicht für Prepaidkarten nicht so genau. In dieser Woche konnten wir problemlos eine voraktivierte SIM-Karte von Lebara kaufen und sofort ohne Freischaltung und Identitätsprüfung telefonieren und surfen.
Von

Das von uns erworbene anonyme und voraktivierte Starterpaket von Lebara Das von uns erworbene anonyme und voraktivierte Starterpaket von Lebara
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Seit dem 1. Juli dürfen in Deutsch­land offiziell keine anonymen SIM-Karten mehr im Handel verkauft werden. Jeder Kunde muss sich vor Freischaltung der Karte persönlich mit seinem Personalausweis einem Identi­fi­zierungs­ver­fahren unter­ziehen. Dies wird entweder direkt im Shop oder über ein VideoIdent-Verfahren im Web­browser realisiert.

In der Praxis stellt sich aller­dings die Frage, ob dieses Gesetz nicht ein zahnloser Tiger ist. Denn in dieser Woche konnten wir problemlos in ein Internetcafé spazieren, völlig anonym eine Lebara-SIM-Kaufen, diese ins Handy einlegen und sofort lostelefonieren und surfen. Und das ganz ohne Registrierung, Aktivierung oder Identitätsprüfung.

Wahlloser SIM-Karten-Kauf in einem örtlichen Internetcafé

Das von uns erworbene anonyme und voraktivierte Starterpaket von Lebara Das von uns erworbene anonyme und voraktivierte Starterpaket von Lebara
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Vor kurzem feierten wir 25 Jahre GSM-Mobilfunk in Deutschland. In dieser Zeit wurden Millionen von SIM-Karten aus­ge­geben, ein beträchtlicher Teil der Prepaid­karten dürfte gar nicht oder mit Phantasie­namen registriert sein. Diese lassen sich natürlich auch über Handels­platt­formen verkaufen, sofern sie noch nicht abgeschaltet sind. Auch nach dem In­kraft­treten der neuen Vorschrift zur Identi­täts­fest­stellung befinden sich offenbar noch viele originalverpackte SIM-Karten aus der Zeit davor bei den Händlern.

Um die Durchsetzung der Registrierungspflicht zu testen begaben wir uns wahllos in ein örtliches Internetcafé in Südhessen. Nach kurzer Zeit wurden wir von einer freundlichen Mitarbeiterin an der Kasse bedient. Wir fragten nach einer Lebara-Prepaid-SIM-Karte. Daraufhin musste die Mitarbeiterin erst einmal tief in einem Karton mit SIM-Karten-Starterpakets wühlen, um schließlich ziemlich weit unten ein Lebara-Starterset zu finden. 10 Euro inklusive 7,50 Euro Guthaben sollte die SIM kosten, bei der ersten Aufladung würde Lebara weitere 2,50 Euro spendieren.

Wir fragten, ob wir die gesetzlich vorgeschriebene Identitätsfeststellung gleich hier im Laden durchführen könnten. Lebara bietet das in einigen ausgewählten, aber nicht allen Partnershops an. Nach einem kurzen verständnislosen Blick erinnerte sich die Mitarbeiterin daran, davon schon einmal etwas gehört zu haben.

Nicht einmal Aktivierung der gekauften SIM-Karte notwendig

Unser Internetcafé bot die Identitätsfeststellung allerdings nicht an. Äußerlich war unsere SIM-Karte originalverpackt und unversehrt. Die Mitarbeiterin wies uns darauf hin, dass die Karte bereits aktiviert sei, wir müssten "nichts weiter tun". Sie empfahl uns - allerdings ohne wirklichen Nachdruck - die SIM-Karte selbst im Internet auf unseren Namen zu registrieren.

Wir bezahlten 10 Euro in bar, bedankten uns und verließen mit unserer SIM-Karte das Geschäft. Zuhause angekommen öffneten wir die Verpackung. Außer der SIM und einer kleinen Anleitung fanden wir darin einen separaten Zettel mit der Aufschrift "Ab 01.07.2017 erfolgt die Selbstregistrierung Ihrer SIM-Karte über www.lebara.de mit Video-Identifikation und Ausweisdokument."

Doch auch davon ließen wir uns nicht beirren und legten die SIM sofort ins Handy. Vor dem Einbuchen ins Netz wurde nicht einmal die auf dem SIM-Karten-Träger abgedruckte PIN1 abgefragt. Sofort buchte sich die SIM ins Telekom-Netz ein und wir konnten ohne PIN, Aktivierung, Registrierung oder Personalausweis direkt abgehend telefonieren, Telefonate annehmen, im mobilen Internet surfen und das Guthaben per USSD-Code *141# abfragen.

Fazit: Ohne kriminelle Energie zur anonymen SIM?

Ganz ohne kriminelle Energie oder terroristische Absichten konnten wir also wenige Tage nach der Pflicht zur Identitätsfeststellung beim Kauf einer Prepaidkarte ohne Probleme zum einem zufällig ausgewählten Händler spazieren und eine der dortigen vorrätigen Prepaidkarten erwerben - ganz ohne Vorlage eines Personalausweises. Nach dem Einlegen der SIM war diese sofort ohne Registrierung nutzbar - nicht einmal die PIN-Abfrage war voreingestellt.

Unklar ist allerdings, welche Anweisung Händler in Bezug auf vorhandene SIM-Karten in den Geschäften erhalten haben. Entweder dürfen diese noch nach der alten Regelung abverkauft werden oder die Aufforderung zur Rückgabe von voraktivierten SIM-Karten an den Provider wird nicht befolgt. Demnächst werden wir das Experiment nochmals an einer Tankstelle mit der SIM eines anderen Providers wiederholen.

Vor wenigen Tagen haben wir übrigens ausprobiert, ob und wie die Identitätsfeststellung bei Aldi Talk direkt an der Supermarkt-Kasse von Aldi funktioniert.

Mehr zum Thema Prepaid