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Bundestag winkt Leistungsschutzrecht für Presseverlage durch

Nachrichten-Sammelseiten müssen für Pressetexte Lizenz erwerben
Von mit Material von dpa

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Das umstrittene Leistungs­schutz­recht für Presse­ver­lage ist in ab­ge­schwächter Form vom Bundestag be­schlossen worden. Es sieht vor, dass Internet-Such­maschinen und auto­matische Nach­richten­sammler künftig Lizenzen erwerben müssen, wenn sie Presse­texte auf ihren Seiten ver­wenden wollen. Für das Gesetz stimmten in nament­licher Ab­stimmung 293 von 539 Ab­ge­ordneten, 243 waren da­ge­gen, drei ent­hielten sich.

"Einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte" können laut der aktuellen Fassung aber künftig weiterhin lizenzfrei genutzt werden. Das Gesetz definiert dabei die exakte Länge nicht. Bislang hatte das Urheberrechtsgesetz nur die Leistungen der eigentlichen Urheber, also der Journalisten, Fotografen und Grafiker, geschützt. Der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil kündigte an, seine Partei werde das Gesetz im Bundesrat stoppen.

Im journalistischen und verlegerischen Bereich soll sich Leistung lohnen

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Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Günter Krings, sagte, mit dem Leistungsschutzrecht werde eine Lücke im Urheberrecht geschlossen. "Als Zeitungen nur in Print-Form erschienen, war das nicht notwendig." Mit der Nutzung des Internets als Vertriebsweg müssten die Leistungen der Verlage jedoch geschützt werden. Die Journalisten sollten an den Erlösen durch eine Verwertungsgesellschaft beteiligt werden. "Wir wollen, dass Leistung sich lohnt, auch im journalistischen und verlegerischen Bereich." Krings betonte, auch die "Schnipsel" seien durch das Gesetz geschützt, wenn sie mehr als eine Überschrift und wenige Worte umfassten.

Der Internet-Riese Google, auf dessen Dienst Google News das Leistungsschutzrecht auch zielt, kritisierte das Vorhaben erneut. "Das Gesetz ist weder notwendig noch sinnvoll, es behindert Innovation und schadet der Wirtschaft und den Internetnutzern in Deutschland", erklärte Google-Sprecher Kay Oberbeck. "Wir erkennen an, dass Suchergebnisse im Internet auch in Zukunft in der bewährten Form ermöglicht werden sollen." Google hoffe darauf, dass der Bundesrat das Gesetz stoppen werde.

Problem: Viele Aspekte des Gesetzes könnten rechtlich unklar sein

Ansgar Heveling (CDU) verteidigte die Entscheidung, die Länge der lizenzfreien Textausrisse nicht konkreter zu definieren. Dies komme der Dynamik der Entwicklung in der digitalen Medienwelt entgegen. Ähnliche Regelungen beim Leistungsschutz für Datenbanken hätten auch nicht zu einer Klagewelle geführt.

Die SPD-Abgeordnete und ehemalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries bemängelte dagegen, dass viele Aspekte des Gesetzes rechtlich völlig unklar seien. "Wie definiert man denn "kleinsten Textausschnitt"?", fragte Zypris. "Bleibt die Überschrift "Bayern besiegt Dortmund 1:0" lizenzfrei?" Der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz, warf der Koalition vor, mit der Formulierung zu "einzelnen Wörtern oder kleinsten Textausschnitten" das Gesetz "verschlimmbessert" zu haben. Das Gesetz diene lediglich der Gesichtswahrung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die den Verlagen ein Leistungsschutzrecht versprochen habe.

Kritik: Gesetz sei unnötig und schädlich und stifte mehr Verwirrung als Klarheit

Petra Sitte (Linke) warf der Koalition vor, den Forderungen von Medienkonzernen "wie Lemminge" zu folgen. Das Leistungsschutzrecht sei unnötig und schädlich und stifte mehr Verwirrung als Klarheit. "Ich sehe schon, wie die Abmahnanwälte sich die Hände reiben."

Der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae sprach dagegen von einem ausgewogenen Gesetz, dass die Interessen der Verlage schütze und die Funktionsweise des Internets erhalte. Das Leistungsschutzrecht wurde allerdings auch von einzelnen Netzpolitikern aus den Reihen der schwarz-gelben Koalition abgelehnt. Thomaes Fraktionskollege Jimmy Schulz erklärte, es gebe keine Rechtfertigung für das neue Leistungsschutzrecht. "Es ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers, Geschäftsmodelle für das Internet zu entwickeln", sagte er.

Zu Beginn der Debatte hatten die Grünen vergeblich versucht, das Leistungsschutzrecht von der Tagesordnung des Bundestages zu nehmen, weil sie in dem Gesetzgebungsverfahren die Rechte der Opposition verletzt sahen.

Verleger und Journalistenverbände sind nur zum Teil zufrieden

Die deutschen Verleger, die ein Schutzrecht gefordert hatten, begrüßten die Entscheidung des Bundestags. "Auch wenn der verabschiedete Text nicht alle Vorstellungen der Verleger berücksichtigt, ist das neue Leistungsschutzrecht für Presseverlage ein wichtiges Element eines fairen Rechtsrahmens für die digitale Welt", erklärten die Verbände VDZ und BDZV. Verleger könnten nun selbst bestimmen, wie ihre Inhalte von kommerziellen Suchmaschinen und Nachrichtensammlungen im Internet genutzt werden.

Die Gewerkschaft verdi und der Deutsche Journalisten-Verband beklagten, die Interessen der Urheber würden nicht ausreichend berücksichtigt. Ihnen werde ein "Bärendienst" erwiesen, kritisierte verdi. Im Gesetz heißt es, die Urheber sollten angemessen an den Einnahmen beteiligt werden. Verdi forderte, Journalisten müssten mindestens die Hälfte von etwaigen Lizenzeinnahmen erhalten.

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