Cortana

Cortana: Die Gründe für den Misserfolg

Microsoft hat sich beim Thema künstliche Intelligenz verkalkuliert und überlässt nun Amazon und Google das Feld. Nach der Einstellung von Windows Phone ist es ein weiterer herber Rückschlag. Wo liegen die Schwächen des Software-Riesen?
Von Björn König

Cortana Jetzt ist es also offiziell: Für Microsoft wurde der Ausflug ins Geschäft mit künstlicher Intelligenz und Smartspeakern zur Bruchlandung. Für Konzernchef Satya Nadella ist es nach der Übernahme von Nokias Smartphone-Sparte sowie des gescheiterten Betriebssystems Windows Phone/Windows 10 Mobile noch unter seinem Vorgänger Steve Ballmer mittlerweile der dritte herbe Rückschlag.

Fokus auf die Cloud

Cortana In einem anderen Artikel zeichnete teltarif.de bereits ein eher düsteres Bild zur Zukunft der Smartspeaker von Samsung und Microsoft. Dass das Ende von Cortana jedoch so schnell kommen würde, hat uns dann doch einigermaßen überrascht. Microsoft-Chef Satya Nadella kündigte vor einigen Tagen offiziell an, dass keine eigene Hardware mit Cortana mehr auf den Markt kommen wird. Was hier zunächst relativ unbedeutend klingt, ist für Microsoft allerdings ein absoluter Super-GAU. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe: Zunächst war es Nadella selbst, der das Geschäftsmodell hin zu Cloud-Diensten forciert hatte. Künstliche Intelligenz war für den Software-Konzern ein elementarer Bestandteil dieser Strategie.

Die Einstellung von Cortana als eigenständige Hardware ist somit ein unmissverständliches Eingeständnis, dass man zumindest im Privatkundengeschäft mit einem der zentralen Zukunftsthemen gescheitert ist. Viel problematischer dürfte allerdings sein, dass Microsoft im Kampf mit Amazon erneut den Anschluss auf einem Gebiet verliert, für das der Konzern eigentlich prädestiniert sein müsste: nämlich der Entwicklung von selbstlernender Software. Dass der einstige Marktführer hier von einem Unternehmen abgehängt wird, dass ursprünglich nur online Waren verkauft hat, ist ein besonders bitterer Beigeschmack für den Software-Riesen aus Redmond. Es spricht außerdem nicht unbedingt dafür, dass in der Vergangenheit die besten Software-Entwicklerteams angeheuert und weitsichtige Entscheidungen im Management getroffen wurden.

Vermeidbare Fehler

Letztendlich war ein Scheitern von Cortana absehbar. Das Produkt war von Anfang an unausgereift, hinzu kam eine viel zu lange Entwicklungsdauer. Microsoft hatte zudem nie ein eigenes schlüssiges Hardwarekonzept, von interessierten Kooperationspartnern mal ganz zu schweigen. Allein die Zusammenarbeit mit einem Premium-Audiohersteller wie Harman Kardon ist für eine nachhaltige Marktdurchdringung mit Smartspeakern absolut unzureichend. Amazon hat hingegen von Anfang an verstanden, dass sich Alexa nur massenhaft in den Haushalten durchsetzen wird, wenn die passende Hardware günstig, weil subventioniert, mitgeliefert wird. Cortana hingegen konnte man von Anfang an ansehen, dass sie primär für Smartphones und Desktop-Rechner konzipiert war. Der Versuch, die künstliche Intelligenz in Smartspeaker zu integrieren, wirkte überhastet und scheint eher als Reaktion auf den gigantischen Erfolg von Amazon zu verstehen zu sein. Ganz entscheidend ist dann noch, dass Amazon ein perfektes Geschäftsmodell für Alexa entwickelt hat. Amazon ist weniger an Gewinnmargen durch den Hardwareverkauf als an den Nutzerdaten interessiert, die für den Online-Giganten das eigentliche Gold sind.

Microsoft braucht Erfolge

In der IT-Branche gibt es nur einen Erfolgsfaktor: Innovation. Microsoft hatte seinen größten Erfolg, als es nach MS-DOS mit Windows eine eigene intuitive, grafische Benutzeroberfläche einführte. Damit waren sie aufgrund ihres guten Marketings und Verträgen mit IBM sehr erfolgreich, obwohl andere Hersteller wie Xerox, Apple, Atari und Commodore bereits vorher grafische Benutzeroberflächen konzipiert hatten.

Die Konkurrenz war in anderen Bereichen innovativer: So zum Beispiel Apple mit der Einführung des iPhones, welches damals als Game-Changer und heute als qualitativer Marktführer im Bereich Smartphones gilt. Google hat die Suche, Amazon hat schließlich den Online-Handel und mit Alexa die künstliche Intelligenz revolutioniert. Fakt ist: Microsoft hat seit der Einführung von Windows keine wirklichen technischen Innovationen mehr auf den Markt gebracht. Lediglich das Cloud-Abo von Microsoft Office fand beispielsweise beim Konkurrenten Adobe einen Nachahmer.

Noch heute ist das Betriebssystem der Anker im Geschäftsmodell. Andere setzen die Trends von morgen und Microsoft springt (meistens) zu spät auf den Zug auf oder verpasst ihn ganz, wie sich eben bei Windows Phone/Windows 10 Mobile zeigte. Kürzlich hatte Microsoft übrigens mitgeteilt, den Support für das Betriebssystem einzustellen und Kunden den Umstieg auf Android empfohlen. Ein klareres Bekenntnis des Scheiterns, als Kunden den Wechsel zum direkten Konkurrenten ans Herz zu legen, gibt es wohl kaum.

Die Optionen sind rar

Klar ist, Microsoft hat nur drei Optionen für die Zukunft: Hardware, Software und Cloud. Dazu die Frage, ob man sich auf Privat- oder Geschäftskunden konzentrieren will. Satya Nadella hat bereits klar gemacht, dass die Konzentration auf eigene Hardware kein Geschäftsmodell für Microsoft ist. Der Bereich Software und insbesondere Windows wird vor dem Hintergrund der künftigen Entwicklungen im Cloud-Bereich ebenso immer weiter in den Hintergrund treten.

Letztendlich bleibt also nur noch, in diesem Sektor gegenüber Amazon, Google und Apple aufzutrumpfen. Der aktuelle Rückschlag dürfte dabei allerdings wohl kaum eine vertrauensbildende Maßnahme sein, ganz besonders nicht bei den Investoren. Was früher nahezu unmöglich erschien, ist heute keineswegs mehr ausgeschlossen: Dass der einstige IT-Weltmarktführer und damit das Erbe von Bill Gates womöglich in der Zukunft keine Rolle mehr spielen wird.

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