Universell

5G: So funktioniert der aktuelle Mobilfunk-Standard

Die logi­sche Weiter­ent­wick­lung von LTE (4G) heißt 5G. Das revo­lutio­niert die Mobil­funk­nutzung, da mit einem neuen Netz gleich mehrere Netz-Archi­tekturen gebaut und Anfor­de­rungen erfüllt werden.
Von / / Julian Ruecker

Derzeit stehen in den typi­schen Mobil­funk-Frequenz­bän­dern um 700, 800, 900, 1500 (nur Down­load), 1800, 2100, 2600 oder 3600 MHz jeweils 60 bis knapp über 100 MHz an Band­breite zur Verfü­gung, die sich auch noch alle Anbieter in einem Land teilen müssen. Daher standen für einzelne Dienste oft kaum mehr als 20 MHz gepaart zur Verfü­gung. Zwar wurden immer wieder Frequenz­bänder von den bishe­rigen Nutzern geräumt und dem Mobil­funk über­eignet, beispiels­weise im Rahmen der Digi­talen Divi­dende II, doch reichte das kaum, um das erwar­tete Kapa­zi­täts­wachstum zu ermög­li­chen.

Der Trick ist das "Zusam­men­kleben" von Frequenz­bän­dern, als Fach­begriff "Carrier Aggre­gation" (CA) genannt.

Die 2019 für 5G verstei­gerten Frequenz­bänder im Bereich 3,4 bis 3,8 GHz (ehema­lige WLL-Frequenzen) bieten mehr Band­breite und werden über­wie­gend in Ballungs­räumen, teil­weise auch "in der Botanik" genutzt. Als nächsten Schritt soll es in einigen Jahren über 6 GHz bis hinauf zu etwa 60 GHz gehen. Dort können dann pro Band nicht jeweils einige Dutzend, sondern gleich einige hundert Mega­hertz an Band­breite bereit­ge­stellt werden können.

Telefónica Deutsch­land hatte einen Fixed-Wire­less-Access-Versuch auf 26 GHz erfolg­reich abge­schlossen, die Telekom testet(e) in Berlin sogar auf 60 GHz.

Beamforming Beamforming in Aktion: Der grüne und der blaue Fleck zeigen, wohin die Energie der Test-Basisstation gerichtet wird.
Bild: teltarif.de
Das Problem: Die genannten hohen Frequenzen verhalten sich in vieler Hinsicht schon wie Licht­strahlen. Sie dringen beispiels­weise kaum durch Wände, sondern werden von diesen in der Regel reflek­tiert. Auch an Luft ist die Dämp­fung dieser hohen Frequenz­be­reiche viel­fach höher als die Dämp­fung der gewohnten Frequenzen. Herkömm­liche Zellen mit Radien von hunderten oder gar tausenden von Metern lassen sich mit diesen hohen Frequenzen nicht aufspannen.

Die Chance: Die genannten hohen Frequenzen verhalten sich in vieler Hinsicht schon wie Licht­strahlen. Sie können stark gebün­delt dorthin abge­strahlt werden, wo sich das Endgerät befindet. Anders als beim herkömm­li­chen Mobil­funk wird also nicht mehr die ganze Zelle ausge­leuchtet - sondern gezielt der Ort ange­strahlt, an dem sich auch das Endgerät befindet. Diese Strahl­for­mung (englisch: "beam­for­ming") kann grund­sätz­lich in beide Rich­tungen verwendet werden: Von der Basis­sta­tion zum Endgerät und umge­kehrt.

Wird neben Beam­for­ming auch noch MIMO zur Kapa­zi­täts­stei­ge­rung verwendet, müssen entspre­chend selbst im Endgerät ca. ein Dutzend Anten­nen­ele­mente unter­ge­bracht werden. Bei den genannten hohen Frequenzen sind die Anten­nen­ele­mente aber so klein, dass Platz genug dafür vorhanden ist.

5G-Basis­sta­tionen werden deut­lich dichter stehen müssen

Die hohen Verluste bei der Über­tra­gung auf hohen Frequenzen werden durch die Fähig­keit zum Beam­for­ming teil­weise wieder kompen­siert.

Dennoch: 5G-Basis­sta­tionen müssen dort, wo hohe Kapa­zi­täten benö­tigt werden, deut­lich dichter stehen, als seiner­zeit 3G- als bislang die 4G-Basis­sta­tionen. Zugleich müssen diese 5G-Basis­sta­tionen mit Down­link-Bitraten von etli­chen Gigabit pro Sekunde ange­bunden werden, wenn man die Fähig­keiten von 5G ausnutzen will. Dazu ist eine Glas­faser-Anbin­dung ("Back­bone") zwin­gend erfor­der­lich.

5G verwendet also Massive MIMO bei den "tiefen" Frequenzen bis ca. 3,6 GHz, zudem Beam­for­ming und hohe Band­breiten bei den "hohen" Frequenzen ab ca. 6 GHz, die hier­zu­lande (auf Antrag) nutzbar wären, aber wegen der geringen Reich­weiten bis auf einige Pilot­pro­jekte noch nicht einge­setzt werden.

Ping-Zeit: 0,001 Sekunden

Es gibt noch weitere Anfor­de­rungen an 5G-Netze neben der massiven Stei­ge­rung der Zell­ka­pa­zität: Eine ist die Kommu­ni­ka­tion mit geringer Latenz. Die Rede ist von Ping-Zeiten von gerade mal 0,001 Sekunden, also 1 Milli-Sekunde. Das ist 20 bis 40 mal schneller als die in 4G-Netzen übli­chen 20 bis 40 ms.

In vielen Fällen sollen Anwen­dungen mit dieser ultra­kurzen Latenz direkt von Endgerät zu Endgerät kommu­ni­zieren. Das Netz vermit­telt dann nur noch den Funk­kanal, verar­beitet aber die Daten nicht mehr selbst. In anderen Fällen werden die Daten weiterhin von und zum Netz über­tragen werden.

Der Server, der diese verar­beitet, muss dann aber direkt in der Basis­sta­tion stehen, da andern­falls schon die Signal­lauf­zeiten im Back­bone zu lange wären. "Edge Compu­ting" nennen die Ausrüster die Fähig­keit, Rechen­ka­pa­zi­täten direkt an die Netz­knoten zu verla­gern.

Zwei funktionsfähige 5G-Antennen am Messestand Zwei funktionsfähige 5G-Antennen am Messestand
Bild: teltarif.de
Ein oft genannter Kandidat für direkte Gerät-zu-Gerät-Kommu­ni­ka­tion und das Edge Compu­ting sind selbst­fah­rende Autos. Seit einiger Zeit wird immer mehr an diesen geforscht. Proto­typen verwenden Kameras, Laser-Entfer­nungs­messer, akus­ti­sche Abstands­sen­soren und derglei­chen mehr, um den Verkehr zu über­wa­chen und darauf zu reagieren.

Die 5G-Prot­ago­nisten gehen davon aus, dass selbst­fah­rende Autos zur weiteren Erhö­hung der Sicher­heit auch direkt unter­ein­ander Daten austau­schen werden. Denn wenn das voraus­fah­rende Fahr­zeug direkt an das hinter­her­fah­rende Fahr­zeug funkt, dass es bremst, dann kann letz­teres viel schneller reagieren, als wenn es dazu erst die Brems­lichter oder die tatsäch­liche Verzö­ge­rung des voraus­fah­renden Autos auswerten muss.

Ist die Daten­über­tra­gung zwischen den Fahr­zeugen ausrei­chend schnell und der Kanal zwischen den Fahr­zeugen ausrei­chend zuver­lässig, dann können auto­nome Autos direkt hinter­ein­ander im Wind­schatten fahren. Das spart beim hinterher fahrenden Fahr­zeug nicht uner­heb­lich Sprit und verbes­sert die Auslas­tung der Straßen. Aber es benö­tigt einen sicheren Funk­kanal direkt zwischen den Autos, der Latenz­zeiten deut­lich unter­halb der übli­chen mensch­li­chen Reak­ti­ons­zeit von 100 bis 200 ms aufweist.

Die kurze Latenz geht dabei Hand in Hand mit den hohen Bitraten, die 5G ermög­licht: Je höher die Bitrate, desto schneller erfolgt natür­lich die Über­mitt­lung eines einzelnen Daten­pa­kets vorge­ge­bener Länge.

5G speziell für indus­tri­elle Steu­er­auf­gaben

Dank der Flexi­bi­lität der 5G-Netze wird nicht nur die Kommu­ni­ka­tion zwischen auto­nomen Autos, sondern auch diverse weitere indus­tri­elle Steu­er­auf­gaben attraktiv. Bisher konnte die Indus­trie nur mit proprie­tären Kommu­ni­ka­ti­ons­sys­temen arbeiten. Die Nutzung einheit­li­cher Stan­dards soll die Stück­zahlen nach oben und damit die Kosten pro Gerät nach unten treiben.

Im anderen Extrem werden 10 Jahre Batte­rie­l­auf­zeit verlangt. Kann ein Netz das alles liefern?

vorherige Seite:
nächste Seite: