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5G: So funktioniert der aktuelle Mobilfunk-Standard

Die logi­sche Weiter­ent­wick­lung von LTE (4G) heißt 5G. Das revo­lutio­niert die Mobil­funk­nutzung, da mit einem neuen Netz gleich mehrere Netz-Archi­tekturen gebaut und Anfor­de­rungen erfüllt werden.
Von / / Julian Ruecker

Eine weitere Anfor­de­rung an 5G-Netze ist, dass Sensoren mit einer handels­üb­li­chen AA-Batterie 10 Jahre lang betrieben werden können. Bei 5G soll im "Internet der Dinge" (kurz IoT) künftig alles mit allem vernetzt sein.

Als Beispiel sei ein Feuch­te­messer genannt, den ein Land­wirt in den Boden steckt, und der ihn warnt, wenn es zu trocken wird, sodass er dann gezielt künst­lich bewäs­sern kann. Nicht nur will der Bauer bei solchen Sensoren nicht regel­mäßig die Batterie wech­seln müssen. Sie werden oft auch an Stellen weitab von Sied­lungen, mit folg­lich schlechter Netz­ver­sor­gung aufge­stellt werden. Dieselben Probleme haben aber zum Beispiel auch Feuer­melder oder elek­tro­ni­sche Wasser­uhren.

Selbst erste 5G-Prototypen erreichten schon einstellige GBit/s Selbst erste 5G-Prototypen erreichten schon einstellige GBit/s
Bild: teltarif.de
Vorteil ist: Solche Sensoren benö­tigen nicht die eingangs genannten hohen Bitraten. Ob das Absetzen einer Dürre­mel­dung fünf Milli­se­kunden oder fünf Sekunden dauert, ist egal. Wichtig ist, dass die Meldung über­haupt ankommt.

Hierfür werden in 5G-Netzen zwei Tricks ange­wendet, die sich übri­gens im Rahmen des Stan­dards "Narrow­band Internet of Things" (kurz: NB-IoT) auch in aktu­elle 4G-Netze imple­men­tieren lassen. Der erste ist, nur einen der OFDM-Subträger zu verwenden und auch auf MIMO und all die anderen Maßnahmen zur Geschwin­dig­keits­stei­ge­rung zu verzichten. Das limi­tiert die Bitrate auf einige hundert Kilobit pro Sekunde. Aber es redu­ziert den Ener­gie­ver­brauch und verein­facht den Aufbau der Sender.

Trick: Signal­wie­der­ho­lung

Der andere Trick ist, dass die IoT-Sender ihr Sende­si­gnal bei Bedarf beharr­lich wieder­holen, bis zu 100- oder gar 1000-mal. Selbst wenn das einzelne Signal im Rauschen unter­geht: Durch die Wieder­ho­lung verbes­sert sich das Signal-zu-Rausch-Verhältnis entspre­chend der Zahl der Wieder­ho­lungen. Die Filter in den Basis­sta­tionen müssen nur gezielt nach diesen sich wieder­ho­lenden Signalen suchen, dann können sie diese aus dem Hinter­grund­rau­schen heraus­fil­tern.

Natür­lich eignet sich diese Methode nicht, um ein 20-Mega­pixel-Foto in die Cloud hoch­zu­laden. Hier würde die tausend­fache Wieder­ho­lung die Netze über­lasten. Die Meldung: "Dichter Rauch und leicht erhöhte Tempe­ra­turen bei Feuer­melder 349348" belegt aber auch in tausend­fa­cher Wieder­ho­lung weniger als 0,1 MB. Haupt­sache, sie kommt an.

Bei jedem Update der Mobil­funk-Tech­no­logie wurde auch die Modu­la­tion verbes­sert.

Modu­la­tion: Schon am Ende ange­kommen?

Alle modernen Funk­ver­fahren über­tragen mehrere Bits mit einem Signal. Die derzeit bei LTE einge­setzte 64-QAM-Modu­la­tion verwendet beispiels­weise 64 verschie­dene Symbole. Mit jedem Symbol wird dadurch ein Zahlen­wert zwischen 0 und 63 über­mit­telt - das entspricht genau 6 Bit.

Im Ideal­fall werden daher mit 64-QAM-Modu­la­tion auf einem 20 MHz breiten Kanal somit 6 Bit/Hz * 200 MHz = 1200 MBit/s über­tragen. Nach Abzug von Framing und Korrek­tur­bits bleibt eine Nutz­da­ten­rate von bis zu 1000 MBit/s. Die eingangs bereits erwähnte MIMO-Tech­no­logie erlaubt dann durch Nutzung von mehreren Antennen im Sender und im Empfänger parallel die Kapa­zität noch weiter zu stei­gern - mit 4x4-MIMO bei der genannten Kanal­breite beispiels­weise auf bis zu 4000 MBit/s.

Ein 'mobiles' 5G-Endgerät, Stand Anfang 2015 Ein "mobiles" 5G-Endgerät, Stand Anfang 2015
Bild: teltarif.de
Eine weitere Erhö­hung der Nutz­da­ten­rate durch eine Modu­la­tion mit noch mehr Symbolen, etwa mit 256 QAM mit 256 verschie­denen Wellen­formen, bringt nur einen geringen Gewinn. Denn sie erfor­dert einwand­freien Empfang mit nur sehr geringen Störungen. Andern­falls lassen sich die 256 Symbole nicht mehr eindeutig vonein­ander unter­scheiden. Im Vergleich zu 64 QAM kann 256 QAM zudem nur 33 Prozent zusätz­lich über­tragen - nämlich 8 statt 6 Bit pro Symbol.

Am Zellen­rand, wo die Nach­bar­zellen meist stark stören, ist man in der Praxis schon froh, wenn 16 QAM (4 Bit/Hz) einge­setzt werden kann, und nicht gar auf 4 QAM (auch als QPSK oder 4-PSK bezeichnet) zurück­ge­schaltet werden muss. Letz­tere über­trägt ledig­lich 2 Bit/Hz.

Das mit n-QAM kodierte Rohsi­gnal muss aber noch auf eine Träger­fre­quenz aufmo­du­liert werden. Letz­teres ist die bekannte Sende­fre­quenz von z. B. 700/800/900/1800/2100/2600/3600 MHz. Hierbei gibt es das Problem, dass die Folge der QAM-Symbole aufgrund der harten Über­gänge zwischen den Symbolen auch Frequenz­an­teile enthält, die höher sind als die Symbol­rate. Diese stören, auf den Träger aufmo­du­liert, jeweils die Nach­bar­bänder.

Wenn Gauß das wüsste

Bei GSM hatte man noch ein Verfahren - Gaus­sian Minimum Shift Keying, kurz GMSK - einge­setzt, das diese Störungen jenseits des Kanals mini­miert. Bei 3G/UMTS wurde auf die Gauß-Filter zugunsten eines einfa­cheren Aufbaus des Funk­sys­tems verzichtet. Die Folge sind stär­kere Störungen in den Seiten­bän­dern.

Bei UMTS wurden dabei die Störungen in benach­barte Bänder zumin­dest dadurch etwas redu­ziert, dass die Chip-Rate mit 3,84 MHz deut­lich unter der Kanal­band­breite von 5 MHz liegt. So wurde zwar der Aufbau der Sender einfa­cher, aber auch signi­fi­kant Band­breite verschwendet.

LTE/4G/5G: Signal wird mit zahl­rei­chen Subcar­riern über­tragen

LTE/4G und NR/5G verwenden den Trick, das Sende­band in viele schma­lere Unter­bänder zu zerlegen und die Aufmo­du­la­tion des Nutz­si­gnals auf das Träger­si­gnal in allen Unter­bän­dern so abzu­stimmen, dass die Störungen des einen Bandes nicht die Deko­die­rung des Nach­bar­bandes beein­flussen.

Dieser Ortho­gonal Frequency Divi­sion Multi­plex (kurz OFDM) funk­tio­niert jedoch nur, wenn alle Subträger perfekt aufein­ander abge­stimmt sind und auch mit der glei­chen Charak­te­ristik vom Sender zum Empfänger über­tragen werden.

Ist das Refle­xi­ons­ver­halten von Bauteilen zum Beispiel (leicht) frequenz­ab­hängig, oder sendet eine benach­barte Basis­sta­tion auf benach­barten Kanälen, dann kommt es doch zu Störungen.

Schon wegen der oben genannten Narrow­band-Anfor­de­rung wird beim 5G-Stan­dard das Signal wie LTE/4G mit zahl­rei­chen Subcar­riern über­tragen werden.

Ein Handy im Standby oder ein Low-Power-Endgerät wird dann nur einen dieser Subcar­rier empfangen, während ein Smart­phone für einen dicken Down­load natür­lich zahl­reiche Subcar­rier akti­vieren wird. Um aber die gegen­sei­tigen Störungen zu redu­zieren und so die Kanal­qua­lität und damit die mögliche Zahl an über­tra­genen Bits zu verbes­sern, sehen mehrere der für 5G vorge­schla­genen Modu­la­ti­ons­ver­fahren wieder Filter vor, ähnlich dem GMSK-Filter von GSM.

Der meiste zusätz­liche Aufwand für die Filter entsteht übri­gens auf Empfän­ger­seite: Je genauer das Signal im Sender auf die vorge­ge­bene Band­breite limi­tiert wird, desto stärker verschmieren die Bits auf der Zeit­achse. Damit steigt der Aufwand, diese sauber vonein­ander zu trennen. Dennoch über­wiegen die Vorteile der Filte­rung. Weniger Störung von Nach­bar­bän­dern bedeutet nun mal, dass in allen Bändern das Signal sauberer wird.

Nur: Große Sprünge bei der über­tra­genen Band­breite werden auch mit den wieder­ein­ge­führten Filtern nicht möglich sein. Der posi­tiven Wirkung der gerin­geren Störungen in die Nach­bar­bänder stehen die schnell weiter stei­gende Zahl an Endge­räten und die immer dichter stehenden Basis­sta­tionen gegen­über, sodass die Zahl der Störungen inner­halb eines Bandes zunimmt.

Kabel­ge­bun­dene Medien können gleich­zeitig senden und empfangen. Lässt sich diese Full-Duplex-Tech­no­logie auch im Mobil­funk nutzen?