Hintergrund

So bekommt das Navi seine Stimme

Reibeisenstimme oder sanftes Gesäusel? Damit Navis den Weg weisen können, sprechen meist Schauspieler oder Synchron­sprecher die Ansagen ein. Doch nicht alles, was das Navi ausgibt, wurde auch wirklich so gesagt. Die Aufnahmen dienen als Baukasten für komplexere Ansagen.
Von dpa / Marleen Frontzeck-Hornke

Wie die Ansagen aufs Navi kommen Wie die Ansagen aufs Navi kommen
Bild: dpa
Straßenkarten aus Papier sind aus den meisten Autos verschwunden. Navigationsgeräte geben die Richtung vor. Statt genervtem Gemurmel vom Beifahrer kommt aus den Lautsprechern eine immer gut gelaunte Stimme. Ob festinstallierte Navis, mobile Geräte oder Smartphones mit einer Navigationssoftware: Heute orientieren sich die meisten Fahrer an der Sprachanweisung.

"Die Stimmen aus den Navigationsgeräten basieren in der Regel auf der Stimme einer Person", sagt Arnd Weil, Produktmanager bei Nuance Communications, Anbieter von Sprachbearbeitungslösungen. Diese Person diktiere aber nicht sämtliche Ansagen. "Es wäre nahezu unmöglich, Hunderttausende von sich ändernden Straßennamen oder Namen von Lokalen aufzunehmen und ständig aktuell zu halten", sagt Weil. Typischerweise werden zwischen 4 000 und 8 000 Sätze aufgenommen. Die Anzahl der Wörter hängt von der jeweiligen Sprache ab.

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Um die Aufnahmen der Sprecher für die Navi-Ansagen nutzen zu können, werden sie in kleine Spracheinheiten zerteilt. Diese Phoneme werden ähnlich wie Legosteine zu neuen Wörtern oder Namen zusammengebaut. "In der Regel nimmt man bei Sprachansagen wiederkehrende Formulierungen auf", sagt Weil. So wird ein Satz wie "Bitte biegen Sie jetzt links ab" mit einem synthetischen Element wie einem Straßennamen kombiniert. Ein Satz kann zwischen drei und zwölf Wörtern lang sein - je nachdem, wie genau die Ansage sein soll. Von "jetzt links abbiegen" bis zu "an der Ampel links abbiegen, dann in die nächste Straße rechts abbiegen" reicht das Spektrum.

Für die Sprachaufzeichnungen werden professionelle Sprecher engagiert, meist ausgebildete Synchronsprecher, Sänger oder Schauspieler. Denn sie sind in der Lage, geschriebenen Text in einer vorgegebenen Art und Weise wiederzugeben. "Wichtig ist nicht nur eine deutliche Aussprache, sondern auch eine angenehme Stimme. Damit wird auch in unübersichtlichen oder sogar stressigen Situationen eine einwandfreie Routenführung sichergestellt", sagt Berna Celik-Rymdzionek, Produktmanager beim Navigationshersteller Garmin.

"Es ist doch schön, wenn die Stimme dem Fahrer vertraut ist"

Eine Person hinter der Stimme des Navigationssystems ist Sabine Bundschu. Die diplomierte Schauspielerin und Musikerin arbeitet seit einigen Jahren als Sprecherin für Navigationssysteme verschiedener Hersteller. Für eine komplette Sprachanweisung benötigt sie rund einen Tag zum Einsprechen. Worte und Zahlen spricht sie in drei verschiedenen Variationen ein. Das sei eine ziemlich trockene Angelegenheit, die eine hohe Konzentration verlange. "Die Stimme muss verständlich, klar, sachlich, freundlich und frisch klingen", sagt sie. Für den richtigen Klang stellt sie sich beim Sprechen vor, wie es ist, wenn jemand jeden Tag die gleiche Stimme hört. "Die Stimme soll so angenehm sein, dass der Fahrer sie auch nach einem Jahr noch gerne hört", sagt Sabine Bundschu. "Es ist doch schön, wenn die Stimme dem Fahrer vertraut ist."

Das gilt nicht nur für im Auto festinstallierte Navigationsgeräte, sondern auch für mobile Geräte. Rund 15 Millionen Benutzer greifen zur besseren Orientierung zum Smartphone oder Tablet-Computer, wie eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Hightech-Verbands Bitkom ergeben hat. Dabei ist die Qualität der Sprachanweisungen durchaus vom Gerät abhängig.

Verschiedene Sprecher bei Garmin oder TomTom

Der Unterschied liegt in der Größe des verbauten Speichers und dem Umfang an Daten, den dieser aufnehmen kann. Wobei neuere Mobiltelefone mit im Auto verbauten oder portablen Navis mithalten können. "Da können dieselbe Software und die gleichen Daten installiert werden", sagt Arnd Weil von Nuance Communications. Doch viele Smartphones benutzen auch cloudbasierte TTS-Systeme. Software und Sprache liegen dabei in einer Cloud und werden direkt aufs Handy übertragen. Bei reinen Navigationssystemen sei das nicht üblich: eine Unterbrechung der Routenführung durch eine Mobilfunk-Empfangsstörung sei eher hinderlich.

Je nach Alter und Hersteller lässt sich die Stimmen-Software auch per DVD oder Datei auf einem USB-Stick aktualisieren. Einige Hersteller integrieren das Update bei der Fahrzeuginspektion, andere ermöglichen einen direkten Download auf das Gerät oder einen Computer.

"Stimmen-Profile zu ändern oder zu personalisieren ist ein Produktmerkmal, das von vielen Nutzern gerne in Anspruch genommen wird", sagt Johannes Weicksel von Bitkom. Aufbau, Komplexität und Wahlmöglichkeiten werden dabei von den anbietenden Unternehmen möglichst genau auf ihre Kundengruppen zugeschnitten.

Hersteller wie Garmin oder TomTom bieten für ihre Navigationssysteme Sprachanweisungen von verschiedenen Sprechern an, zum Teil kostenpflichtig. Der Benutzer kann zwischen Männer- oder Frauenstimme wählen, zwischen verschiedene Akzenten oder Dialekten und bei manchen Anbietern stehen auch Filmhelden zur Auswahl. Auch Internetseiten wie Pocketnavigation offerieren für einige Geräte unterschiedliche Stimmen. So lässt sich das Ziel auch auf Bayrisch oder Kölsch erreichen. Statt: "Sie haben Ihr Ziel erreicht" heißt es dann: "Do häs et geschaff".

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