Im Interview

EU-Kommissarin: Mobiles Internet in der EU zum Heimatpreis

Interview mit Neelie Kroes: Roaming-Regulierung weiter notwendig
Von Marc Kessler

Interview mit Neelie Kroes: Roaming-Regulierung weiter notwendig Interview mit Neelie Kroes: Roaming-Regulierung weiter notwendig
Bild: Europäische Kommission
Die Vizepräsidentin der EU-Kommission und Kommissarin für die Digitale Agenda, Neelie Kroes, will - wie berichtet - Roaming-Gebühren für Handy-Telefonate innerhalb der EU bis zum Jahr 2015 abschaffen. Gespräche innerhalb Europas sollen dann genauso viel kosten wie im jeweiligen Heimatland des Mobilfunk-Kunden. Im Zuge der Digitalen Agenda sollen bis zum Jahr 2020 alle Haushalte einen Breitbandzugang mit einer Mindestgeschwindigkeit von 30 MBit/s erhalten, die Hälfte aller EU-Bürger soll dann sogar mit einer High-Speed-Geschwindigkeit von 100 MBit/s im Internet surfen können.

Interview mit Neelie Kroes: Roaming-Regulierung weiter notwendig Interview mit Neelie Kroes: Roaming-Regulierung weiter notwendig
Bild: Europäische Kommission
teltarif.de hatte die Gelegenheit - wie schon mit EU-Kommissions-Vorgängerin Viviane Reding - ein Interview mit Neelie Kroes, die heute auch eine Keynote auf der CeBIT in Hannover halten wird, zu führen und sie nach ihrer Einschätzung und ihren Zielen in puncto Breitband und Roaming zu fragen. Außerdem wollten wir erfahren, wo Kroes (weiterhin) eine Regulierung durch die EU für notwendig hält.

Glasfaser ist "schnelle und verlässlichste Breitband-Verbindung"

Bei der Breitbandversorgung in Europa setzt Neelie Kroes auf Glasfaser, genauer gesagt auf die Glasfaseranbindung direkt zum jeweiligen Kunden (Fibre to the home, FTTH). "FTTH ist heute die Technologie, die die schnellste und verlässlichste Breitband-Verbindung garantiert. Solche ultra-schnellen Netzwerke werden die Entwicklung neuer und innovativer Dienste beschleunigen, die eine hohe Bandbreite voraussetzen", sagt Kroes.

EU setzt auch auf Breitband per Satellit

Daneben setzt die EU auch auf Breitbandverbindungen per Satellit, um das ausgegebene Ziel ("Breitband für alle") erreichen zu können. "Satelliten-Signale sind in der Lage, auch in ländlichen und abgelegenen Gebieten eine Abdeckung zu schaffen, in denen es ansonsten sehr schwierig - oder zumindest sehr teuer - wäre, diese mit Breitband (Glasfaser, Kabel, Funk) zu versorgen", begründet die EU-Kommissarin. Die Satelliten-Betreiber hätten bereits deutliche Fortschritte im Vergleich zur Situation vor einigen Jahren gemacht. Neue Satelliten könnten Breitbandverbindungen mit bis zu 8 MBit/s im Down- und bis zu 2 MBit/s im Upload ermöglichen, so Kroes. Zudem seien weitere Satelliten-Starts geplant, durch die bis zum Jahr 2020 Geschwindigkeiten im zweistelligen MBit/s-Bereich möglich werden sollen.

In puncto Roaming gilt die aktuelle EU-Roaming-Verordnung noch bis zu 30. Juni 2012. Eine kürzlich von der EU durchgeführte Umfrage ergab, dass die Mehrheit der EU-Bürger nach wie besorgt über zu hohe Sprach- und Daten-Roaming Kosten ist. Neelie Kroes will das - im Rahmen ihrer Digitalen Agenda - ändern und die Roaming-Kosten bis zum Jahr 2015 abschaffen. Doch ist das ein realistisches Ziel ohne weitere Regulierungsmaßnahmen durch die EU - insbesondere ob der Tatsache, dass Kroes den Mobilfunkern erst vor kurzem ungerechtfertigte Bereicherung vorgeworfen hatte?

Kroes hält Regulierung weiterhin für notwendig

Neelie Kroes bleibt dabei. "Die Differenz zwischen nationalen Gesprächen und Roaming-Gesprächen soll bis 2015 Null betragen", bekräftigt die Kommissions-Vizepräsidentin. "Idealerweise könnte dieses Ziel durch Wettbewerb auf dem Markt erreicht werden". Allerdings habe eine erste Analyse der kürzlich durchgeführten Konsultation zum Thema Roaming ergeben, dass es auf dem Mobilfunkmarkt derzeit noch keinen ausreichenden Wettbewerb geben, so dass "eine Form der Regulierung der Roaming-Services aller Voraussicht weiterhin notwendig ist", so Kroes. Wie die genau aussehen könnte, wollte die Kommissarin noch nicht kommentieren.

Datenroaming: Kroes will nationalen Preis plus "angemessenen Zuschlag"

Beim Thema Datenroaming, so Kroes gegenüber unserer Redaktion, stehe derzeit die Frage im Raum, ob man auch einen maximalen Endkundenpreis für das Datenroaming in der EU vorgeben werde. Wie berichtet, hat Kroes' Vorgängerin Reding bislang nur den Großhandelspreis beim EU-Datenroaming reguliert, den sich die Anbieter gegenseitig in Rechnung stellen. Dieser Preis liegt derzeit bei 95,2 Cent inklusive deutscher Mehrwertsteuer. Für Endkunden gibt es seit Juli vergangenen Jahres eine Kostenbegrenzungsfunktion (Cut-off-Limit), das den maximalen Rechnungsbetrag fürs Datenroaming innerhalb der EU bei 50 Euro netto (in Deutschland: 59,50 Euro brutto) deckelt.

Auf unsere Frage, welchen Megabyte-Preis sie als akzeptabel betrachten würde, antwortete EU-Kommissarin Neelie Kroes eher schwammig: "Ich denke, über kurz oder lang sollten die Datenroaming-Preise nahe bei den nationalen Datenpreisen liegen - zuzüglich eines angemessenen Zuschlags, um die für die Bereitstellung des Datenroamings entstehenden Kosten zu decken." Wie hoch ein solcher Zuschlag ausfallen könnte, teilte uns Kroes indes nicht mit.

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