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Netflix in Gefahr: Hohe Schulden und "Abrissbirne" Disney+

Es gibt offenbar schlechte Neuig­keiten aus Los Gatos: Nach einem Bericht des Wirt­schafts­senders Bloom­berg sei die Verschul­dung beim Bran­chen­primus eine ernste Gefahr. Die Nach­richt kommt zu einem ungüns­tigen Zeit­punkt.
Von Björn König

Foto: dpa Netflix macht der Wettbewerb schwer zu schaffen
Foto: dpa
Netflix hat kürz­lich seine Zahlen zum vierten Quartal 2019 vorge­legt. Der Bericht wurde von Analysten und Bran­chen­beob­achtern mit großer Span­nung erwartet, denn im November star­tete Disney+ auf dem US-Heimat­markt. Obwohl der Micky Maus-Konzern dort erst seit wenigen Monaten mit seinem SVoD-Service verfügbar ist, hat er dem Bran­chen­primus aus Los Gatos offenbar schon erheb­lichen Schaden zuge­fügt.

Der Wirt­schafts­sender Bloom­berg bezeich­nete Disney+ gar als Abriss­birne, die mit voller Wucht einge­schlagen sei. Eine weitere große Gefahr wäre außerdem die immer weiter stei­gende Verschul­dung bei Netflix. Offenbar haben selbst viele Markt­experten nicht ernst­haft damit gerechnet, dass ein welt­weiter Strea­ming-Riese so leicht ins Trudeln kommen würde.

Erster Tag sprengte alle Erwar­tungen

Foto: dpa Netflix macht der Wettbewerb schwer zu schaffen
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Bereits am ersten Tag schlossen zehn Millionen Kunden ein Abo bei Disney+ ab. Nicht wenige davon dürften (ehema­lige) Netflix-User sein. Zum Vergleich: Laut Angaben des Bran­chen­dienstes W&V erreicht Netflix in der gesamten Asien-Pazifik-Region (Südkorea, Japan, Indien) aktuell 14 Millionen Abon­nenten, wobei dies sogar der am schnellsten wach­sende Markt sei. Hieraus ergibt sich schon ein guter erster Eindruck, was in den kommenden Monaten noch auf Netflix zukommen wird. Disney+ steht erst ganz am Anfang und dürfte seinen Katalog noch gar nicht voll­ständig ausge­baut haben. Die großen Studios Warner und NBCUniversal sind mit ihren SVoD-Diensten außerdem über­haupt noch nicht gestartet.

In allen öffent­lichen Auftritten gibt sich Netflix-CEO Reed Hastings demons­trativ gelassen. Auf der DealBook-Confe­rence in New York sprach er im vergan­genen November sogar noch davon, dass man von Disney lernen könne. Ob Mitar­beiter und Aktio­näre des Strea­mers aus Los Gatos das aller­dings auch so sehen, ist vor dem Hinter­grund aktu­eller Zahlen doch sehr anzu­zwei­feln.

Proble­mati­sche Verschul­dung

Laut Bloom­berg kommen bei Netflix sehr proble­mati­sche Aspekte zusammen: Erstens die immer weiter stei­gende Verschul­dung (resul­tierend aus sehr hohen Ausgaben für eigene Produk­tionen) und ein unge­recht­fertigt hoher Akti­enkurs. Mit anderen Worten: Netflix-Wert­papiere sind aus Sicht von Bloom­berg aktuell deut­lich über­bewertet. Eine solche Aussage wird allge­mein als starkes Warn­signal für Inves­toren gewertet. Und genau daraus entsteht ein weiteres Problem: Viele Aktio­näre verkaufen nämlich ihre Anteils­scheine, wenn ein voraus­sicht­licher Kurs­peak erreicht ist. Sollte ein realis­tischer Börsen­wert von Netflix deut­lich nied­riger liegen, wird es für den Streamer noch weitaus schwie­riger, notwen­diges Kapital für weiteres Wachstum und Inves­titionen ins Programm aufzu­treiben. Und genau das ist ein Teufels­kreis, denn ausge­rechnet in diesem Jahr muss das Unter­nehmen im Kampf gegen die neue Konkur­renz liquide sein.

Unat­trak­tives Invest­ment

Die finan­ziellen Zukunfts­aussichten für Netflix sind somit eher düster, denn im Kampf der Strea­ming-Dienste kann man eigent­lich aus der Posi­tion eines Bran­chen­primus nur verlieren. Geld für weiteres Wachstum gibt es prin­zipiell sowieso nur an der Börse, aber warum sollten Anleger über­haupt in ein Unter­nehmen inves­tieren, dessen Aktie erstens über­bewertet und zwei­tens nicht gerade für seine hohen Divi­denden­zahlungen bekannt ist? Lukrativ erscheint eine Betei­ligung hier also defi­nitiv nicht. Manch börsen­notiertes Unter­nehmen geht auch den Weg der Kapi­talerhö­hung, wenn es mehr Eigen­kapital braucht. Damit sich die Betei­ligungs­struktur nicht ändert, werden dann oft Vorzugs­aktien ohne Stimm­recht ausge­geben, für die man eine höhere Divi­dende erhält. Was aber erst einmal voraus­setzt, dass man über­haupt eine Divi­dende zahlt.

Weitere Infos rund um Netflix lesen Sie in unserem Ratgeber.

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