Videostreaming

Attacke auf Netflix: Die Milliarden-Schlacht um die Streaming-Krone

Online-Videodienste haben die Unterhaltungswelt in den letzten Jahren kräftig aufgemischt und die Fernsehgewohnheiten vieler Menschen nachhaltig verändert. Netflix prägte die Streaming-Revolution wie kein Zweiter. Doch die Konkurrenz bläst zum Angriff.
Von dpa / Stefan Kirchner

Netflix Auch wenn es schwerer wird, ist Netflix derzeit die Nummer Eins im Videostreaming
Foto: picture alliance / dpa
Keine fünf Jahre ist es her, dass Netflix mit "House of Cards" seinen ersten großen Serien­hit landete. Seitdem hat sich der Fernseh­markt so rasant verändert, dass die Zeit wie eine Ewigkeit wirkt. Der Erfolg des Polit-Dramas mit Oscar-Preisträger Kevin Spacey in der Rolle des skrupellosen US-Abgeordneten Frank Underwood machte endgültig klar: TV-Unterhaltung funktioniert auch ohne Kabel­anbieter und dicke Sender­pakete - an Streaming kommt keiner mehr vorbei.

Das Geschäft boomt: Online-Videodienste, die gegen Gebühren Filme und Serien im Netz anbieten, haben das traditionelle Fernsehen zwar längst nicht abgelöst, doch ihre Bedeutung steigt stetig. In den USA kündigen immer mehr Kunden ihren Kabel­anschluss und werden zu Cord Cuttern, die ihre TV-Unterhaltung ausschließlich über das Internet beziehen. Der Trend ist eng verknüpft mit dem Erfolg von Netflix - derjenigen Firma, die das Geschäfts­modell von Beginn an geprägt hat.

Netflix's Weg an die Spitze

Netflix Auch wenn es schwerer wird, ist Netflix derzeit die Nummer Eins im Videostreaming
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1997 im kalifornischen Los Gatos gegründet, agierte das Unternehmen zunächst als Online-Videothek und verlieh DVD's und Blue-ray-Discs. Es folgte ein steiler Aufstieg: 2003 ging Netflix an die Börse, der Unternehmens­wert ist seitdem von 300 Millionen auf über 86 Milliarden US-Dollar gestiegen. Hinter der Kurs­explosion steht der florierende Streaming-Dienst - die Kundenzahl wuchs seit 2011 von rund 23 auf 104 Millionen Nutzer weltweit. Netflix ist heute in über 190 Ländern verfügbar.

Das ruft Wettbewerber auf den Plan - auch bei der alteingesessenen Unterhaltungs­industrie. Während US-Medienriese Disney erst kürzlich einen Online-Videodienst für 2019 ankündigte, ist der beliebte Bezahlsender HBO von Time Warner in den USA schon seit 2015 mit Blockbuster-Serien wie "Game of Thrones" als Internet-Abo verfügbar. Auch Hulu, wie Netflix ein Pionier im Markt, hat mit NBC Universal, Fox und Disney mittlerweile finanzstarke Branchen­größen im Rücken.

Der stärkste Streaming-Rivale sitzt bislang jedoch nicht in Hollywood. Internet­riese Amazon ist zwar vor allem für seine aggressive Expansion im Online-Handel bekannt, konkurriert mit seinem Service Prime Video aber auch schon lange mit Netflix. Auch das Silicon Valley mischt neuerdings stärker mit: Google rüstet seinen Video­dienst Youtube zunehmend mit Abo-Modellen und professionell produzierten Exklusiv­inhalten hoch. Facebook und Apple planen laut US-Medien Milliarden-Investitionen in exklusive Video-Inhalte.

Eigene Inhalte gegen die Konkurrenz

Beim Kampf um die Streaming-Krone gelten Eigen­produktionen, sogenannte Originals, als Schlüssel zum Erfolg. Das können Dokus, Filme oder Talkshows sein, vor allem aber Serien. HBO hat sich hier mit Klassikern wie "The Sopranos" oder "The Wire" früh­zeitig einen Namen gemacht und gilt bis heute als Qualitäts­führer. Amazon fehlt trotz einiger Achtungs­erfolge noch der ganz große Hit. Netflix glänzt zwar auch mit einigen neueren Serien, tut sich aber schwer, an "House of Cards" oder "Orange Is the New Black" anzuknüpfen. In Europa will der Dienst unter anderem mit lokalen Eigenproduktionen neue Kunden gewinnen.

Die Jagd nach dem nächsten Streaming-Megahit hat eine regelrechte Ausgaben-Schlacht entfacht. Netflix will in diesem Jahr sechs Milliarden US-Dollar in exklusive Inhalte stecken, Amazon nach Schätzung der Bank JPMorgan 4,5 Milliarden US-Dollar. Youtube nennt zwar kein Budget, erhöht aber ebenfalls den Einsatz und kann dabei auf Googles enorme Bargeld-Reserven bauen. Disney öffnet indes die Kriegs­kasse für seinen Sport­sender ESPN, der 2018 als Streaming-Service starten soll.

Beste Aussichten trotz kleinem Dämpfer

Eigenproduktionen können sich zwar als teure Flops entpuppen, sind aber im Erfolgs­fall nicht nur als Kunden­magnet lukrativ. Attraktive zugekaufte Inhalte sind ebenfalls kost­spielig, zudem ist die Rechte­beschaffung oftmals aufwendig. Ein weiteres Problem externer Produktionen musste Netflix schmerzlich erfahren, als Disney aufgrund seiner eigenen Streaming-Offensive ankündigte, die Kooperation der Unternehmen zu beenden. Lizenz­vereinbarungen sind oft befristet und wenn aus Partnern Rivalen werden, gehen wertvolle Inhalte verloren.

Glaubt man den Finanz­profis von der Wall Street, so ist Netflix trotz aller Konkurrenz bestens aufgestellt. Am Montag will die Firma ihre Zahlen für das dritte Quartal vorlegen. Analysten gehen davon aus, dass Gewinn und Erlöse abermals kräftig gestiegen sind. Goldman Sachs und JPMorgan empfahlen die Aktie vergangene Woche zum Kauf und erhöhten ihre Kurs­ziele, nachdem Netflix die Abo-Preise angehoben hatte. Der Aktienkurs knackte daraufhin ein neues Rekordhoch.

Lesen Sie in einer weiteren Meldung, gegen welche Konkurrenten sich Netflix in Deutschland behaupten muss.

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