Unter Druck

Netflix: Hohe Preise lassen erste Kunden abwandern

Mit Serien wie "House of Cards" hat Netflix das Fern­sehen im Internet zum Trend gemacht und so den Unter­haltungs­markt revo­lutio­niert. Doch die Strea­ming-Konkur­renz wird immer stärker. Dieses Jahr dürfte für das Unter­nehmen eine harte Belas­tungs­probe werden.
Von dpa /

Erfolgreiche Netflix-Serie: "House of Cards" Erfolgreiche Netflix-Serie: "House of Cards"
(c) dpa
Starker Jahres­abschluss, unge­wisser Ausblick: Der Strea­ming-Markt­führer Netflix hat sich im vierten Quartal dank Serien- und Film­hits wie "The Witcher" oder "The Irishman" über­raschend gut geschlagen. Die große Heraus­forde­rung beginnt mit dem Angriff finanz­starker Kontra­henten wie dem Holly­wood-Giganten Walt Disney oder dem iPhone-Riesen Apple aber gerade erst. Auf dem US-Heimat­markt macht sich der starke Wett­bewerb bereits bemerkbar - plötz­lich bläst eine ganze Reihe neuer Rivalen zur Jagd auf Netflix.

Erhöhte Abwan­derungs­rate von Netflix-Kunden

Erfolgreiche Netflix-Serie: "House of Cards" Erfolgreiche Netflix-Serie: "House of Cards"
(c) dpa
Im Brief an die Aktio­näre gibt Netflix sich kämp­ferisch. "Wir haben einen großen Vorsprung beim Strea­ming und werden darauf aufbauen, indem wir uns auf das konzen­trieren, auf das wir uns die letzten 22 Jahre konzen­triert haben - unsere Kunden zufrie­denzu­stellen". Doch Finanz­chef Spencer Neumann räumte bei einer Konfe­renz­schalte nach der Bilanz­vorlage ein, dass es ange­sichts des verschärften Konkur­renz­kampfes und der vergleichs­weise hohen Preise von Netflix bereits eine etwas erhöhte Abwan­derungs­rate von Kunden gegeben habe.

Insge­samt laufen die Geschäfte bislang aber noch sehr rund: Im Schluss­quartal hat Netflix über­raschend viele neue Kunden ange­lockt. Die Anzahl der Bezah­labos stieg in den drei Monaten bis Ende Dezember welt­weit um 8,8 Millionen, wie der Online-Video­dienst mitteilte. Damit über­traf Netflix die eigene Prognose und auch die Markt­erwar­tungen. Ende 2019 brachte es das Unter­nehmen auf gut 167 Millionen bezahlte Mitglied­schaften.

Aller­dings tut sich Netflix im US-Heimat­markt - wo neuer­dings auch Disney und Apple mit Strea­ming-Services am Start sind - weiter schwer. Hier kamen im vierten Quartal nur 423 000 Abo-Kunden hinzu. Das waren deut­lich weniger als ange­nommen, was die Aktie nach­börs­lich kurz­zeitig belas­tete, wenn­gleich der Kurs rasch wieder ins Plus drehte. Insge­samt ist Netflix an der Wall Street jedoch schon länger kein Über­flieger mehr - die US-Börsen­rally des vergan­genen Jahres ging am Strea­ming-König aus dem kali­forni­schen Los Gatos vorbei.

Netflix stellt sich auf wachs­tums­schwä­chere Zeiten ein

Dass Netflix sich auf wachs­tums­schwä­chere Zeiten einstellt, macht der Ausblick auf das laufende Vier­teljahr deut­lich. Die Firma stellt einen globalen Zuwachs von sieben Millionen Kunden in Aussicht - deut­lich weniger als von Analysten erwartet. Zum Vergleich: Im ersten Quartal 2019 waren 8,9 Millionen neue Abon­nenten hinzu­gekommen. Das Problem: Der US-Markt ist inzwi­schen relativ über­sättigt. Hinzu kommt, dass neue Konkur­renten wie Disney, Apple, Viacom oder Comcast, aber auch etablierte Rivalen wie Amazon oder Hulu Netflix mit ihren Strea­ming-Services preis­lich unter­bieten - zum Teil erheb­lich.

Unter­schätzen sollte den Markt­führer aber keiner. So über­raschten Gewinn und Umsatz im Schluss­quartal positiv. Netflix erzielte einen Über­schuss von 587 Millionen Dollar (530 Millionen Euro), im entspre­chenden Vorjah­reszeit­raum hatte die Firma ledig­lich 134 Millionen verdient. Die Erlöse wuchsen auf 5,5 Milli­arden Dollar - ein deut­liches Plus von 31 Prozent im Jahres­vergleich. Das Unter­nehmen, das einst mit Serien wie "House of Cards" neue Maßstäbe im Online-TV setzte, gibt mit seinen Inhalten auch heute noch oft genug den Takt vor.

Oscar-Nomi­nierungen für 24 Netflix-Produk­tionen

Vergan­gene Woche erst erhielten 24 Netflix-Produk­tionen Oscar-Nomi­nierungen, damit stach der Strea­ming-Dienst alle anderen Studios aus. Bereits im vorigen Jahr hatte es Netflix mit dem Schwarz-Weiß-Film "Roma" des Mexi­kaners Alfonso Cuarón erst­mals in die pres­tige­träch­tige Top-Sparte "Bester Film" geschafft. In diesem Jahr hat das Unter­nehmen in dieser begehrten Kate­gorie mit "The Irishman" und "Marriage Story" gleich doppelte Chancen.

Um die Konkur­renz auf Distanz zu halten, greift Netflix aller­dings auch tief in die Tasche. Im vergan­genen Jahr leis­tete sich das Unter­nehmen ein Produk­tions­budget von 15 Milli­arden Dollar, 2020 könnte noch mehr ausge­geben werden. Doch auch mit all dem Geld lässt sich nicht alles kaufen. Die Rechte an zwei der belieb­testen Shows hat Netflix verloren - "Friends" wird künftig beim Erzri­valen HBO laufen und "The Office" ab 2021 beim neuen Comcast-Service Peacock.

Mehr Wett­bewerb bedeutet für Kunden in der Regel güns­tigere Preise. Beim Strea­ming scheint die Welt aber etwas anders zu ticken, denn hier wird es für Zuschauer sogar teurer. Dafür gibt es jedoch einen guten Grund. Details zu dem Thema lesen Sie in einer weiteren News.

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