Netflix

Netflix: Kampf gegen VPN-Dienste

Netflix geht seit einiger Zeit gegen Kunden vor, die mit einem VPN-Dienst auf dessen Streaming-Angebot zugreifen. Mittlerweile nimmt der US-Gigant bei dem Thema allerdings auch zunehmend deutsche Netzbetreiber ins Visier.
Von Björn König

Netflix Netflix wehrt sich gegen VPN-Dienste.
dpa
Als Netflix 2014 erstmals in Deutschland an den Start ging, war der Inhalte-Katalog des Streaming-Marktführers noch relativ überschaubar. Der Großteil des Programmangebotes bestand zu dieser Zeit noch nicht aus kostspieligen Eigenproduktionen wie Stranger Things, Narcos oder The Crown, sondern hauptsächlich aus Lizenzware der großen Studios. Dabei gab es einen Haken: Netflix verfügte in den regionalen Märkten nicht über die gleichen Ausstrahlungsrechte, weshalb bestimmte Serien und Filme zwar in Kanada oder den USA, nicht aber in Deutschland verfügbar waren. Davon zeigten sich jedoch die technisch versierten Netflix-Abonnenten wenig beeindruckt und verschafften sich kurzerhand über VPN-Dienste Zugang zum US-Katalog des Streaming-Pioniers.

Und so funktionierte es: Die Internet-Verbindung wurde über eine IP-Adresse aus den USA geroutet und Netflix somit vorgegaukelt, dass sich der Nutzer dort und nicht in Deutschland befindet. In Konsequenz bekamen die Nutzer automatisch alle Inhalte des US-Angebots angezeigt.

Content-Sperren

Netflix Netflix wehrt sich gegen VPN-Dienste.
dpa
Dass die großen US-Studios wie Warner, Fox und Disney sich nicht besonders darüber erfreut zeigten, dass europäische Netflix-Kunden auf Inhalte zugreifen, für die der Streaming-Dienst in Europa jedoch nicht über entsprechende Rechte verfügte, dürfte leicht nachvollziehbar sein. Um sich also keinen weiteren Ärger mit den Studios einzuhandeln, ging Netflix sehr zügig gegen VPN-User vor und schränkte die Nutzungsmöglichkeit entsprechender Dienste stark ein. Zudem riskieren Kunden bei weiterer Nutzung die Sperrung ihres Netflix-Accounts.

Sicherlich dürfte neben dieser technischen Einschränkung vor allem auch die internationale Angleichung des Netflix-Contents dazu geführt haben, dass das Interesse an der Nutzung von VPN-Diensten mittlerweile deutlich abgenommen hat. So hat das Unternehmen aus dem kalifornischen Los Gatos derzeit weniger mit Inhalte-Piraterie, als mit einem anderen Phänomen zu kämpfen. Nutzer missbrauchen VPN-Dienste bei der Anmeldung, um sich Rabatte zu verschaffen. Netflix berechnet nämlich weltweit keine Einheitspreise, weshalb bei einem Standard-Abo durchaus eine Ersparnis von 5 bis 6 Euro gegenüber einem "deutschen" Abo möglich ist. Nach bisherigen Erfahrungsberichten macht Netflix offenbar auch hier kurzen Prozess und sperrt auffällige Kundenkonten.

Auch Netzbetreiber betroffen

Natürlich muss Netflix dafür sorgen, dass seine Inhalte nur in Regionen verfügbar sind, für die entsprechende Ausstrahlungsrechte erworben wurden. Weniger nachvollziehbar ist jedoch gegen Kunden vorzugehen, die das Abo in einem anderen Land erworben haben.

Zum Vergleich: Würde man bei Amazon in Frankreich ein Smartphone günstiger erwerben und dann in Deutschland nutzen, wäre dies aus einer rechtlichen Perspektive sicherlich nicht zu beanstanden. Warum sollte es bei einem Streaming-Abo anders sein? Man kann den Kunden nicht zum Vorwurf machen, dass sie Preise in Europa vergleichen. Im Grunde ist die Nutzung des europäischen Binnenmarktes sogar explizit von der EU gewünscht.

Noch viel unverständlicher scheint allerdings, warum Netflix mittlerweile sogar gegen Netzbetreiber vorgeht, die angeblich VPN-Dienste oder Proxyserver einsetzen. Kürzlich wurde hier berichtet, dass insbesondere Kunden des rheinland-pfälzischen Glasfasernetz-Betreibers NX4 Networks die Fehlermeldung erhielten, ihren VPN bzw. Proxydienst zu deaktivieren. Und dies, obwohl von Kundenseite kein entsprechender Dienst aktiviert war. Zwar sollen die Probleme laut Auskunft des Anbieters mittlerweile wieder gelöst sein, da Netflix die nötige IP-Range nach Medienberichten temporär wieder freigegeben hat, dennoch wirkt das durchaus rabiate Vorgehen gegen Netzbetreiber mehr als befremdlich.

Eine ähnliche Erfahrung machten kürzlich zudem Nutzer, die sich über WLAN-Verbindungen von Freifunk mit Netflix verbunden hatten. Auch hier kommt offensichtlich ein spezifisches Geoblocking zum Zuge.

Über das Ziel hinausgeschossen

Es ist klar, dass Netflix hier den Bogen überspannt. Natürlich muss der Dienst im eigenen Interesse seinen Content schützen, gerade auch um Vertragsstrafen mit den Studios zu vermeiden. Das kann aber natürlich nicht dazu führen, dass Kunden, die den Dienst legal nutzen und bezahlt haben, einfach ausgesperrt werden. Völlig inakzeptabel ist darüber hinaus eine Proxy- oder VPN-Sperre auf Netzbetreiberebene, von der unabhängig von einer VPN-Nutzung schlicht alle Kunden eines Netzbetreibers betroffen sind.

Wenn das Modell Schule macht und bei allen Streaming-Diensten um sich greift, dürfte dies zudem schnell die EU auf den Plan rufen. Schließlich geht die Kommission bereits seit einiger Zeit rigide gegen das Thema Geoblocking vor. Zudem steht die gezielte Sperrung von Netzbetreibern für einen Dienst im starken Kontrast zum Thema Netzneutralität, welches zuletzt auch durch die Deutsche Telekom und ihr Angebot Stream On wieder in die Schlagzeilen geriet.

Mehr zum Thema Netflix