Themenspecial Breitband-Internet Fake News?

"Alternative Fakten": 1&1-Chef kritisiert o2-Chef Haas

United-Internet-Chef Dommermuth wirft Telefónica- Deutschlandchef vor, „alternative Fakten“ zu verbreiten. Die MVNOs seien nicht an der schlechten Netzabdeckung in Deutschland schuld.
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1&1-United-Internet Gründer Ralph Dommermuth wirft seinem Kollegen Markus Haas (o2) "alternative Fakten" vor. 1&1-United-Internet Gründer Ralph Dommermuth wirft seinem Kollegen Markus Haas (o2) "alternative Fakten" vor.
Foto: Picture Alliance / dpa
Die Vorwürfe von o2-Chef Markus Haas an die Bundesregierung und seinen "virtuelle Mitbewerber" 1&1 (United Internet) hat dessen Gründer, Ralph Dommermuth, erwartungsgemäß zur scharfen Replik herausgefordert.

Im Wirtschaftsmagazin "Handelsblatt" hat Dommermuth erneut die deutschen Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland scharf kritisiert. „Die Netzanbieter operieren mit Nebelkerzen“, spitzte Dommermuth in der heutigen Ausgabe des Handelsblatts seine Antwort zu. Sie machten United Internet oder Freenet, also Anbietern ohne eigenes Mobilfunknetz, auch MVNOs genannt (vom englischen Begriff: "Mobile Virtual Network Operator"), unzulässige Vorhaltungen. „Es grenzt schon an alternative Fakten, wenn der Telefónica-Deutschlandchef behauptet, es gäbe einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der MVNOs und den schwachen Mobilfunknetzen“, sagte Dommermuth.

Bekanntlich sollen im kommenden Jahr die Lizenzen für den nächsten Mobilfunkstandard 5G in Deutschland durch die Bundesnetzagentur vergeben werden. Dommermuth hatte dabei angekündigt, ein eigenes Netz starten zu wollen, sollte er die für ihn richtigen Regulierungsbedingungen dafür bekommen. Telefónica-Deutschlandchef Markus Haas hatte im Handelsblatt geantwortet: „Wenn jemand glaubt, er löse die Infrastrukturprobleme in Deutschland mit einem vierten Netz, der ist aus meiner Sicht auf dem Holzweg.“

Wie ein viertes Netz aussehen könnte

1&1-United-Internet Gründer Ralph Dommermuth wirft seinem Kollegen Markus Haas (o2) "alternative Fakten" vor. 1&1-United-Internet Gründer Ralph Dommermuth wirft seinem Kollegen Markus Haas (o2) "alternative Fakten" vor.
Foto: Picture Alliance / dpa
1&1 (United Internet/Drillisch) hat aktuell keine eigenen Mobilfunknetze, sondern mietet die Kapazitäten und Dienste der Vodafone oder Telefónica Deutschland. (Update: Die frisch erworbene Tochter Drillisch hatte auch einen Zuliefervertrag mit der Mobilfunktochter der Deutschen Telekom, der aber "in beiderseitigem Einvernehmen" aufgehoben wurde.) Zuletzt hat sich Dommermuth mehrfach für ein eigenes viertes deutsches Netz ausgesprochen. Da dieses Netz zu Beginn kaum eigene Sender und damit keine Flächendeckung aufweisen würde, stellt sich Dommermuth vor, dass seine Konkurrenten von der Bundesnetzagentur dazu verpflichtet werden, seinen neuen "vierten" Netz-Anbieter im Zuge von "national Roaming" auf deren Netze lassen müssten. Ein solches viertes Multi-Netz wäre natürlich für Kunden sehr interessant, die dann von einem bestehenden Netzebtreiber mit eingeschränkter Abdeckung zu dem neuen vierten Anbieter mit (theoretisch) besserer Abdeckung wechseln könnten.

Andere Kunden würden wohl nur zur "Nummer Vier" wechseln, wenn der neue Anbieter spürbar günstigere Tarife anbieten würde. Das würde einen Preiskrieg auslösen und nach Ansicht der großen "realen" Netzbetreiber erneut viel Geld "verbrennen", was zum weiteren Netzausbau dann fehlen würde. Teurere Lizengebühren bei der kommenden Versteigerung würden diesen Effekt verstärken.

Service-Provider vs. MVNO

Die Idee der ab 1992 im Markt auftauchenden "Service-Provider" (heute mitunter nicht ganz korrekt auch als MVNO bezeichnet) war, dass sie ihre Kunden besser beraten könnten, z.B. welches Netz wo verfügbar ist, weil sie alle existierenden Netze im Angebot haben. Sie können logischerweise auch einen einfacheren Netzwechsel anbieten, zum Start gab es damals noch keine Rufnummernportierung. Teilweise war es damals noch möglich, die "gleiche" Rufnummer mit anderer Vorwahl zuzuteilen, sofern der Service-Provider sie in seinem "Bestand" hatte.

"Echte" MVNOs haben oft eine eigene Mobilfunk-Vorwahl (von der Bundesnetzagentur direkt zugeteilt oder bei einem bestehenden Netzebtreiber "gemietet") und schalten die Verbindungen selbst, verdienen also auch an eingehenden Gesprächen. Beispiele sind Lycamobile (Vorwahl 01521), Truphone (01529) im Netz von Vodafone, Simquadrat/Sipgate (Vorwahl 01579) im Netz von o2 oder Satellite (eigene Vorwahl 015678 als OTT (Over-the-Top)-Player). Echte MVNOs mit eigener Vorwahl gibt es im Netz der Deutschen Telekom nicht.

Klassische Service-Provider (z.B. Mobilcom-Debitel, Klarmobil und weitere Marken oder 1&1/Drillisch) bekommen diese Einnahmen nicht, sondern leben nur von der aktiven Netz- und Dienste-Nutzung ihrer eigenen Kunden. Deswegen sind Service-Provider sehr stark daran interessiert, dass ihre Kunden aktiv telefonieren oder surfen und möglichst hochwertige Tarife und Optionen buchen.

Sonderfall Drilisch

Seit der Fusion von E-Plus und o2 ist Drillisch inzwischen ein Sonderfall: Das Unternehmen hat bereits eine "eigene Vorwahl" zugeteilt bekommen, die aber --nach unserer Kenntnis-- aktuell noch gar nicht aktiv genutzt wird. Drillisch hat das Recht bestimmte Kontingente im o2-Netz für 2G, 3G oder 4G nach eigenen Vorstellungen zu nutzen.

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