Sommerkahl will Glasfaser - Telekom warnt vor Konkurrenz
Der Ausbau des schnellen Internets bleibt ein Dauerbrenner. Wie schnell darf es sein, wie schnell muss es sein? Alle Welt redet von Gigabit und dafür braucht man Glasfaser. Für viele Internet-Freunde und Aktivisten ist die Situation glasklar: Glasfaser sofort in jedes Haus, am besten gleich morgen früh.
Doch dort, wo Glasfaser tatsächlich möglich ist, bleiben die Kunden sehr zurückhaltend. Das ist auch kein Wunder. Ein Glasfaseranschluss mit realen 1 GBit/s im Download kostet je nach Anbieter zwischen 100 bis 120 Euro, jeden Monat. Einen schnellen Internetanschluss mit 16 bis 50 MBit/s gibt es in den ersten Monaten für 20 Euro, später können die Kosten auf 30 bis 50 Euro steigen. Wer beispielsweise von der Telekom Magenta-zu-Hause-XL mit 250 MBit/s bucht, muss mit etwa 55 Euro pro Monat rechnen.
Der Fall Sommerkahl
Homepage der Gemeinde Sommerkahl.
Screenshot: Henning Gajek / Teltarif.de
In der bayerischen Gemeinde Sommerkahl bei Aschaffenburg (Verwaltungsgemeinschaft Schöllkrippen) ist heute bereits Super Vectoring möglich, was Datenraten von "bis zu" 250 MBit/s (Download) und 40 MBit/s im Upload erlaubt. teltarif.de hat auf www.telekom.de/schneller/ einige Adressen geprüft.
Doch Anwohner wollen dem Vernehmen nach Glasfaser bis ins Haus (FTTH). Die Deutsche Telekom mag dem Ort aber (noch) kein Konzept für einen FTTH-Ausbau vorlegen, weil es dort schon Super Vectoring gibt. Das berichtet die Tagezeitung Main-Echo unter Berufung auf Aussagen bei einer kürzlich stattgefundenen Gemeinderatssitzung. Das pikante an dieser Geschichte: Für diesen Ort hatte der Anbieter "Deutsche Glasfaser" schon im April 2019 ein Konzept für einen Ausbau mit Glasfaser bis ins Haus vorgelegt. Ideales Futter für die Wettbewerber der Telekom.
Telekom baut bedarfsorientiert
Die Telekom baue bedarfsorientiert aus, soll Thomas Weigand, Projektleiter der Deutschen Telekom Technik in Sommerkahl erklärt haben. Super Vectoring erlaubt in dem Ort bereits 250 Megabit pro Sekunde, daher sehe man solchen Bedarf im Moment nicht. In anderen Orten, so räumt es Weigand ein, bestehe "hoher Konkurrenzdruck, der die Telekom zum weiteren Ausbau zwingt." Auch in Sommerkahl könnte es eines Tages FTTH durch die Telekom geben, ein Termin sei aber noch nicht absehbar.
80 Häuser seit 5 Jahren vorbereitet
Der Bürgermeister von Sommerkahl, Albin Schäfer (CSU), habe laut Main-Echo berichtet, dass es bereits 80 Häuser im Ort gebe, die seit fünf Jahren mit Leerrohren für Glasfaserkabel bis ins Haus (FTTB) ausgestattet seien. Verständlich, dass sie gerne das Glasfaser haben möchten. Das könnten sie theoretisch jetzt schon, müssten dann aber die Ausbaukosten komplett übernehmen. Das dürfte in der Regel für einen Privathaushalt eher unattraktiv sein, denn pro Kilometer aufgegrabener Leitungslänge können Kosten von bis zu 70.000 Euro entstehen.
Deutsche Glasfaser ist engagiert
Multifunktionsgehäuse der Telekom, das per Glasfaser versorgt wird.
Bild: Deutsche Telekom
Nun ist der Mitbewerber "Deutsche Glasfaser nach wie vor in der Gemeinde Sommerkahl engagiert und befindet sich im Gespräch mit der Gemeindeverwaltung. Wenn die Kooperationsvereinbarung zwischen Unternehmen und Gemeinde steht, gehen wir in die Phase der Nachfragebündelung. Eine diesbezügliche Entscheidung von Seiten des Gemeinderates wird im September erwartet", antwortete Deutsche-Glasfaser-Sprecher Dennis Slobodian dem Nachrichtenportal Golem.de auf dessen Anfrage.
Warnung vor der Konkurrenz?
Telekom-Vertreter Weigand habe vor den Preisen des Konkurrenten gewarnt: "Sie wissen auch nicht, was die in zwei Jahren an Gebühren verlangen, denn sie sind nicht reguliert", wird er zitiert. Im ersten Jahr kostet der Internetzugang der Deutschen Glasfaser mit 1 Gigabit/s im Download und 500 MBit/s im Upload pro Monat 90 Euro. Bei einer Vertragslaufzeit von zwei Jahren erhöht sich der Preis monatlich ab dem 13. Monat auf 120 Euro. Geschäftskunden können bei der Deutschen Glasfaser bereits bis zu 10 GBit/s buchen, bei der Telekom werden derzeit am Glasfaseranschluss nur bis zu 1 GBit/s angeboten, es sei denn, es handelt sich um eine spezielle Geschäftskundenlösung, die dann aber deutlich teurer und aufwendiger ist.
Die Warnung des Telekom-Vertreters vor der Konkurrenz ist sicherlich nicht ganz uneigennützig, aber falsch ist sie auch nicht. Bisher sind wir ständig sinkende Preise gewohnt. Doch das ist kein Naturgesetz.
Erfahrungsgemäß baut die Deutsche Glasfaser nur Orte aus, wo mindestens 40 Prozent der in Frage kommenden Haushalte zustimmen. Es hängt dann von der örtlichen Stimmungslage und der Politik ab, ob sie die Anwohner davon "überzeugen" können, diesen Anschluss zu nehmen. Wie so etwas ablaufen kann, haben wir in der bayrischen Gemeinde Zorneding gesehen. Aktuell könnte die Deutsche Glasfaser zum Verkauf stehen, an ihr ist im Moment noch der Finanzinvestor KKR beteiligt.
Eine Einschätzung
Wer in einem Ort wohnt, wo es "gar nichts" gibt (diese Orte gibt es immer noch) oder wo man mit Datenraten unterhalb von 2 MBit/s zu Rande kommen soll, für den ist die Frage, ob es 50, 100, 250 oder 1000 MBit/s sein dürfen, ein richtiges "Luxusproblem". Industrie-Betrieben, die ihre Abläufe komplett ins Netz gestellt haben, kann es wohl gar nie schnell genug gehen, sie brauchen Glasfaser und bekommen sie auch, besonders, wenn sie bereit sind, die höheren Kosten zu tragen.
Ob es aber sinnvoll ist, einen bereits mit 100 bis 250 MBit/s ausgebauten Ort gleich sofort komplett noch einmal mit noch schnellerer Glasfaser eines weiteren Anbieters zu "überbauen"? Sinnvoller wäre es sicher, wenn diese Investitionen in diese Regionen umgeleitet werden könnten, wo es noch gar nichts gibt. Doch dort ist es für die spitz rechnenden Anbieter "unattraktiv" und die staatliche Förderung verstaubt unter Stapeln von Antragsformularen und der interessierte Bürger bleibt frustriert.
Gespannt darf man sein, ob die Einwohner von Sommerkahl mit 40 Prozent oder mehr dem Angebot der Deutschen Glasfaser Folge leisten oder ob ihnen in der Mehrheit die derzeitige Geschwindigkeit reicht. Früher oder später wird auch die Telekom alle mit Vectoring ausgebauten Orte mit FTTH Anschlüssen ausrüsten. Vorhersagen sind schwierig und haben sich schnell als falsch erwiesen. Gut möglich, dass die Telekom kurzfristig doch noch den FTTH-Ausbau anschiebt, um zu vermeiden, dass die örtlichen Kunden im größeren Stil zur Konkurrenz wechseln.