Zauberwort

MOCN: Ein Sender für alle Netzbetreiber

Wie kann der teure Netz­ausbau in der Provinz beschleu­nigt werden? Ganz einfach: Ein Sender versorgt zwei (oder drei oder vier) Netze. Telekom und Voda­fone wollen den Anfang wagen.
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MOCN erlaubt es, mit einer Antennengruppe und einem Sender, mehrere Netze gleichzeitig auszustrahlen. MOCN erlaubt es, mit einer Antennengruppe und einem Sender, mehrere Netze gleichzeitig auszustrahlen.
Logos: Anbieter, Foto/Montage: teltarif.de
Die seit Jahren lang­anhal­tende Diskus­sion über die "flächen­deckende" Netz­versor­gung in Deutsch­land hat inzwi­schen zu über­raschenden Ergeb­nissen geführt. Bisher war es ehernes Gesetz, dass vier und später drei voll­stän­dige Netze in Deutsch­land aufzu­bauen seien, die alle für sich möglichst flächen­deckend versorgen sollten.

Drei oder vier getrennte Netze?

MOCN erlaubt es, mit einer Antennengruppe und einem Sender, mehrere Netze gleichzeitig auszustrahlen. MOCN erlaubt es, mit einer Antennengruppe und einem Sender, mehrere Netze gleichzeitig auszustrahlen.
Logos: Anbieter, Foto/Montage: teltarif.de
Das hat dazu geführt, dass in einem Ort drei oder vier Sender stehen, mögli­cher­weise auf verschie­denen Gebäuden. Später rückte man näher zusammen, Vermieter von Hoch­haus­dächern freuten sich über Miet­einnahmen von mehreren Anbie­tern, die Schalt­schränke und Antennen auf ihren Dächern montierten und Miete bezahlen.

Einige Projekte wurden und werden von Konsor­tien betrieben und aufge­baut. Das bedeutet, ein Konsor­tional­führer (meist ein Netz­betreiber) baut für die Kollegen gleich mit. Konsor­tien sind bei Tunnel­versor­gungen in U-Bahnen oder S-Bahnen üblich, sie haben den Vorteil, dass der Gast­geber (U-Bahn-Gesell­schaft) nur mit einem Anbieter verhan­deln muss. Ein Beispiel ist die Berliner U-Bahn, die kürz­lich um weitere Abschnitte mit LTE-Versor­gung durch Telekom und Voda­fone erwei­tert wurde (o2 versorgt bereits weite Teile der U-Bahn).

Ein Turm - viele Netze?

Draußen in der Fläche werden teil­weise Sende­türme aus Schleu­derbeton oder als Gitter­stahl-Konstruk­tion gebaut und von den Netz­betrei­bern gemeinsam genutzt. Das heißt, ein Mast, eine Strom­versor­gung und viel­leicht sogar eine Glas­faser­zulei­tung. Am Turm stehen dann Schalt­schränke und oben hängen die Sende/Empfangs­antennen, für jeden Netz­betreiber mindes­tens eine, meist zwei oder mehr.

Der Trick: MOCN

Der eigent­lich nahe­liegende Ansatz geht noch einen Schritt weiter. Man stellt einen Mast mit einem Sender/Empfänger und einer Antenne (oder Anten­nengruppe) auf. Dieser Sender strahlt aber nicht nur die Kennung von beispiels­weise Telekom (262-01) aus, sondern gleich­zeitig auch die von Voda­fone (262-02). Für den Nutzer ist das ideal. Er "sieht" sein gewohntes Netz. Der Kunde braucht gar nichts zu tun, nichts einzu­stellen oder umzu­schalten, er merkt nur, dass er plötz­lich an einer Stelle Netz hat, wo vorher keins war. Das Handy muss nur die ausge­strahlte Technik (wahr­schein­lich 4G/LTE und 2G/GSM/EDGE) verstehen und unter­stützen.

Das geplante Verfahren nennt sich im Bran­chen-Jargon MOCN (Multi-Operator-Core-Network) und ist in vielen Ländern bereits gang und gäbe, wird aber in der Öffent­lich­keit kaum groß­artig kommu­niziert.

Wie zu erfahren war, wollen sich Telekom und Voda­fone die Kosten dieser Technik hier­zulande fair im Verhältnis 50:50 teilen, das heißt, eine echte Win-Win-Situa­tion. 4000 Stand­orte sind Gespräch. Wo die genau liegen, weiß (außer Telekom und Voda­fone) derzeit noch niemand.

Vier Netz­betreiber?

Nun haben wir in Deutsch­land drei oder sogar vier Netz­betreiber. Die seien, so Telekom und Voda­fone, in einer gemein­samen Erklä­rung "einge­laden", daran teil­zunehmen. Bis Redak­tions­schluss war noch nicht bekannt, ob hier schon konkrete Gespräche statt­gefunden haben oder ob das geplant ist.

Und selbst wenn: Bevor dieses MOCN-Prinzip wirksam werden kann, müssen noch einige regu­lato­rische Hürden genommen werden. Bisher war es eigent­lich Konsens, dass jeder Netz­betreiber sein eigenes Netz aufbauen muss, alleine schon, um "Abspra­chen" beim Ausbau zu vermeiden: "A baut diese Stadt, B baut jene Stadt, und die Preise bleiben hoch".

Folg­lich müssen noch inten­sive Gespräche mit dem Bundes­kartellamt und der Bundes­netz­agentur geführt werden, ob ein solches gemein­sames Vorgehen die Gnade der Behörden findet. Die Chance auf ein Stopfen der ärger­lichen Funk­löcher fernab der Ballungs­gebiete könnte die zustän­digen Damen und Herren viel­leicht davon über­zeugen.

Eine Einschät­zung

MOCN könnte dem Netz­ausbau in Deutsch­land richtig Fahrt verleihen. Für Voda­fone, denen man nach­sagt, dass sie beson­ders streng auf jeden Euro achten müssen, ist das ein abso­luter Gewinn, denn deren reale Netz­abde­ckung sei, nach Exper­tenmei­nungen im Netz und hier im teltarif.de-Forum, nicht ganz so ideal, wie es die kürz­lich veröf­fent­lichten Zahlen vermuten ließen.

Für die Telekom besteht in dem Vorgehen viel­leicht eine Gefahr: Die oft höheren Tarif­preise der Telekom wurden bisher immer mit dem "wesent­lich besseren Netz­ausbau" begründet. Wenn ein Anbieter, der bisher nicht so gut versorgen konnte, "über Nacht" die gleiche Versor­gung anbieten kann, wie die Telekom, könnten Kunden der "teuren" Telekom einen Wechsel zum "güns­tigeren" Anbieter in Erwä­gung ziehen.

Und trotzdem: Alles, was den Netz­ausbau beschleu­nigt und nicht gegen Recht und Gesetz verstößt, sollte in Bewe­gung gesetzt werden. Denn jeder Verkehrs­unfall, wo Hilfe zu spät kommt, weil es dort kein Netz gibt, ist eine Mahnung, jetzt endlich Gas zu geben.

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