Rhein-Neckar-Odenwald: Mobilfunk-Netzausbau förderfähig?
Der Landkreis Neckar-Odenwald besteht - wie der Name schon sagt - aus viel Wald. Und könnte für den Mobilfunkausbau Pilotcharakter bekommen.
Foto: Picture Alliance / dpa
Spötter bezeichnen den Neckar-Odenwald-Kreis gerne als Badisch Sibirien. Das hat historische Ursachen, weil der rhein-pfälzische Kurfürst (in Mannheim) seinerzeit "politisch nicht erwünschte Einwohner" gerne dorthin verbannte, wo sich lange Zeit Fuchs und Hase gute Nacht sagten.
Badisch-Sibirien bezeichnet dabei die Region rund um Mosbach und Buchen (in Baden-Württemberg). Die Region ist stark bewaldet, weitläufig und schwierig zu versorgen. Beim Festnetz-Internet hat der Landkreis erfolgreich mit der Deutschen Telekom kooperiert. Das Thema Mobilfunk bleibt ein "rotes Tuch": Mal geht das eine, mal das andere Netz und es gibt noch genügend Ecken, wo bislang gar kein Netz geht.
Erster Schritt: Messwagen
Der Landkreis Neckar-Odenwald besteht - wie der Name schon sagt - aus viel Wald. Und könnte für den Mobilfunkausbau Pilotcharakter bekommen.
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Wie die in Heidelberg erscheinende Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) nun berichtet, habe der Landkreis Rhein-Neckar-Odenwald ein Konzept beschlossen, das den Mobilfunk-Netzausbau auf einen Schlag gewaltig umkrempeln könnte. Dazu sollen in wenigen Monaten spezielle Messwagen die Mobilfunklöcher im Neckar-Odenwald-Kreis genau erfassen. Eine Ingenieurgesellschaft wird sogenannte "Drive Tests" durchführen, was den Kreis etwa 58.000 Euro kosten wird.
Eigentlich würde der dortige Landrat Dr. Achim Brötel es favorisieren, wenn die Netzversorgung der drei bisherigen Mobilfunkbetreiber durch "Roaming-Lösungen" verknüpft werden könnte. Was aber die Politik dabei gerne übersieht ist, dass automatische Handover bei reinen Roaming-Lösungen zunächst gar nicht vorhanden wären oder erst aufwendig eingerichtet werden müssten.
Es gibt noch weiße Flecken
Sogenannte "weiße Flecken", die derzeit nicht einmal mit 2G (GSM) abgedeckt werden, gebe es noch vereinzelt im Landkreis. Beim Netzausbau liege ein "Marktversagen" vor. Die Förderung einzelner Anbieter sei aus Wettbewerbsgründen aber nicht zulässig. Das mache den "kooperativen Ausbau im Mobilfunkbereich wesentlich schwieriger als bei der Glasfaser-Infrastruktur, wo man für die Mitbewerber relativ einfach Zugang gewährleisten könne."
Liefert ATC die Lösung?
Um den dringend notwendigen Mobilfunkausbau wettbewerbsrechtlich zulässig hinzubekommen, hat die Verwaltung Kontakte zu dem Unternehmen ATC Germany Services in Ratingen (bei Düsseldorf) aufgenommen. ATC ist kein Unbekannter, sondern hatte schon 2012 die Sendemasten von E-Plus aufgekauft und sogleich an E-Plus zurückvermietet. ATC ist ein Tochterunternehmen der American Tower Corporation (ATC) aus Boston (USA), die auf eigene Rechnung Mobilfunkmasten aufbaut, mit der entsprechenden Technik ausstattet und dann an alle potenziellen Interessenten wieder vermietet. Dadurch, dass bei diesem Prinzip alle Mobilfunkanbieter gleiche Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten haben würden, sei das wettbewerbsrechtlich unbedenklich.
"Der Unterschied zum herkömmlichen Modell liegt im Grunde genommen darin, dass nicht mehr ein Betreiber nur für sich selbst die Infrastruktur schafft, sondern eine Mitnutzung durch andere sogar erklärtes Ziel ist. Das liegt letztlich auch im Interesse der kommunalen Gebietskörperschaften, weil dadurch die Zahl potenzieller Mastenstandorte weiter optimiert und gebündelt werden kann", erklärte der Landrat dazu.
Gesicherte Datenbasis notwendig
Bevor die Firma ATC tätig werden kann, wird eine "gesicherte Datenbasis über die nicht oder schlecht abgedeckten Bereiche" benötigt. Bisher gibt es nur Angaben der Netzbetreiber und die scheinen nicht immer mit der Realität übereinzustimmen. Also lässt der Landkreis jetzt selbst nachmessen, um eine Datenbasis für den gezielten Bau einzelner Funkmasten entweder durch ATC Germany oder über den Eigenausbau durch die drei Netzbetreiber zu schaffen.
Modellfall: Neckar-Odenwald-Kreis?
Im Idealfall könne der Neckar-Odenwald-Kreis zum bundesweiten Modelllandkreis für den Mobilfunkausbau werden. "Aus unserer Sicht sollte auf jeden Fall nichts unversucht bleiben, um den Mobilfunkausbau weiter voranzutreiben", appellierte der Landrat an seine Kreisräte. Die Idee, die Mastenstandorte zu bündeln, stieß bei den Lokalpolitikern auf Zustimmung. Eine bessere Mobilfunkabdeckung sei in allen Bereich bis hin zu touristischen Zwecken notwendig.
Eine Einschätzung:
Die Idee ist in der Tat originell. Nun bleibt die spannende Frage, ob die Mobilfunknetzbetreiber bereit sind, die "fertigen" Masten dann von ATC zu mieten oder ob ihnen deren Preis am Ende zu teuer erscheinen könnte. Könnten diese Kosten schließlich über staatliche Fördermittel soweit reduziert werden, dass die "Unlust" der Mobilfunkanbieter zum flächendeckenden Ausbau endlich überwunden werden kann?
Dann hätten die Mainzer Milliarden am Ende vielleicht doch noch einen Sinn.