Telekom wird Netzausbau beschleunigen
Telekom Deutschland Chef Dirk Wössner liegt der Netzausbau im Festnetz und Mobilfunk am Herzen
Foto: Deutsche Telekom
Zum Jahresendgespräch luden Telekom Deutschland Chef Dirk Wössner und Technik-Chef Walter Goldenits ins Bonner Netzservice-Center für Mobilfunk der Deutschen Telekom ein. In diesem gut ausgestatteten Raum tagen normalerweise die Entscheider bei technischen Krisen, aber in der letzten Zeit ist das kaum noch vorgekommen. „Wir stimmen uns im Netz ab“, verriet Wössner.
Auf Knopfdruck werden die Fenster durchsichtig und die Besucher sehen das Lagebild im Mobilfunk, auf Sprachanrufe in klassischer Art („Voice R4“) oder über LTE und jede Menge Kurven und Diagramme im satten Grün, also alles in Ordnung.
Wir bauen mehr
Telekom Deutschland Chef Dirk Wössner liegt der Netzausbau im Festnetz und Mobilfunk am Herzen
Foto: Deutsche Telekom
Die klare Aussage des Treffens: „Wir wollen in Zukunft mehr als vorher bauen.“ Wie schon bekannt, hat die Telekom aktuell rund 30.000 eigene Basisstationen, die unter eigener Kontrolle stehen, an einigen Standorten ist man schon mit anderen Netzbetreibern aktiv. Für diese 30.000 Stück hat man rund 30 Jahre gebraucht (also rechnerisch 1000 pro Jahr), in den nächsten 4 Jahren sollen es 10.000 neue werden (also rechnerisch 2.500 pro Jahr).
Der Ausbau ist komplex. Beim Thema 5G dürfte Süd-Korea weltweit führend sein, schätzt Wössner und zeigt Bilder von Verkabelungen und Antennen, die so in Deutschland unmöglich wären. In Deutschland gibt es klare Sicherheitsabstände zwischen Flächen, wo sich Menschen aufhalten (etwa in einer Dachwohnung) und deshalb sind Antennenmasten notwendig.
Deutschland mit vielen Regelungen
Bei der bisherigen Technik (2G-4G) sind die Grenzwerte klar definiert, bei 5G mit seinem Beamforming wird noch darüber nachgedacht, wie man die Strahlenlast in Zukunft im Detail messen soll. In Süd-Korea dauert es im Schnitt 3 Monate, bis es eine Station genehmigt ist, in Deutschland sind es im Durchschnitt 18 Monate. Bei der Verkabelung von Straßen mit Glasfaser, die auch für den Mobilfunk nutzbar wären, könnten etwa 50 Prozent der Kosten gespart werden, wenn man die Verlegetechnik liberalisieren könnte. Von den 50-60.000 km Glasfaser, die im letzten Jahr verlegt wurden, waren rund 100 km Trenching.
Wössner will nicht den südkoreanischen Standard propagieren, „aber muss es alles „mit Goldrand“ sein?
Rund 9 Millionen Haushalte wurden mit höherer Bandbreite versorgt, rund 1,6 Millionen Haushalte haben Glasfaser bis in die Wohnung (FTTH) bekommen, insgesamt hat die Telekom über 500.000 km Glasfaser im Land verlegt. 25 Millionen Telefonschlüsse laufen auf IP, die Migration ist fast fertig. 17.000 neue Multifunktionsgehäuse wurden aufgestellt. 150 Gewerbegebiete zum Glasfaserausbau beauftragt.
Bei den vom Bund geförderten Projekten hat die Telekom etwa 54 Prozent für sich entscheiden können und dort alleine 1 Milliarde Euro aus eigenen Mitteln dazu investiert. Damit konnten 15.000 neue FTTC-Haushalte (klassisches Vectoring) aber auch 163.000 Glasfaserhaushalte (die einen Vertrag für FTTH unterschrieben haben) gewonnen werden.
3 Millionen noch unter 50 MBit/s
In Deutschland gibt es rund drei Millionen Haushalte mit weniger als 50 MBit/s Datenrate. In weißen Flecken können nur 1 bis 3 Gebäude stehen, die es zu versorgen gilt, was eine „große Herausforderung“ ist. 5000 Standorte wurden mit neuen oder erweiterten Antennen ausgestattet, die mehr Frequenzen abdecken. Rein statistisch gehe bei der Telekom alle 2 Stunden eine neue Antenne in die Luft.
3/4 aller Standorte sind „5G ready“. Das bedeutet, sie haben eine Glasfaser-Anbindung und die verbaute Technik kann softwareseitig auf 5G „umgeschaltet“ werden, bei älteren Standorten muss noch die eine oder an der Komponente neu dazugestellt oder ausgewechselt werden.
Die Telekom erreicht aktuell 97,9 Prozent der Bevölkerung mit LTE. Die sogenannte “Drop Call Rate“ beträgt 10h, was bedeutet: Dauertelefonierer könnten im Schnitt 10 Stunden ohne Abbruch telefonieren. Bezieht man die LTE-Versorgung der Telekom auf die Fläche liegt sie bei 87,9 Prozent des Landes. Rechnet man die Erreichbarkeit der Haushalte mit Sprachtelefonie (ab 2G oder höher) kommt man auf 99,8 Prozent.
Open RAN könnte vieles verbessern
Ein wichtiger Punkt der Sicherheitsdiskussion wurde bislang kaum in der Öffentlichkeit beachtet: Wenn in einer Basisstation die Technik eines Herstellers A verbaut ist, dann müssen alle Erweiterungen dieser Station auch von Hersteller A kommen, einzige Ausnahme sind die Sende-Empfangs-Antennen. Zwar gibt es eine Open-RAN-Initiative, wo offene Schnittstellen die Kombination verschiedener Lieferanten (Vendors) erlauben würden, doch die Hersteller sind natürlich weitgehend dran interessiert, ihre eigene Technik zu verkaufen.
Einzig der Hersteller Nokia hat sich für Open RAN ausgesprochen, vielleicht - so wird in der Szene vermutet - weil sie nicht für alle Aufgaben und Zwecke lieferbare Komponenten im Angebot haben. Telekom hatte vor einiger Zeit den Lieferanten Nokia gegen Ericsson ausgetauscht.
Im Normunggremium 3GPP haben die Hersteller das Sagen, aber es gibt inzwischen erste Initiativen, das zu ändern, was die Vielfalt und die Preise positiv verändern könnte.
Wir jagen Funklöcher: Über 500 Anträge
Wössner und Goldenits verrieten, dass auf die Initiative „Wir jagen Funklöcher“ über 500 Gemeinden gemeldet haben. Es gilt jetzt schon als sicher, dass mehr als 50 Stationen gebaut werden, wenn dort Gemeinderatsbeschlüsse, vertragsreife Standorte und Infrastruktur zur Verfügung steht. Dabei ist sich die Telekom auch im Klaren, dass sich diese Standorte, einzeln betrachtet, nicht immer wirtschaftlich rechnen werden.
Über Probleme bei Genehmigungen, und was alles noch zu tun ist, berichten wir in einem späteren Beitrag.