NetzDG: Anhaltende Kritik und erste Juristen-Einschätzung
Spätestens seit dem US-Wahlkampf zum 45. US-Präsidenten hat sich das Maß an Hasskommentaren im Netz deutlich verschärft. Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz kurz NetzDG (Link zum Gesetzestext) wollte Bundesjustizminister Heiko Maas das Problem effektiv angehen. Die Kritik an dem umstrittenen Gesetz reißt aber seitdem nicht ab.
Nun heißt es, dass das NetzDG, welches seit dem 1. Januar 2018 in vollem Umfang angewendet werden kann, von der noch amtierenden Bundesregierung einer ersten Evaluation unterzogen wird. Dabei handelt es sich um eine Überprüfung, ob die gewünschten Ziele mit dem aktiv angewendeten Gesetz überhaupt erreicht werden können und ob Nachbesserungsbedarf besteht.
Auch wenn das NetzDG sehr genau von den Politikern angeschaut wird, soll es so schnell keine größere Änderung am Gesetz selbst geben, wie Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin erklärte. Erst nach Abschluss der ersten Phase der Evaluierung werde man die nötigen Schlüsse ziehen. Ob dies auch entsprechende Maßnahmen nach sich ziehen werde, ließ Seibert offen, ebenso wie lange die Evaluierung überhaupt dauern soll.
Klarstellung zur Evaluierung
Das NetzDG steht harsch in der Kritik - mit Recht?
Bild: Deutscher Bundestag/Achim Melde
Allgemein hatte das für das Gesetz zuständige Bundesjustizministerium vergangenen Freitag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten eine Evaluierung stattfinden muss. Somit hätte spätestens 2020 das Gesetz auf den Prüfstand kommen müssen. Laut der Ergänzung einer Sprecherin soll die Evaluierung selbst transparent erfolgen. "Wenn es dort Verbesserungs- oder Änderungsvorschläge gibt, wird man diese wie immer diskutieren", sagte die Sprecherin.
Vorher sind jedoch die sozialen Netzwerke zu einem relativ umfassenden Statusbericht zum ersten Halbjahr 2018 verpflichtet. Dieser muss in Form von genauen Zahlen und Angaben dokumentieren, wann und warum Inhalte gemeldet und wie darauf reagiert wurde.
Politische Kritik
Interessant ist jedoch Mass' eigene Einstellung zu dem Gesetz. So sagte er: "Ich bin zwar der Urheber des Gesetzes, aber nicht derjenige, der über diese Fragen entscheidet." Man könnte es auch so interpretieren, dass der Bundesjustizminister die Verantwortung an andere Einrichtungen abgeben will. Ein Punkt, den auch FDP-Politiker und Parteivizevorstand Wolfgang Kubicki anspricht.
In einem Interview mit der Passauer Neuen Presse [Link entfernt] sagte er, "man darf die Einordnung und Ahndung eines strafrechtlichen Sachverhalts nicht, wie der Justizminister, einer privaten Einrichtung überlassen. Wer seinen eigenen Strafverfolgungsbehörden nicht mehr zutraut, die Probleme zu lösen, sollte sein Amt aufgeben."
Auf der anderen Seite hätte sich die FDP selbst schon darin profilieren können, eine Überarbeitung des NetzDG bei den - inzwischen gescheiterten - Koalitionsverhandlungen zu einer Jamaika-Regierung zu fordern. Umso weniger überrascht es, dass ein von der FDP-Fraktion im Bundestag eingebrachter Entwurf für ein umformuliertes Gesetz so gut wie keine Zustimmung der anderen Parteien erhält.
Keine (vor)schnelle Änderung in Sicht
Jedenfalls ist auch nicht so schnell mit einer Änderung des Gesetzes zu rechnen, was ein möglicher Punkt der Koalitionsverhandlungen für eine künftige Große Koalition (GroKo) oder gar Kooperationskoalition (KoKo) sein soll. Stattdessen wurde das NetzDG am Sonntag von SPD-Parteikollegin Andrea Nahles nochmals verteidigt, dass das Gesetz in seinen Grundzügen wichtig sei. "Wir müssen mehr Verantwortung ins Internet bringen, das ist kein rechtsfreier Raum. Mit Zensur hat das nichts zu tun", sagte Nahles. An der Ausführung der Forderung gibt es allerdings Optimierungsbedarf nach Meinung zahlreicher Internetnutzer.
Anlass der neuerlichen Kritik und zum Teil auch des Spotts ist ein von Heiko Maas vor sieben Jahren abgesetzter Tweet gewesen. Warum dieser gelöscht wurde und ob er im Rahmen des NetzDG gemeldet wurde, ist bisher völlig unklar. Maas selbst habe ihn weder selbst gelöscht, noch die Anweisung dazu weitergereicht. Allein durch diese Aktion wurde erneut die Frage aufgeworfen, inwiefern sozialen Netzwerken überhaupt die Kompetenz zugesprochen wird, darüber zu entscheiden, was rechtskonform ist und was nicht.